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  • Día 107

    Santa Margarida de Peranera

    29 de julio de 2023, España ⋅ ☀️ 23 °C

    Gestern begab ich mich auf die letzte Etappe dieser Fernwanderung, zu einem Ort, der auf mich eine derart hohe Faszination und Anziehungskraft ausübte, dass ich von Beginn an seinen Namen mit dem Titel dieser Reise verband. Als Hobbyhistoriker, der sich aus unerfindlichem Grund insbesondere für die Geschichte und Kultur dieses Landstrichs begeistert, besuchte ich die Kapelle Santa Maragarida bereits im Sommer 2021. Tief beeindruckt, beschloss ich wiederzukommen. Und zwar zu Fuß.

    Am gestrigen Morgen stieg ich von unserem Basislager aus, das sich in der Nähe der Siedlung Castilló de Tor befindet, zunächst durch einen Kiefern-Buchsbaum-Wald steil hinauf bis zum Dorf Igüerri. Von hier folgte ich einem schmalen Höhenweg, der vermutlich jahrhundertelang die Hauptverkehrsachse zwischen den Dörfern Igüerri, Esperán und Erillcastell bildete, und von denen Letztere wohl auch aus Mangel einer Straßenanbindung seit mehreren Jahrzehnten Lost Places sind. Die Natur zeigte sich gestern auf diesem Wegabschnitt von ihrer besten Seite, unter anderem durch einen imposanten Gänsegeier, der sich nur wenige Meter vor mir in die Lüfte erhob, oder durch zwei Smaragdeidechsen, die mir vor die Füße liefen. Nach einer kurzen Pause am Bach von Esperán, setzte ich meinen Weg in Richtung Erillcastell fort, ließ die auf einer Bergkuppe thronenden Ruinen des Dorfes aber zunächst rechts liegen und lief weiter bergauf über eine Fahrspur, die zu einer einsam gelegenen Schäferei führt. Schon bald kam die Kapelle Santa Margarida, die sich auf einem schmalen Felsvorsprung inmitten eines Talkessels befindet, erstmals als winziger Punkt in Sichtweite. Die Lage dieser im romanischen Stil erbauten Wallfahrtskapelle -dem Himmel nah und weltabgewandt - scheint ganz bewusst gewählt worden zu sein. Sie wurde gleichermaßen von den Dörfern Erillcastell und Peranera, deren Geschichte sich bis ins 11. Jahrhundert zurückverfolgen lässt, genutzt und ist von beiden Dörfern aus sichtbar. Mehrmals im Jahr wurden Prozessionen dorthin unternommen, wobei gerade der letzte Wegabschnitt bis zur Kapelle damals wie heute beschwerlich und abenteuerlich ist. Die heilige Margaretha von Antiochien, eine frühchristliche Märtyrerin, deren Fabel vor allem von Unbeugsamkeit und Standhaftigkeit erzählt, wurde -und hier erschließt sich mir der theologische Zusammenhang nicht - von der bäuerlichen Landbevölkerung für die Förderung von Fruchtbarkeit angerufen. Sowohl in familiärer Hinsicht, als auch auf dem Acker. Ich gehe davon aus, dass die Anbetung von den Bewohnern Peraneras und Erillcastells, wo der Boden karg und Wasser knapp ist, mit großer Ernsthaftigkeit betrieben wurde. Die Kapelle, die händisch aus demselben Fels getrieben wurde, auf dem sie thront, reichen mir als Beleg dafür aus. Dass der Glaube Berge versetzen kann, wird hier offenbar.
    Erleichtert darüber, dass mein Angst- und Endgegner -ein massiger, unfreundlicher Herdenschutzhund - gestern nicht zugegen war, passierte ich die verlassene Schäferei und kämpfte mich bis zur Kapelle durch. Dort rastete ich selig bis mich die heiße Nachmittagssonne zum Aufbruch mahnte. Auf gleichem Weg wanderte ich zurück nach Erillcastell und sinnierte dort zwischen den Trümmern des Dorfes, das vor langer Zeit einmal das Herrschaftszentrum der gesamten Region gewesen ist und bis in die Neuzeit durch eine Kohlemine ein Auskommen fand, über die schönen Momente auf dieser Reise und die Vergänglichkeit im Allgemeinen. Für den Abstieg wählte ich einen wenig begangenen Weg, der durch ein von vulkanischer Aktivität geformtes Kleinod führt, und unweit der Siedlung Raons in einen Fahrweg mündet. Diesem folgte ich bis Gotarta, wo ich auf einen Pfad zum Colladó de Santes Creus wechselte. Vom Pass aus stieg ich über den GR 11.2 ins Tal nach Pont de Suert hinab und erreichte schon bald danach das Basislager.

    Diese Fernwanderung, diese Pilgerreise, mein Abenteuer, das Landstreicherleben und meine Berichterstattung darüber finden somit ein Ende. Alle interessanten Daten und Fakten zu meinem langen Weg werde ich bei Gelegenheit ermitteln und dann an dieser Stelle nachreichen. Natürlich beantworte ich auch all Eure Fragen zur Reise, falls Ihr welche habt. Von Herzen danke ich Euch für Eure virtuelle Begleitung und Euer Feedback, was mir in einsamen Stunden stets eine Stütze gewesen ist!

    Das Schlusswort schenke ich Kurt Tucholsky, der mir bereits 1927 in seinem 'Pyrenäenbuch' aus der Seele schrieb:

    "[...] Es ist aus. Erlöst vom Gebirge - erlöst vom Steigen und Klettern. In meinem Herzen liegt eine kleine Flocke, eben geboren, ein Ei: Sehnsucht nach den Pyrenäen. [...]"

    Nachtrag (20.08.2023)
    Hallo Ihr Lieben,
    inzwischen sind wir wieder nach Deutschland zurückgekehrt. Wie angekündigt, möchte ich heute einige Kennzahlen zu meiner Fernwanderung nachreichen, die mir selbst, aber vielleicht auch Anderen, beim Schmieden neuer Reisepläne von Nutzen sein könnten.
    Die Gesamtreisedauer umfasste 106 Tage; davon 93 Wander- und 13 Pausentage. Alle Wanderstrecken zeichnete ich mit einer GPS-Armbanduhr auf. Aus diesen Daten geht hervor, dass ich zwischen dem Dorf Sievershausen im Solling und meinem Wallfahrtsziel, der Kapelle Santa Margarida de Peranera in Katalonien, 2.664 Kilometer Wegstrecke zurücklegte und dabei insgesamt 520 Stunden in Bewegung war. Die aufgezeichnete, also tatsächlich zurückgelegte Strecke, erwies sich um ca. 10 % länger als die zuvor mit Outdooractive geplante. Dieses Plus resultierte vor allem aus Umwegen, die durch Verlaufen, Einkaufen, Zeltplatzsuche, etc. erforderlich wurden. Im Schnitt legte ich an jedem Wandertag ca. 29 km zurück. Auf der gesamten Strecke überwand ich 56.627 Höhenmeter Anstieg und lief 56.003 Höhenmeter bergab. Die meisten Tageshöhenmeter Anstieg (2.451 hm) galt es im Ordesa-Nationalpark auf der Etappe vom Valle de Bujaruelo bis zum Refugio de Góriz zu bewältigen. Alle aufgezeichneten GPS-Tracks können frei zugänglich bei Outdooractive eingesehen werden:

    https://www.outdooractive.com/de/member/santa-m…

    Meine Armbanduhr bescheinigte mir an Wandertagen einen Kalorienumsatz, der sich meist in einem Bereich zwischen 3.500 und 4.500 kcal bewegte. Der höchste Umsatz von fast 5.000 Kalorien wurde in den Pyrenäen auf der Etappe von Isaba bis ins Valle de Hecho aufgezeichnet. Diese Werte sind natürlich sehr individuell ermittelt und zudem fehlerhaft, da Veränderungen des Körper- und Rucksackgewichtes bei der Berechnung nicht berücksichtigt wurden. In jedem Fall gelang es mir während der Wanderung trotz Pausentagen nicht, das entstandene Kaloriendefizit auszugleichen, weshalb ich insgesamt ca. 10 Kg Körpergewicht verlor.
    Meine 105 Nächte als Fernwanderer verbrachte ich 42 mal wild campierend im Zelt, 14 mal in Schutzhütten oder Unterständen, 19 mal auf privaten Campingplätzen, 7 mal auf Gemeinde-Campingplätzen, 17 mal in Studio-Appartments oder Ferienwohnungen, 5 mal in Hotelzimmern und einmal in einem bewirtschafteten Refugio.
    Abschließend möchte ich noch kurz auf die entstandenen Reisekosten eingehen, da sich sehr schnell herausstellte, dass auch ein Landstreicherleben in größtmöglicher Bescheidenheit nicht umsonst zu haben ist. Die reisespezifischen Kosten beliefen sich auf insgesamt ca. 3.600 €. Hierbei bleiben einige laufende Kostenpunkte, wie die reguläre Krankenversicherung und Mobilfunkgebühren unberücksichtigt. Auch Ausrüstungsgegenstände sind in dieser Bilanz kaum enthalten, da ich -mit Ausnahme von Schuhen- keine Produkte speziell für diese Reise angeschafft hatte. Einige Kleidungsstücke mussten jedoch während der Wanderung ersetzt werden. Meine Ausgaben während der 106 Reisetage gestalteten sich wie folgt:
    - Lebensmittel, Verbrauchsartikel, Verköstigung: 1.626 €
    - Unterkünfte: 1.052 €
    - Campingplätze: 283 €
    - Schuhe (4 Paar): 410 €
    - Kleidung: 120 €
    - Auslandszusatzkrankenversicherung: 106 €

    Hieraus ergibt sich ein durchschnittlicher Tagessatz von ca. 34 €. Da die Rückfahrkosten bisher nicht mit einberechnet wurden, müsste man den Tagessatz allerdings noch um ca. 1 € anheben. -Die ursprünglich geplante Rückfahrt mit Überland- und Fernbussen von Pont de Suert via Barcelona nach Niedersachsen kostet derzeit ca. 110 €.

    Meldet Euch gern, falls ich Euch mit weiteren Infos behilflich sein kann!
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