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  • Day 11

    Verlorene Stadt Tag 3 - der Sieg

    January 6, 2023 in Colombia ⋅ ☀️ 15 °C

    Es ist noch total dunkel als um 4:30 der Wecker von der Person über uns losgeht. Kein piepston oder vibrieren des Telefons. Nein! Ein ultra laut gestellter krähender Hahn Wecker! Ist das ihr ernst? Icv hatte als Kind mal so ein Hühnchen Wecker der gekräht hat und meine Schwester leichte Agressionen verspürt hat als dieser Morgens losging 😂. Du erinnerst dich sicher noch Yvonne? 🐔
    Also stehen wir auf und erleben das gleiche Ritual, umziehen, packen, putzen und so weiter. Und doch ist heute etwas anders! Natürlich habe ich großen Respekt vor der Wanderung heute, aber ich spüre meine Energie und Kraft die Herausforderungen anzugehen.
    Noch ein Mini-Frühstück und sofort geht’s los. Wir lassen unsere Rucksäcke im Camp, die wir später nach der Erklimmung wieder abholen und bis zu Camp 2, wo wir vor Tagen Mittagessen hatten wandern. Ca. 20 km werden es heute. Ich schnappe mir meinen Wanderstock, der meine absolute Stütze seit Tagen ist. Es ist stockfinster, zudem dichter Dschungel, wir gehen mit Stirnlampen los. Vom Camp aus geht es ca. eine Stunde wieder bergauf-bergab zum Fluss, den es zunächst zu überqueren gilt. Oh was ist dann denn aufregendes? Wir können mit einer Seilbahn drüber! Das ist ja cool! Echtes Agi Jones feeling! Einige wenige Schritte weiter, dann stehen wir schon vor ihnen: den sagenumwobenen ca. 1.200 schmalen engen Steinstufen, die hinaufführen zum ersten Plateau, dem Marktplatz der Verlorenen Stadt. Ich bin total aufgeregt und sehe es als finalen Kampf mit dem Dämon.
    Die Müdigkeit ist absolut weg und ich fühle mich absolut bereit für den Tag heute. Los heht es die Stufen hinauf. Die meisten starten schnell und werden vom eigenen Eifer rapide ausgebremst. Nach ersten Ausrutschern auf den bemoosten Stufen kehrt Vorsicht ein. Langsamer und aufmerksam geht’s weiter. Enorm schweißtreibend in der feuchtheißen Luft des Regenwaldes und irgendwie bin ich dann doch viel schneller oben als gedacht! Stolz erblicke ich dann das erste Plateau mit Siedlungsresten. Fotopause. Aber die Neugierde treibt uns schnell weiter.
    Vom ehemaligen Marktplatz ausgehend führen Pfade zu vielen weiteren Terrassenstufen, die versteckt zwischen den hohen grünen Regenwaldriesen liegen - 300 weitere Stufen sind zu erklimmen.
    Und dann bleibt mein Atem stehen, wir sind wir ganz oben – wie ein Vorhang der aufgeht, präsentieren sich die Ruinen der Verlorenen Stadt unter uns. Wir stehen auf dem obersten grünen Plateau mit einer gigantischer Aussicht über viele weitere runde Plateaus, über den ganzen Regenwald, über Berge … über einfach alles hinweg! Was für eine Faszination! Auf diesen Terrassen standen die einfachen Holz- und Gemeinschaftshütten der Bewohner. Unter den Häusern begruben die Tairona ihre Toten, zusammen mit allerlei Opfergaben, wie Goldschmuck und Tongefäßen. Der Ort hat etwas absolut magisches, mysteriöses. Voller Dankbarkeit, blicke ich auf die ungewöhnlichen Ruinen. Noch nicht mal die Sonne ist da. Das ändert sich allerdings schnell und die Farben werden immer prächtiger. Wir sind wie in Trance. Und völlig fasziert von den unzähligen Grüntönen, die im morgendlichen Sonnenlicht beginnen zu funkeln. Gänsehaut strömt über meinen ganzen Körper. Jedes einzelne Härchen, türmt sich auf. „Ich habe es geschafft“, ich habe den Inneren Dämon besiegt, schreie ich in mich hinein! Dieses unbeschreibliche Gefühl widme ich absolut dir Yvonne. Es soll dir genauso viel Kraft und Energie geben, die du benötigst. Für mich waren die 3 Tage nicht nur sportlicher Akt, es war mehr als nur eine Wanderung, das wird mir hier bewusst.

    Dieser geheimnissvolle Ort, hat eine uralte Geschichte. Die gesamte Ciudad Perdida, wurde zwischen dem 11. und 16. Jahrhundert errichtet und besteht aus ca. 200 ovalen und runden Terrassen – gestützt von den steilsten Bergwänden des Regenwaldes. Die mühevoll angelegten Terrassen werden teils durch steile, teils durch gepflasterte Steinwege miteinander verbunden.

    Wir lernen, dass die Ciudad Perdida erst 1975 ausgerechnet von Grabschändern entdeckt und geplündert wurde. Einige Schätze konnten sichergestellt werden und sind in der Aussstellung im Goldmuseum in Bogotá zu sehen.
    Später dann wurde auf den Terrassen Marihuana angepflanzt und vom Militär überwacht. Insgesamt ist nur ein kleiner Teil für Touristen ausgegraben worden, während 75% der Verlorenen Stadt nach wie vor im Dschungel verborgen schlummern. Was es dort wohl für Geheimnisse gibt, werden wir vermutlich nie erfahren. Denn die indogenen Stämme, verteidigen den Zauber der unentdeckten, vom Dschulgel verschlugenen Teile stark.

    Besonders beschützt wird dieser Ort von
    Romaldo. Er ist der Mamo, der Schamane, der Kogis. Ein alter Mann mit kleinen Augen, einem verlorenen Blick, einer Haube, dunkler Haut und langen dunklen Haaren. Er trägt die typische Kleidung des Stammes, die aus bescheidener weißer Kleidung und zwei Taschen besteht, in denen er seinen unzertrennlichen Poporo aufbewahrt, der aus einem Kürbis besteht, der Mutter Natur darstellt. Aber dazu später noch mehr.
    Sein Haus liegt mitten in der Verlorenen Stadt, und es gibt zwei kleine indigene Hütten, in denen er mit seiner Frau und seinen Kindern lebt. Wir haben die Ehre vor ihn zu treten, er bindet mir ein weißes Armband (Symbol für positive Energie) um, welches uns vor dem Bösen schützen soll. Es fühlt sich fast wie eine Belohnung, ja fast wie eine Auszeichnung für den schweren Kanmpf mit den negativen inneren Gedanken der letzen Tage an. Ich fühle mich stolz und überflutet von Glückshormonen.
    Er ist ein erfahrener und weiser Mann. Wie ich lerne, werden angehende Schamane von den Kogi in die Berge zu den Ältesten gebracht, wo man fast 25 Jahre lang ausgebildet wird und die Kultur, die Traditionen und die Rituale der Tayrona-Indios kennenlernt. Eine aufopfernde Aufgabe.

    Nach den vielen Eindrücken, machen wir uns auf den Rückweg. Die vielen kleinen Stufen zurück, sind wirklich rutschig und einige von uns erleben es mit Schmerz. 😣
    Einer unserer jungen Guides begleitet mich all die Stufen haltend und sicher nach unten. Ich bin ihm dankbar.
    Der Weg zu Camp 2 ist lang! Es liegen noch anstrengende 6 Stunden vor uns. Doch etwas hat sich verändert, fühle ich stark in mir. „Wenn du deine Grenzen nicht überschreitest, wird deine Welt niemals wachsen“ es ist seit Jahren eines meiner Lieblings-Motivationssprüche, doch hat dieser nun eine völlig neue Bedeutung für mich bekommen, die ich in den Alltag mitnehmen werde.
    Es ist irgendwie ein schweigsamer Rückweg, bei dem jeder seinem unvergesslichen Eindrücken verarbeitet, während wir wieder Felsen, steile Hügel und den Fluss Buritaca mehrmals überqueren. Am Nachmittag erreichen wir völlig erschöpft wieder unser Matrazenlager in Camp 3. Jay und ich beziehen ein gemeinsames Bettchen, duschen und hängen die Kleidung die sowieso nicht trocknet, zum Trocknen auf. Zeit um die Eindrücke von der Ciudad Perdida zu verarbeiten und begeben uns auf die Gescheinschaftsterasse zum Abendessen und dem gekühlten Bierchen, mit dem wir mit den jungen Schweizern anstoßen.
    Heute haben wir die Ehre einen Mann aus dem Kogi Stamm kennenzulernen. In seiner lokalen Sprache Chibcha, erzählt er über ihr Leben im Einklang mit der Natur, die Rolle und Entwicklung der Frau und des Mannes, aber auch die Bedeutung von Mutter Erde und dem Sonnengott. Sie wollen genau so weiterleben und ihre uralte Kultur erhalten.
    Jeder Platz hat für sie eine bestimmte Bedeutung. Er erzählt von der Schöpfung, wie die Große Mutter eine Webspindel in das Gebirge der Sierra Nevada, stieß, und so die Welt erschuf. Alles Leben auf der Erde ging von der Sierra Nevada aus. Noch heute sehen sich die Kogi als Hüter der Erde. Sie leben, um die Erde zu schützen und im Gleichgewicht zu halten.
    Während des gesamten Gesprächs hört er nicht auf, das aus Muscheln stammende Kalzium aus dem Inneren seines Poporos (dem Kürbis) zu extrahieren, um die Wirkung der Kokablätter in seinem Mund zu verstärken. Um dies zu erreichen, nimmt er das weiße Pulver mit einem Stock, der die Sonne darstellt, heraus und reibt es ständig mit den Kokablättern, die er im Mund kaut.
    Es ist eine fanszinierend andere Welt, mit der wir hier in Berührung kommen. Die Welt hat noch so viele Geheimnisse, die wir endecken und von denen wir uns inspirieren können. Mein Agi Jones Herz ist verzaubert.
    Er verabschiedet sich mit den Worten: „Wir sind traurig, zu sehen, dass nicht alle Menschengruppen das tun, was sie tun sollten, um die Erde zu achten.
    Wir brauchen den Kleinen Bruder (damit sind wir gemeint) damit er uns hilft. Ihr müsst die Erde und die Welt verstehen lernen - Helft uns, das Herz der Welt die Sierra Nevada zu schützen!“

    Wir sinken voller Eindrücke und erschöpft in die kleine Matratze und sammelt Kräfte für die letzte große Tagesetappe an Tag 4. Das Ende des Trekkings ist schon in Sicht!
    Guten Nacht!
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