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  • Und dann gibt es eben auch "diese" tage

    4 Oktober 2017, Srilanka ⋅ ☀️ 27 °C

    Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht wie ich mich gerade fühle. Ich habe mich so sehr auf das Freiwilligenprojekt gefreut, mir Gedanken gemacht, was ich mit einbringen könnte und war mir durchaus bewusst, dass ich dafür eine ganze Stange Geld liegen lasse. Geld, das ich mir hart erarbeitet habe. Doch ich will mich engagieren und dort helfen, wo es gebraucht wird. Ich will Menschen ein wenig glücklicher machen und ihnen für ihre Zukunft ein besseres Leben ermöglichen. Ich möchte etwas von meiner Lebensfreude abgeben und sie unterstützen, zu sehen, dass es einen Weg aus einem armen Leben gibt, durch unser Projekt und mit der Hilfe zahlreicher Spender und Arbeiter wie mich. Und wenn es dafür erforderlich ist, mit Geld zu bezahlen, dann will ich das machen.

    Am Tag meiner Ankunft, wurde ich von vielen Freiwilligen herzlichst begrüßt. Die meisten sind älter als ich und kommen aus Australien. Sie machen hier im Krankenhaus ein Praktikum im Zuge ihres Medizinstudiums. Zwei Andere Mädels aus England und Holland sind für dieselben Projekte wie auch ich hier. Also für Schulen, ein Waisenhaus, Altenheim und eine Behinderteneinrichtung. Nachdem ich ankam, wurde ich von einer Kollegin ins Zimmer gebracht, das ich mir mit ihr teile. Und dann...dann saß ich erst mal dort. Keine Info, wann ich wo eingeteilt bin, wann es Essen gibt, wie der Tagesablauf aussieht. Ich fühlte mich unwohl, musste alles erfragen und erst spät am Abend kam der Leiter Janaka und begrüßte mich. Ich schloss mich am nächsten Tag Joy an, die schon drei Wochen im Projekt arbeitete. Wir gingen in die Behinderteneinrichtung, wo ich sofort herzlich von Downsyndomlern umarmt und geküsst wurde. Wir malten und lachten zusammen, bis wir um elf Uhr vom Tuk Tuk Fahrer abgeholt wurden und zurück in unser äußerst luxuriöses Haus gefahren wurden. Dreimal täglich werden wir verpflegt, mittags zwei Gänge, Abends drei. Ein Standard, den ich nicht benötige und der mich äußerst viel Geld kostet. Da würde ich lieber mehr Geld ins Projekt investieren, statt mir täglich den Wanz vollhauen zu können. Die Anderen sind begeistert, waren noch nie wirklich reisen und gönnen sich an den Wochenenden-wie ich erfahre- teure Ausflüge mit Privatbussen zu den Attraktionen Sri Lankas. Hier mal 150$, da mal 300$. Obwohl es Abendessen in der Unterkunft bereitgestellt wird, gehen sie abends häufig auswärts essen. Davon habe ich mich schnell ausgeschlossen, da ich schon mit den Preisen der Unterkunft kämpfen muss. Ich schätze mich als kommunikativen und offenen Menschen ein, doch hatte das Gefühl, hier nur Smalltalk mäßig ausgefragt zu werden. Ich habe nicht das Gefühl aufgenommen worden zu sein. In den folgenden Tagen bekam ich Einblick in die Muslimischen Schulen, das Altenheim und in eine Schule für angehende Krankenschwestern. Zu diesen Locations, müssen wir zusätzlich die Transportkosten selbst übernehmen. Da kommt ein Tagesbudget von rund 35-40$ zusammen. Zum Vergleich: in einem teuren Land wie Neuseeland habe ich versucht eine Unterkunft für 20-25$ zu finden und habe mir billig Essen eingekauft. In einem Land wie Sri Lanka habe ich beim Reisen mit Transport, Essen und Unterkunft aller höchstens 20€ gezahlt. Ich lebe hier also vergleichsweise extremer teuer.
    Ein Teil der 35-40$ fließt wohl scheinbar direkt an die Projekte. Doch ich will doch sehen, was erreicht wird und wo mein Geld hinfließt. Ich will nicht nur Tag täglich Karten spielen. Es macht ein Teil der Menschen zwar in dem Moment glücklich, doch ich will auf Dauer etwas schaffen, das ihr Leben deutlich bereichert. Pfleger oder Betreuer lernte ich in den Heimen jeweils nicht kennen und mir wurde nicht wirklich etwas gezeigt. Ich habe mehr das Gefühl, dass ich hier willkommen bin, hier zu Hausen, mein Geld liegen zu lassen und in die Projekte fahren darf, um danach sagen zu können: "Ich war Freiwilligenarbeiter in Sri Lanka". Ich will damit nicht angeben, schon gar nicht, wenn ich nur Karten gespielt habe.
    Mir kommt es auch so vor, als würde jeder für sich selbst versuchen, sich gut darzustellen und sein Ding durch zuziehen. Doch eigentlich sind wir doch alle aus Einem Grund hier: Gutes zu tun! Dabei geht es nicht um unseren eigenen Status und schon gar nicht darum, anderen zeigen zu können, was für ein toller Hecht man ist. Die Volunteers besprechen kaum, was an den nächsten Tagen geplant ist, was sie erreichen wollen und sammeln auch keine Ideen, was verändert werden kann. Es scheint, als wollte man die vier Stunden Arbeit am Tag so schnell es geht herumgekommen.
    Ich kritisiere das Projekt an sich nicht. Ich denke, Janaka macht eine sehr gute Arbeit und trägt viel dazu bei, dass es Menschen jeweils besser geht. Doch die Zusammenarbeit mit den Freiwilligen, ist nicht so wie es sein soll- meiner Meinung nach!
    Diese Faktoren häufen sich an und lassen mich keine Sekunde am Tag los. Ich habe relativ viel Freizeit, die ich ebenfalls nicht haben möchte und denke viel nach. Bereits am Dienstag, ein Tag nach Ankunft, lag ich weinend im Bett und versuchte mir vor den Anderen nichts anmerken zu lassen. Gestern fing ich das Weinen schon fast in der Schule an, da ich mir so nutzlos vorkam.

    Und so kam es das Erste mal dazu, dass ich mich alleine, nutzlos, unverstanden, ausgenutzt und verlassen fühlte. Ich bin nie ein planloser Mensch. Es gibt immer einen Plan B, auch wenn Aufgeben in den meisten Fällen nicht in Frage kommt.
    Ich war so froh, mit meiner Mutter telefoniert zu haben an diesem Abend. Auch wenn sie mir nicht in meiner Entscheidung helfen konnte, tat es gut zu spüren, dass ich nicht allein in meiner Situation bin.
    Auch jetzt gerade rennen mir Tränen an den Wangen herunter und ich kann kaum sehen, was ich schreibe.
    Ich hatte so lange eine unbeschwerte Reise und an einer Hand abzählbare schlechte Tage. Ich sage mir selbst, dass es dazu gehört, sich zu fühlen, als wäre man in einer Sackgasse. Und dort stehen zu bleiben, bringt letztendlich nichts. Ich habe Angst Janaka zu sagen, dass ich nicht weiter bleiben will. Doch um ehrlich zu sein, muss ich das bald tun. Ich habe mich bereits ungesehen, ob ich in ein anderes Projekt spontan einsteigen kann. Unter anderem eine Deutsche, die sich um Straßenhunde kümmert und ihre Organisation frisch auf gemacht hat. Wir stehen in Kontakt und ich hoffe, dass ich bald Gewissheit habe, wohin es für mich weiter geht. Bis dahin bleibe ich noch hier und versuche mir nichts anmerken zu lassen und so viel es geht Menschen glücklich zu machen, sei es auch nur für vier Stunden am Tag, in denen ich in ihrer Einrichtung zu Besuch bin.
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