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  • Day 2

    Wien

    January 30 in Austria ⋅ ⛅ 1 °C

    Reisen in der Schlafkapsel des neuen Nightjet: es ist sauber, man hat seine Ruhe (jetzt nicht wortwörtlich nehmen - aus der Kabine nebenan hört man jedes Wort) und morgens gibt es Frühstück im Bett. Ich fand’s perfekt und komme in guter Laune in Wien an.

    Das schwere Gepäck gebe ich ab und fühle mich kurz frei, und dann schlagartig doch recht verloren. Ich habe fast nichts geplant - ich war schon in Wien und wollte nicht unbedingt hierher, es war nur die scheinbar (!) beste Verbindung mit Nachtzügen gen Süden zu kommen - und das merkte ich morgens um 9 recht deutlich. Wie soll ich den Tag bloß rum bringen? Ich habe einen Termin nachmittags um 4 und der Zug fährt abends um 10.

    Einfach mal in eine Straßenbahn steigen, ohne zu wissen, wo die hin fährt - kann man machen, aber danach besser umsteigen in die 1, die fährt durch den schönen Bezirk und in den Prater.
    So viele weiße Fassaden vor blauem Himmel, der Pomp und Prunk dieser Stadt erschlägt mich.

    In der Hundeauslaufzone im Prater kann ich mich lange aufhalten, sowie am Donaukanal auf die Strömungen des Wassers starren. Es ist immer mal recht warm in der Sonne, fast frühlingshaft, aber eigentlich kalt. Sehr kalt. Der Ententeich hat noch eine dünne Eisschicht. Ich war so dumm, meine warmen Sachen mit dem Gepäck abzugeben. War wohl lange nicht mehr einen Tag mit wenig Bewegung draußen.

    Sehenswürdigkeiten werden auch abgehakt, der Stephansdom, Prachtstraßen und enge Gassen, die Hofburg. Fiaker, überall Fiaker.

    Im Café: ein Verlängerter und ein Stück Mozarttorte. Und noch eine Melange hinterher - mit dem
    Gefühl der Verschwendung leben lernen. Im Café sitzen zwei Männer mit fünf Handys und zwei Laptops und führen Gespräche über Business. Die beiden wirken seltsam, aber eigentlich hätte ich auch gerne meinen Laptop hier und würde etwas arbeiten. Dann hat man schonmal was zu tun, das Gehirn vor allem.

    Das einzige, was ich zu Hause schon geplant hatte, ist eine Führung in den Gebäuden der spanischen Hofreitschule, durch die Stallungen (schöne Pferde und eine kleine Katze im Stroh), die Sattelkammer und die wunderschöne barocke Reithalle. Lieber hätte ich beim Morgentraining zugesehen, aber das passte nicht in den Reiseplan. Beim nächsten Wien-Besuch?

    In der Dämmerung sind die Fassaden nochmal extra schön angeleuchtet, und auch an der Eisbahn ist es stimmungsvoll. Aber dann wird es langsam Nacht und kalt, so kalt!

    Ich wärme mich in der Straßenbahn auf (!) und finde dann Zuflucht im Café gegenüber vom Volkstheater. Der Kellner ist nett. Es gibt Weinschorle und Theatertoast mit Pommes. Zu Hause träume ich immer vom Schnitzel, ausgelösten Backhendl, Käsekrainer mit Kren - und habe nichts davon gegessen.

    Ich drehe noch eine Extra Runde mit der U-Bahn und bin dann trotzdem eine Stunde zu früh am Bahnhof. Der Wartebereich fuckt mich ziemlich ab und es ist ein großer Kontrast zu gestern, wo Ole die Idee hatte, das Warten auf meinen Nachtzug beim Asia Buffet zu verbringen und wir einen sehr schönen “letzten Abend” verbracht haben.

    Ich bin kaputt (die Uhr zeigt 15 km zu Fuß an) und habe Kopfschmerzen. Die Reise kommt mir bereits länger vor als ein Tag. Es war ein Tag mit vielen Eindrücken, positiven und negativen, und vielleicht hilft mir das dabei, fühlen zu können, was mir gefällt. Da ich mich bei vielen Aktivitäten neutral und emotionslos fühle, hänge ich mich normalerweise gerne an Menschen, die etwas gut finden - damit wenigstens einer was davon hat. So bin ich zum Beifahrer in meinem Leben geworden. Jetzt während der Reise ist nur entscheidend, was mein Gefallen trifft. Ich versuche es zu hören.

    Bin froh, dass der Zug 20 min früher bereit steht und kurz nachdem die Fahrkarte kontrolliert wurde und ich meinen Getränkewunsch zum Frühstück geäußert habe (das ist immerhin eine Entscheidung, die mir immer leicht fällt), schlafe ich schon.
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