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  • Day 17

    Rocamadour - sich ständig neu erfinden

    September 17, 2022 in France ⋅ 🌙 16 °C

    Rocamadour sei im Mittelalter einer der vier wichtigsten Wallfahrtsorte der (damaligen) Welt gewesen, neben Jerusalem, Rom und Santiago de Compostela. Etwas nüchtern betrachtet, könnte man dies als Erfolg im damaligen Geschäftsmodell werten. Denn gewiss, die Pilgerei war - religiöse Motivation hin oder her - ein respektabler Geschäftszweig. Von den Hospizen über die Gaststätten, Handwerksbetriebe, kirchlichen Institutionen und Wegelagerer bis zu den Bienenzüchtern haben sie davon gelebt. Ja, letztere seien oft neben den Hospizen gewesen, weil deren Honig zur Pflege - insbesondere der wunden Füsse - verwendet worden sei. Die Pilgerei war zweifellos der Tourismus der damaligen Zeit.

    Mit dem hundertjährigen Krieg, der Reformation und schließlich der französischen Revolution wurde der Ort mehrfach verwüstet bzw. wurden die meisten religiösen Einrichtungen im Ort geschleift. Die Leute waren dankbar um das Baumaterial, das gleich für die nächsten Häuser verwendet werden konnte.

    Im 19.Jh hätte ein schwer kranker (und reicher) Pariser Priester, der hier eine wundertätige Heilung erfahren habe, den Anstoss gegeben und die Finanzmittel eingebracht, um Rocamadour als Wallfahrtsziel wieder zu beleben.

    Im Rahmen der "journées du patrimoine" hatten wir Gelegenheit, eine ausgezeichnete Führung durch das "Schloss" von Rocamadour, seinen Garten und die geheime Treppe zwischen Schloss und Sanctuaire zu erhalten. Was nach Aussen einigermaßen renoviert erscheint, ist im Inneren in marodem und desolatem Zustand. Deshalb hat die Diözese nun ein Renovationsprojekt gestartet; mit jungen Freiwilligen, mit Begegnungs- und Informationsveranstaltungen sollen Mittel und Nachnutzungs-Ideen zusammengetragen werden. Eine gute und glaubwürdige Initiative; und für uns - nach unserem halbjährigen Einsatz in Schloss Blumenfeld - ein kleines déjà-vu.
    Das abendliche Konzert des jungen Vokalensembles der Sinfonietta Garonna (Toulouse) im Schlossgarten war ein passender Hörgenuss zum Abschluss dieses überraschenden Tages.

    Fazit: Rocamadour ist, bei aller Distanz zum katholischen Geschäftsmodell, auf jeden Fall eine Reise wert, nur schon der spektakulären Lage und seiner Geschichte wegen. Und der Campingplatz von l'Hospitalet, oberhalb der Falaise ist unbedingt zu empfehlen.
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