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- Dia 33
- domingo, 1 de outubro de 2023 21:00
- 🌙 20 °C
- Altitude: 4 m
AlbâniaShkodra42°4’10” N 19°29’40” E
Ambivalente Gefühle in Shkodër-Skodra

Zum Einen liegt es mitunter an Äußerlichkeiten: die Anfahrt zum Stellplatz Camping Windmill führt durch schmale Gassen in ein Aussenquartier, am Ende durch unschöne und beklemmende Stapel kaputter Autos, wohl Ersatzteillager und Autofriedhof in Einem. Der Camping dahinter ist dann wieder freundlich, die Hühner und Hasen kommen bis zum Bus.
Zum Andern liegt es wohl an unterschwelligen Faktoren und geschichtlicher Prägung. Shkodra ist Universitätsstadt, kultureller Schmelztiegel - und während der kommunistischen Diktatur war der Ort mit seinen zahlreichen Verhör- und Gefängnis-Einrichtungen überregional bedeutsam.
Neben Tirana's "Haus der Blätter" steht hier das einzige Zeugnis einer Bemühung um Aufarbeitung der brutalen und verstörenden Geschichte Albaniens. Das "Site of Witness and Memory" ist ein unbequemer Ort der Erinnerung. Hier wird erlebbar, was die zunehmend paranoide und isolationistische Diktatur des Kommunisten Enver Hoxha für das albanische Volk bedeutete.
(Unmittelbar nach dem erfolgreichen Befreiungskampf der Partisanenarmee gegen das faschistische Deutschland setzte sich 1944 eine schliesslich ebenso gewaltsame Diktatur - bloss unter umgekehrten Vorzeichen - fest. Nach dem Fall der Berliner Mauer bzw. dem Zerfall der Sowjetunion konnte sich auch in Albanien das diktatorische Regime nicht mer lange halten (1992).
Bis allerdings der Geist des Misstrauens, der gegenseitigen Bespitzelung und der Denunziation gänzlich überwunden ist, braucht es aber wohl Generationen.
Der Direktor des albanischen 'Instituts zur Aufarbeitung der Gräuel während der kommunistischen Diktatur' habe 2019 seinerseits politisches Asyl in der Schweiz beantragt, nachdem er mehrfache Morddrohungen erhalten hätte. Solcher Sachverhalt spricht Bände.
Umso mehr gilt es den Slogan des "Site of Witness and Memory" zu beherzigen und aktiv an der Vergangenheitsbewältigung zu arbeiten: "Don't forget to remember." Auf dass Solches nie wieder geschehe.
Jüngst hatte ich zwei Bücher junger albanischer Autoren gelesen. Beide beschreiben auf hoch eindrückliche Weise, was das Aufwachsen in derart schwierigen Verhältnissen für junge Menschen bedeutet. Unbedingte Empfehlung.
Lea Ypi, Frei - Erwachsenwerden am Ende der Geschichte
Ermal Meta, Morgen und für immer, Hanser VerlagLeia mais
ViajanteDen Autor Ismail Kadare, alle seine Bücher und speziell "Der zerrissene April" können wir auch empfehlen.
ViajanteIch habe mich in Albanien bewußt nicht mit der brutalen Geschichte auseinandergesetzt, wollte bei der erstmaligen Durchquerung einfach nur die Natur und Landschaft auf mich wirken lassen. Werde die Buchempfehlungen für den Winter nutzen.
openendDas geht uns ganz ähnlich. Darum vielen Dank für deine Ausführungen, Christoph