• Toto am Eingang der Ausstellung
    Toto betrachtet das Foto von einer Frau, die auf ihre Söhne wartetDieses Bild hat Zisi als Poster gekauftDiese Puppe lag oberhalb eines Massengrabs und diente wohl als KennzeichnungDieses alte Tram sehen wir mehrmals unterwegsToto mal ganz klein zwischen den hohen Gebäuden

    Trauriger Abstecher nach Srebrenica

    13 juin, Bosnie Herzégovine ⋅ ☀️ 26 °C

    Auf Sarajevo haben wir uns sehr gefreut. Wir waren vor zwei Jahren schon hier und wollten etwas über den Bazar schlendern.

    Doch irgendwann stolpern wir über einen Ausstellungshinweis. Ein kleines Museum, das den Namen „Gallery 11/07/95“ trägt. Es schildert das Massaker von Srebrenica vom 11. bis 19. Juli 1995, das der Internationale Gerichtshof in Den Haag als Völkermord eingestuft hat.

    Das Museum ist bedrückend. Es schildert nicht nur das Unsagbare, dass dort geschehen ist. Es zeigt auch Fotos der Massengräber und führt alle bekannten Opfer auf. Rund 8000 sollen es sein. Viele sind noch gar nicht gefunden worden, da die Bosnisch-Serbische Armee die Massengräber immer wieder verlegt hat, um ihre Taten zu vertuschen.

    Für die Überlebenden, die zumeist männliche Angehörige verloren haben und in diesem Museum zu Wort kommen, ist das dort Erlebte noch immer lebendig. Man sieht in den Video-Interviews regelrecht, wie die Bilder vor ihrem geistigem Auge wieder aufleben. Viele kämpfen mit den Tränen.

    Besonders schlimm ist die Rolle, die die Vereinten Nationen (UN) bei diesem Völkermord gespielt haben. Die UN hat quasi zugeschaut und so gut wie gar nichts unternommen. Die niederländischen Blauhelme waren zahlenmässig unterlegen, hatten keine Autorität, bekamen keine Luftunterstützung und liessen sich von den bosnischen Serben völlig an der Nase herumführen.

    Toto war 1995, als das Massaker geschah, 19 Jahre alt. Zisi zwölf. Natürlich haben wir davon gehört. Aber das Ausmass und die Zusammenhänge haben wir vor dem Museumsbesuch nicht wirklich begriffen. Oder haben wir sie verdrängt?

    Im Shop des Museums gibt es ein T-Shirt mit der Aufschrift „UN - United Nothing“. Dieser Spruch stand an einer Wand in den Unterkünften der niederländischen Blauhelme. Toto kauft es. Es trifft leider in vielen Belangen zu.

    Zisi kauft dagegen ein Foto aus der Ausstellung. Der Fotokünstler Tarik Samarah hat sich viele Jahre mit dem Massaker von Srebrenica beschäftigt und stellt eindrucksvolle Bilder in der Galerie aus. Seine Fotos zeigen das Bangen und Hoffen der Überlebenden und zeugt gleichzeitig von den unmenschlichen Verbrechen, die dort geschahen. Vor allem aber berühren seine Bilder. Das Foto, das Zisi so in ihren Bann gezogen hat, zeigt das Dorf Karaula bei Tuzla, in dem eine grosse Schaar Vögel losfliegt.

    Das Bild ist deshalb so eindrücklich, weil es den Fotografen an eine Begegnung mit einer älteren Frau erinnert, die all ihre Söhne in Srebrenica verloren hat. Solange sie dafür keine offizielle Bestätigung erhalten hatte, trug sie immer eine Fotocollage von ihr mit ihren Söhne mit sich. Als sie über die Collage sprachen, sind ihm diverse Zeichnungen mit Vögeln drauf aufgefallen. Auf die Gründe, weshalb sie Vögel zeichne angesprochen, sagte die Frau, dass sie jeden Tag hoffe, die Vögel bringen ihr eine Nachricht von ihren Söhnen.
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