• Etappe 12 – ich durchquere Mordor

    August 21 in France ⋅ 🌙 15 °C

    5:44 Uhr: Ich starte in eine sehr windige Etappe, die mit 700 m Anstieg beginnt. Heute sind bis zu 80 km/h Sturmböen vorhergesagt.

    Nach 700 m Fahrweg und angenehmer Steigung zweigt der Weg rechts ab und wird steiler – bleibt aber zum Glück ein Weg oder vielmehr Pfad.

    6:09 Uhr: 18°C mit 80 % Luftfeuchtigkeit.

    6:18 Uhr: Habe die Hochebene erreicht. Jetzt sind es noch mal 300 m nach Pratie. Gestern habe ich festgestellt, dass ich noch dreimal auf dem Trail schlafe. Noch dreimal draußen im Zelt in der frischen Luft. Ist irgendwie sehr schade.

    Im Wald kommt auf einmal ein mittelgroßer schwarzer Hund aus dem Gebüsch, er begleitet mich einfach 100 m.
    Vorher,in einer dunklen Senke, habe ich zwei rote Augen gesehen, es stellt sich schnell heraus, dass sie zu einem Pferd gehören. Irgendein Mensch macht komische Laute und ruft irgendwelche Wörter. Ich gehe einfach weiter.
    Es ist ein bisschen gruselig, zumal es noch nicht richtig hell und ein bisschen nebelig ist.

    6:47 Uhr: Ich erreiche den nächsten etwas flacheren Abschnitt. Jetzt kommen noch mal 200 Höhenmeter. Um mich herum ziehen die Wolken über den Hang und drüber blauer Himmel, die Wolken beschienen von der aufgehenden Sonne – ein traumhaftes Panorama – das ich noch besser genießen könnte, wenn ich nicht komplett schweißgebadet wäre.

    Der letzte Teil des Anstiegs war ziemlich windig. Der Wind trieb auch Wolken an mir vorbei, da ich durchgeschwitzt bin, ist es auch einigermaßen kalt.

    7:20 Uhr: Ich gehe jetzt auf der Hochebene in Richtung Hütte. Die sollte eigentlich hinter dem nächsten Hügel sein.

    7:33 Uhr: ich erreiche die Hütte, trinke einen Kaffee, unterhalte mich mit einem deutschen Pärchen und fülle mein Wasser auf.
    Kurz vor acht gehe ich weiter.

    8:07 Uhr: ich denke gerade, dass eine lange Hose gar nicht so schlecht wäre. Ein Blick auf das Thermometer zeigt mir, dass ich mit meinem Temperaturempfinden gar nicht so falsch liege: es sind nur 14°.

    Mit Rucksack wiege ich ja über 90 Kilo. Und dennoch muss ich immer wieder aufpassen, dass mich die Windböen nicht aus dem Gleichgewicht bringen. Meine Stöcke werden auch immer vom Wind erfasst und ich muss mich wirklich bemühen, sie zu platzieren.

    8:28 Uhr: ich bin am höchsten Punkt der heutigen Etappe angekommen. Das Gelände ist recht steinig, und das Vorankommen bei den Windböen nicht ganz einfach.

    8:50 Uhr: Jetzt kraxle ich schon bestimmt eine halbe Stunde auf der windabgewandten Seite des Berges. Eigentlich müsste ich mich ausziehen, aber der Weg geht gleich bestimmt wieder auf die andere Seite. Der expeditionsähnliche Charakter bleibt aber, da der Weg sehr felsig ist und viele kleine Bolder-Einlagen bietet.

    Heute tut mir zur Abwechslung mal meine rechte untere Wade weh.

    9:37 Uhr: Es ist kalt, windig und nass.

    9:51 Uhr: Die Wolken sind so feucht, dass mein Rucksack von außen nass ist. Mein Wollhemd wärmt immer noch einigermaßen. Ich glaube nicht, dass es besser ist, wenn ich meine Regenjacke überziehe.

    10:02 Uhr: Gerade kam kurz die Sonne raus. Ansonsten bleibt es neblig, da ich in der sehr dichten Wolke gehe.
    Ich denke an die Leute, die den GR 20 vor den Badeurlaub geschoben haben. Die werden den Tag heute besonders genießen. 😅Tatsächlich werden sie den Badeurlaub aber umso mehr genießen!!

    10:14 Uhr: Ich habe einen windabgewandten Hang gefunden, an dem ich eine Pause machen kann. Schön ist es nicht, aber zumindest nicht mehr so kalt. Und ich muss jetzt endlich mal eine Pause machen, ich merke, dass ich unsicher werde.

    So oft wie heute bin ich noch nie überholt worden. Zum einen waren es aber auch Trailrunner und mir scheint es, dass es heute viele sind, die mit leichtem Gepäck unterwegs sind. Das sage ich zumindest zu meiner Ehrenrettung.

    Es liegen noch fünf 6,5 km vor mir, 500 m Aufstieg und der Abstieg, der ganz am Ende, glaube ich, noch mal ziemlich steil wird. Naja.

    10:25 Uhr: Ich gehe weiter!

    10:55 Uhr: Ich passiere den Aussichtspunkt und den Sendemast. Jetzt liegt noch mal 500 m knackiger Anstieg vor mir.

    11:32 Uhr: Ich mache eine Pause und esse etwas Brot mit Salami. Der Anstieg ist im Windschatten, daher habe ich mich schon wieder komplett entkleidet und schwitze tropfend vor mir hin.

    So 360m Anstieg warten noch auf mich. Es ist 11:42 Uhr und ich gehe weiter.

    Gerade hat es leicht angefangen zu nieseln, ich hoffe, dass es so bleibt. Ich habe jetzt noch 3,6 km zu gehen, davon 300 m Anstieg und den Abstieg. Es müssten noch so um die 3 Stunden sein, würde ich schätzen.

    11:49 Uhr: Ich mache mich schon mal regenfest und hole die Jacke raus –bin mir aber unsicher, ob ich sie anziehen soll. Denn es liegt ja der Anstieg vor mir und wenn ich die in der Regenjacke mache, bin ich auch nass.

    Ich habe noch gar nicht erwähnt, dass es diese Massage, die es in Haut Ascu gibt, auch in Vizzavona gibt. Es wird nicht die gleiche Person sein, aber auf dem Flyer stehen beide Adressen drauf, und so ein Wagen parkte in der Nähe meines Hotels.

    Es ist doch auch klar, kaum ziehe ich meine knall-rote Regenjacke an, hört das Tropfen auf, der Wind nimmt ab und die Sonne kommt raus.

    Kaum hatte ich die Worte geschrieben, habe ich auch schon den Grat überquert und war dem Wind wieder voll ausgesetzt.
    Ich weiß ja als Junge von der Küste, was steife Brise ist, aber das hier ist schon wirklich krass!!
    Der Wind bläst so stark, dass mir die Rucksackriemen mit so einer Wucht ins Gesicht schlagen, dass es mich schmerzt.

    Wenn ich jetzt noch in der Wolke wäre, würde ich meine Handschuhe rausholen. Der Wind ist so kalt, dass meine Hände frieren, aber der Gipfel ist nicht mehr weit und dann geht es bergab.

    13:03 Uhr. Ich habe doch noch mal angehalten, um meine Mütze rauszuholen und vor allen Dingen die Handschuhe: Ich muss hier häufig sehr spontan in den Fels greifen, um überhaupt gegen den Wind anhalten zu können, und der Fels ist sehr spitz und rau. Ich glaube, Thomas hat sich hier letztes Jahr den Unterschenkel aufgerissen.

    13:41 Uhr: Angekommen! Uff!!!

    Der Hund, der beim Anstieg aus dem Gebüsch kam, ist jetzt hier im Lager angekommen. Ein ganz schöner und lieber Border Collie. Er trägt ein Halsband und irgendjemand hat auch schon die Nummer angerufen.

    Ich bin ganz beruhigt (wobei ich nicht weiß, ob das Wort das richtige ist. Denn erscheint mittlerweile gesichert, dass ich mit Harald, Miri, Julia, Stéphane und Mathieu zusammen in Conca ankomme. Ich finde irgendwie ist das ein wichtiges Ereignis und es ist sehr schön, wenn man nicht alleine ankommt – also anders ausgedrückt mit Leuten zusammen ankommt, die man schon die ganze Zeit kennt. Miri und Julia sind ja erst seit Vizzavone dabei, aber Harald, Mathieu und Stéphane tatsächlich seit dem ersten Tag.

    Der Abend hier in Usciulu war so ganz anders als die letzten zwei Jahre. Leider nicht zum Positiven: er war geprägt von Kälte und immer wieder durchziehenden Regenschauen aber ich würde behaupten, dass wir das Beste daraus gemacht haben. Neu gibt es hier einen Tischkicker, den wir leider nicht einweihen konnten, weil dafür das Wetter nicht passte.
    Ich liege schon im kurz nach 20:00 Uhr im Bett.

    15,6 km

    5:36h
    1,5 km/h
    2,8 km/h

    1370m
    -981m
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