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  • Day 5–7

    Syrakus

    February 2 in Italy ⋅ ⛅ 12 °C

    Über Syrakus wusste ich bisher nicht viel, außer - na klar - Archimedes. Eine kurze Recherche ergibt, dass der Nachtzug natürlich nicht nicht ohne Grund bis hierhin fährt, es ist durchaus eine für Touristen interessante Stadt. Als erstes wird meistens die Altstadt Ortigia genannt, die auf einer Insel liegt. Also mache ich mich nach meiner Ankunft direkt auf dem Weg dahin, bleibe aber nach 500 m in einer Café Bar hängen für einen Cappucino und Pistaccio Gebäck. Der Kaffee ist hier immer noch so unverschämt günstig und unverschämt lecker - muss mich zurückhalten, nicht jede Bar mitzunehmen. Morgens um zehn in der warmen Sonne sitzen und dem Trubel zuschauen... Ich habe keinen Zweifel daran, dass es mir in dem Moment gut geht. Weiter über die Brücke nach Ortigia. Auf google maps ist die Archimedes Statue eingezeichnet - ich erwarte nicht viel, aber sie gefällt mir persönlich ziemlich gut. Auf dem Sockel sind seine Errungenschaften in zwölf Piktogrammen dargestellt und es macht Spaß, sich zu erinnern, worum es dabei geht. Die Vielfalt seiner Themen und Erfindungen immer wieder beeindruckend. Weiter gehts durch die Altstadt bis an die Küste. Oben von der Stadtmauer blicke ich runter auf das Meer und möchte fast weinen, wie es schön klar das Wasser ist und wie die Farbe in der Ferne von türkis zu blau wechselt. Es geht weiter die Küste entlang und vereinzelt sieht man auch Leute schwimmen und gar nicht selten Sonnenbadende am Strand auf den Steinen liegen. Anfang des Jahres war ich auf dem "Eisbaden" Trip, aber jetzt bei fast 20 °C reizt es mich so gar nicht. Bin aber auch immer noch erkältet. Ich sehe Werbung für den Tecnoparco Museo die Archimede und merke, dass ich direkt Lust habe, da als nächstes hin zu gehen, obwohl ich von der Altstadt noch gar nicht viel gesehen habe.

    Der Park ist zwar wegen Bauarbeiten vorübergehend geschlossen, aber ich werfe einen interessierten Blick durch den Zaun auf die Exponate und eine junge Frau im Pi-Pullover spricht mich an, es sei mein 'special day' und ich könne trotzdem rein. Es kostet 7 € Eintritt und man bekommt eine Führung mit Erklärungen - das hatte ich vorher schon gelesen. Allerdings werden es sonst vielleicht eher Kleingruppen sein und heute bekomme ich eine Privatführung. Das ist sehr schön und sie erklärt alles sehr gut. Ich hatte zuerst bisschen Angst, als ich am Eintritt nur einen 20 € Schein hatte und sie das Wechselgeld mit dem Taschenrechner berechnen musste. Aber die Führung ist wirklich gut. Ich hab irgendwie am Anfang verpasst zu sagen, dass ich mich mit Physik eigentlich auskenne und so gibt es viele Geschichten, deren Pointe mir schon zu Beginn klar war, aber es macht trotzdem Spaß. Und viele historische Fakten sind auch dabei, die kannte ich nicht alle. Sie ist Studentin der Geschichte und irgendwas mit Sprachen - ich lobe sie auch für ihr Deutsch, mit dem sie die Führung startete, allerdings sind wir dann doch auf Englisch gewechselt. Am Ende der Führung frage ich, ob ich noch bisschen bleiben und die Katzen fotografieren kann, die uns während der Führung immer mal abgelenkt haben, weil sie sich laut maunzend und raunzend durch den Park gejagt haben. Als ich sie dann finde, teilen zwei davon gerade einen intimen Moment und die dritte kuckt dabei zu - ich nicht.

    Der Archimedes Park ist neben dem parco archeologico della neapolis, aber es sind nur mehr zwei Stunden bis Sonnenuntergang und ich hebe mir den für morgen auf. Auf dem Weg zum Apartment komme ich am Supermarkt vorbei und die Auswahl beim Obst und Gemüse ist reichlich, vielfach sieht man das Schild "io sono siciliano". Ich hole mir Tortellini, Sugo, Tomaten und Mozzarella für die nächsten beiden Abende. Ich habe echt Hunger, habe seit dem Frühstück nichts gegessen.

    Zurück im Apartment will ich kochen und Wäsche waschen und danach vielleicht nochmal in die Altstadt. Aber irgendwie ist der Wurm drin, zuerst bekomme ich den Herd nicht an und dann die Waschmaschine. Die Gastgeberin ist per WhatsApp super freundlich und hilfsbereit, aber ich merke doch den Nachteil von so einem "Der Schlüssel ist im Kasten"-Prinzip. Es kommt zwar auch jemand vorbei, zuerst das cleaning girl mit dem Schlüssel für die Waschmaschine und dann der Ehemann auf dem Weg von der Arbeit nach Hause, um mir zu helfen, die Maschine auch wirklich zum laufen zu bekommen, aber trotzdem ist es halt was anderes, als wenn jemand vor Ort ist. Am Ende hat alles geklappt, aber ich habe gar keine Lust mehr raus zu gehen und gehe schlafen. Die Nacht ist kalt im ungeheizten Apartment.

    Am zweiten Tag komme ich morgens nicht aus den Federn und merke die Unruhe, weil ich schon wieder nicht weiß, wo ich übermorgen übernachte. Es ist ein bisschen verfuchst, weil man entlang der Südküste fast gar nicht fahren kann und ich daher die "Hauptachse" Messina - Catania - Syrakus mehrmals werde fahren müssen, wenn ich noch nach Pozzalla wegen der Überfahrt nach Malta will (aber eben noch nicht jetzt sofort, sondern nachdem ich bisschen auf Sizilien war) und halt auch wieder über die kurze Fähre bei Messina auf das italienische Festland zurück. Ich überlege Hin und Her, recherchiere, raufe mir die Haare. Wie kann ich daraus noch eine schöne Reiseroute machen und trotzdem alles sehen, was ich sehen will? Alles so kompliziert.... Bis ich sage "Basta!" Machs halt einfach nicht so kompliziert. Denke nur bis zur nächsten Station, einen Schritt nach dem anderen - es war doch Absicht, keine durchgeplante Reiseroute zu haben. Also buche zwei Nächte im Hostel in Catania und stehe endlich auf und starte in meinen Tag. Heute. Es geht um heute.

    Als erstes gehts zu "meiner" Bar direkt um die Ecke. Heute das Gebäck mit Ricotta und dazu Cappuccino. Die meisten Einheimischen trinken Kaffee, auch am Morgen, gerne auch mit einem Schuss Hochprozentigem, aber das fühle ich nicht. Und wieder in die Altstadt, heute will ich wenigstens den Diana Brunnen, die Kathedrale und die Festung sehen. Es interessiert mich nichts so sehr, dass ich rein gehen muss. Eine arme Eidechse 'jage' ich dafür recht ausdauernd und mache ca. 100 Fotos von Orten, an denen vor einer Sekunde noch die Eidechse gewesen ist. Nach ein bisschen Schlendern stoße ich auf einen sizilianschen Streetfood Laden mit Fisch und Pommes und ich weiß gar nicht so richtig, warum es mich dahin zieht. So hungrig bin ich gar nicht, aber Pommes gehen immer. An den Nebentisch setzt sich dann ein Paar, stellt sich raus, dass sie Deutsche sind (common story) und es ist wirklich sehr nett, sich bisschen auszutauschen und ich erhalte einige Reisetipps. Eine gute Begegnung! Anscheinend ging es doch nicht um die Pommes.

    Ich mache mich auf den Weg zum Archeolgischen Park, damit ich noch genug Sonnenstunden zur Besichtigung habe und laufe über drei Stunden auf dem Gelände herum. Highlights sind das Ohr des Dionysos, die Grotten der Seilmacher, das griechische und das römische Theater und das so genannte Grab von Archimedes. Und was mir auch gefällt, ist der Rosmarinbusch, dessen Hauptstamm sicher 4 cm Durchmesser hat und dessen Blüten einige Insekten angelockt hatten, die Wandelröschen und der Granatapfelbaum, an dem die aufgeplatzten Früchte der letzten Saison hängen.

    Am Ende des Tages bin ich platt und nach dem Abendessen in meinem Zimmer ist klar, dass ich heute Nacht wieder nicht raus gehen werde. Meine flüchtige Bekanntschaft von heute Mittag hat mir den Hinweis gegeben, dass mein Zimmer wohl doch beheizbar ist. Und tatsächlich bekomme ich warme Luft aus dem Ding, was ich für eine Klimaanlage (im Sinne des Abkühlens) verstanden habe. Den ganzen Raum kann man damit trotzdem nicht beheizen, da über die halbe Fläche ein Zwischenboden für den Schlafbereich eingezogen ist (wie bei einer typischen tiny house Konstruktion) und die Luft nur dahin geblasen wird und natürlich auch nicht runter kommt. Ich sitze den halben Abend gut eingepackt am Küchentisch und die andere Hälfte der Zeit im Bett und sitze dort einige Stunden am Nebenjob, korrigiere einen Text und mache zwei Übungsaufgaben zum Review fertig. Ist ein gutes Gefühl, wenn ich daran denke, dass ich mir dadurch z. B. über 60 von den unverschämten Cappuccini zusätzlich leisten kann. Reisen ist schon teuer, und wenn ich mein Interrail Ticket aufbrauchen will, bin ich noch eine Weile unterwegs.

    Ich schlafe erst weit nach Mitternacht ein und verschlafe prompt am nächsten Morgen. Nach dem anfänglichen Schreck fällt mir auf, dass ich ehrlich gesagt gar nicht viel zu erledigen habe, die Sachen vom Wäscheständer sind schnell in den Rucksack geworfen und es bleibt auch noch genug Zeit für den morgendlichen Cappuccino (dieses Mal mit einem Gebäck, dass Ricotta UND Pistaziencreme enthält), bevor ich zum Bus muss. Bus auf der Interrail Tour? Ja, der kostet auf der kurzen Strecke nur 6,20 €, ist laut Fahrplan schneller und hat eine Haltestelle neben meinem neuen Hostel, während der Bahnhof recht weit entfernt ist. Werde schon auch noch wieder den Zug nehmen, wenn es passt. Goodbye Siracusa, du wunderschöne Stadt, vielleicht auf bald!
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