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  • Day 62

    Gauchos

    March 3, 2018 in Chile ⋅ ☀️ 25 °C

    Einsam reitet er durch endloses Weideland, von allen Fesseln befreit, doch grundehrlich, bescheiden, verwegen und wettergegerbt, sein Nachtlager schlägt er auf dem Boden auf, neben Pampasgras, und nur ein kümmerliches Lagerfeuer wärmt ihn. Alles Mythos und Folklore?

    Nun, Phil sieht man an, dass er mit dem Gaucholeben nichts, aber auch rein gar nichts zu tun hat. Aber was hätte uns der Mann mit der blauen Mütze zu erzählen, wenn wir die gleiche Sprache sprechen würden? So muss es bei der freundlichen Selfiebegegnung bleiben und bei der Analyse des Goucho-Outfits. Die Stiefel sind aus Fohlenleder, dazu gehören weite Pumphosen (Bombachas) und natürlich Halstuch und Barret oder Strickmütze (Boina). Phil und ich probieren es ebenfalls mit einer entsprechenden Kopfbedeckung, aber zum Gaucho reicht es bei keinem von uns.

    Immerhin: Bernd und Domenico sind wahre Männer und messen sich am Vorabend im Steakhouse beim Armdrücken. Am heutigen Morgen dann genießen wir zunächst ein paar schöne Kurven auf Asphalt, bis Bernds Bike umkippt, was ihn sein Windshield kostet. Bald danach geht die Carretera Austral wieder in Gravel über. Zunächst noch bei Sonnenschein, später dann bei 12 Grad und Regen. Da werden 150 km Schotterpiste lang, obwohl man tatsächlich im Grunde relativ problemlos mit 80 km/h über Schlaglöcher und Querrippen fliegen kann, es ab dieser Geschwindigkeit sogar wieder etwas bequemer auf dem Bike wird (Ihr erinnert Euch: "speed is your friend"). Man muss im Grunde nur zulassen, dass das Motorrad sich permanent eine eigene Spur sucht und dadurch immer etwas hin und her schwimmt. Kopfsache. Aber man gewöhnt sich daran.

    Auch unseren Zielort, Puerto Bertrand, erreichen wir im Regen. Die Hozhäuser sind toll, Typ "game resort lodge", ein bisschen wie in Südafrika, nur ohne Rhinozeros und Antilope. Aber: Es ist kalt und alle Sachen sind nass. Da kommt der Holzofen gerade recht, die Zeltlagererfahrung aus Jugendtagen bewährt sich, er ist schnell in Gang gebracht (nur Will berichtet später von seinen Problemen, da er das erste Mal in seinem Leben selbst ein Feuer anzünden musste). Der Ofen wärmt auch wunderbar, allein: wie soll das nachts gehen? Jede Stunde nachlegen?

    Plötzlich reißt der Himmel auf, von einer auf die andere Minute ist es spätsommerlich warm und es zeigt sich ein herrlicher See und dahinter erneut schneebedeckte Gipfel. Allerdings ist das warme und helle Zeitfenster kurz, es reicht nur für ein paar schöne Bilder. Schon während ich diesen Footprint einhacke, sinniere ich erneut darüber, wer heute Nacht Holz nachlegt. Hat jemand von Euch Zeit?
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