• Expedition Laguna Roja

    October 8, 2024 in Chile ⋅ ☀️ 13 °C

    Adventure Zona Norte de Chile
    Tag 3:

    Auch auf der diesjährigen Südamerikareise gibt es wieder dieses Ziel, für das ich im Netz einige Bilder finde aber kaum Hinweise, wie man diesen Ort in Realität erreichen kann.
    Seltsam ist, dass obwohl es nirgendwo Schilder oder Bilder von unserem anvisierten Ziel gibt, jeder sofort weiß, welches unser Ziel ist. Nämlich die Laguna Roja.

    Diese Ungewissheit über die Zufahrt bereitet mir seit Tagen schon Unbehagen. GoogleMaps zeigt mir eine Verbindung an, bei der wir noch viele Kilometer wandern müssten. Das kommt bei 3.700 Höhenmetern überhaupt nicht in Frage. Und dann finde ich einen „nur“ einjährigen Bericht, der etwas Hoffnung macht.
    Also muss wieder einmal die OSM-App her. Tatsächlich wird hier eine Verbindung angezeigt, bei der nur noch eine Restwanderung von nicht einmal einem Kilometer übrig bliebe. Das schaffen wir.
    Meine Anspannung lässt mich also
    heute nicht lange ausschlafen.
    Außerdem haben wir gestern den Plan, hier in Camiña zwei Nächte zu bleiben, verworfen. Nicht dass die Unterkunft uns nicht gefällt . Nein, die ist trotz kaltem Wassers super. Das Bett fantastisch. Wir planen heute noch bis zur bolivianischen Grenze zu fahren, um von dort entlang der Grenze noch weiter gen Norden zu fahren. Nach Putre, wo es einen planmäßigen dreitägigen Aufenthalt geben soll.
    Während also Rainer noch schläft, nutze ich die Zeit, um eine Übernachtung in Colchane zu buchen. Wir haben kein Wifi und 3G kann dauern. Es muss nicht nur eine Unterkunft her, ich möchte wenigstens ein paar Rezensionen lesen. Die Wahl fällt auf das Inka Thaki Hotel. Die Anfrage per WhatsApp sende ich schon mal ab. Die Antwort kommt prompt. Allerdings im feinsten Spanisch. Leider haben sie keine „Cama de matrimonio“ mehr. Also kein Zimmer mit einem Ehebett. Nur eins mit „dos camas individuales“, also zwei Einzelbetten. Was wir beide schon wegen der zwei Decken bevorzugen.

    Dreiviertel Elf verlassen wir Magdalenas Gästehaus. Übrigens war im Nebenhaus kein einziger Gast da.
    Zu allererst fahren wir zu den Carabinieris. Denn unser gestrige Freund und Helfer hat uns dringend geraten, sich dort registrieren zu lassen für den Fall, dass wir auf dem Weg zu Laguna Roja verloren gehen.
    Die junge Polizistin kennt offenbar diese Prozedur. Wir geben Pass und Telefonnummer an. Alles wird sorgfältig in den Computer eingetragen. Auch wo wir am Ende des Tages sein werden.

    Los geht’s.
    Die unbefestigte aber gut präparierte Ruta A45 verlassen wir nach etwa 30 Kilometern. Es folgt Ruta A387 eine schlechte Piste, die so schlecht ist, dass wir glauben, das sei nicht mehr zu toppen.
    Ist es aber.
    Camino a la Laguna Roja beginnt kurz vor der Flussüberquerung. Die ist so grottenschlecht, dass wir mit etwa 10 bis 20km/h schleichen. Die letzten fünf Kilometer sind kein Quentchen besser. Wir fahren in Schrittgeschwindigkeit.
    Das Schild Privatgrundstück ignorieren wir großzügig und erreichen nach einer Fahrt von insgesamt etwa zwei Stunden einen Punkt, von dem man rote Erde erkennen kann. Im ersten Moment glauben wir, die Lagune sei ausgetrocknet. Aber als wir den letztmöglichen fahrbaren Punkt erreichen, ist die tiefrote Lagune zu erkennen.
    Während Rainer noch Wasserschuhe zum wechseln und Drohni einpackt, bin ich ungeduldig und kann nicht mehr warten. Ich schnappe mir mein Handy und meinen Fotoapparat.
    Ein kleiner Abstieg, eine Flussüberquerung und schon sieht man rotes Wasser in kleinen Rinnsalen fliessen.
    Ganz oben angekommen, bei 3.700 Höhenmetern, sehe ich das Unglaubliche. Erst einmal muss ich meine Sonnenbrille abnehmen, weil ich nicht glauben kann, dass dieses Wasser wirklich so rot ist.
    Vielleicht hundert Meter weiter befindet sich eine viel kleinere Lagune in wunderschönem Grün. Und das Wasser das aus dieser Lagune fließt ist Gelb.

    Es gibt keine wissenschaftliche Erklärung für die Farbe des Wassers. Die Mikroalge Chlamynodephris könnte der Grund für die Verfärbung sein.
    Auch weiß niemand wie tief die Lagune ist.
    Mit der Hand schöpfe ich etwas Wasser. Es ist klar. Auf dem Stein ist eine etwa vier oder fünf Millimeter dicke, farbige Sedimentschicht, die leicht abgeht.
    Das Wasser ist kühl.

    Der Legende nach haben sich hier vor langer Zeit Aymara (Volk des Altiplano) niedergelassen, ohne zu wissen, dass sie dem Teufel gehört. Als sie das Wasser tranken, starben sie und die Lagune wurde noch roter.

    Letztendlich sage ich so oft, Bilder sind nur ein Versuch das Gesehene abzubilden. Das stimmt dieses Mal nicht ganz. Denn tatsächlich kriegt man das Wunder vom Boden nicht abgebildet, aber Drohni kann es. Und wie!

    Nach etwa einer Stunde machen wir uns auf den weiteren Weg. Es geht nach Südosten durch den Parque Nacional Volcán Isluga. Eine Fahrt die uns elf Mal den Fluss überqueren lässt und nur beim zwölften Mal gibt es eine Brücke.
    In der Ferne, also in Bolivien, stauen sich dunkle Wolken, die durch die Cordillere abgehalten werden. Dennoch wäre es vielleicht schöner, mit Sonne unterwegs zu sein. Für die Beschreibung der Wegbeschaffenheit gibt es kein nettes Adjektiv. Es rumpelt die gesamte Zeit, es ist staubig und ich spüre, dass Rainer an seine Grenzen gerät. Am schlimmsten aber ist dieser Staub, den wir offensichtlich ständig einatmen müssen.

    Auf der Rückbank liegt meine Handtasche. Die ist zwar klein und kompakt aber der Inhalt kann Mary Poppins Tasche Konkurrenz machen. Da findet sich für jede Lebenslage etwas. Auch eine FFP2 Maske, die vor diesem feinen Staub wunderbaren Schutz bietet.

    Wir passieren längere Strecken bei 4.200 Höhenmetern die ihren Höhepunkt bei 4.600 Höhenmetern haben. Draußen sind es nur noch 6 Grad Celsius. Picknicken beschränkt sich also nur noch auf belegtes Brot. Tee kochen fällt eh aus. Der Wind würde die Flamme des kleinen Campingkochers sofort wieder löschen.

    Irgendwo unterwegs muss es eine Verbindung zum Netz gegeben haben. Denn das Hotel in Colchane fragt schon, ob wir noch kommen. Aber ja. Nur geht meine Nachricht nicht mehr durch.

    In Isluga steigen wir kurz aus, um die wunderschöne Kirche zu fotografieren. Ein anderer Tourist - dick eingemummelt - schaut uns ganz bedeppert an. Denn wir sind hochsommerlich gekleidet und tragen Flipflops.

    Nach nur 172 Kilometern erreichen wir halb Acht Colchane.
    Höhe: 3.700.

    Die Grenzstadt zu Bolivien erscheint im wunderschönen rotem Licht der untergehenden Sonne.
    Als erstes fahren wir zur den Carabineros. Hier melden wir uns zurück. Tatsächlich ruft man in Camiña an und meldet uns dort als gesund und wohlbehalten angekommen an.
    Was für eine Fürsorge. Unglaublich.

    Das Hotel ist super klein. Das Zimmer aber ok. Wir schalten den Heizstrahler ein und ziehen uns erst einmal passend für diese Kälte um.

    Im Restaurant gibt es eine köstliche, warme Suppe. Den Rest, also Spaghetti, Kartoffeln und Schuhsohle hätte ich nicht gebraucht.
    Hier treffen wir auf eine deutschsprachige Reisegruppe, mit deren Guide (der aus Halle stammt, seit Jahren aber in Südamerika lebt) wir über unseren morgigen Tripp debattieren. Das hat Mehrwert, denn er rät uns von unserem Vorhaben ab. Bei dieser Strecke müssten wir teilweise größere Tiefsandpassagen passieren. Tiefsand? Nee. Mehrere Steckenbleiber auf den USA-Reisen sind genug in diesem Leben. Das wollen wir nie wieder erleben!
    So bleibt nichts weiter übrig, als den Plan etwas zu modifizieren.
    Bevor das Licht ausgeht, buche ich über Booking ein Zimmer für eine Nacht in Codpa. Das passt sogar sehr gut. Die Route von Codpa stand eh auf meiner Liste.
    Read more