• Le Palais Idéal du Facteur Cheval

    5–6 нояб. 2024, Франция ⋅ ☁️ 18 °C

    Der Dorfbevölkerung von Hauterives galt er zu seiner Zeit als Sonderling, als Spinner. Das heutige Hauterives hat den Spiess umgedreht und den "Facteur Cheval" zum Schlüsselbegriff des Stadtmarketings gemacht. Die Bäckerei, die "pharmacie", der Erlebnisbauernhof sowie Plätze und Veranstaltungsreihen, sie alle werben mit dem Zusatz "facteur cheval". Das abgelegene Dorf in der beschaulich-sanften Landschaft der "Drôme des collines" hat das Erbe des einstigen Briefträgers erworben und für die jährlich rund 100'000 Besucher eine grosszügiges, einladendes und modernes Ausstellungserlebnis geschaffen.

    Ferdinand Cheval, aufgewachsen in sehr ärmlichen Verhältnisssen, lebte von 1836 bis 1924 in dieser Gegend. Nach der Primarschule erlernte er erst 13-jährig den Bäckerberuf, war dann als Bäcker und später als Landarbeiter tätig, bis er 1867 eine Anstellung als Briefträger im Nachbarort seiner Heimatgemeinde erhielt. Als solcher absolvierte er hier bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1896 eine tägliche Fusstour von über 30km. Die Natureindrücke, die Steine auf dem Weg, aber auch die Postkarten und Titelseiten der Magazine, die er austrug, hätten seine Phantasie ständig neu angeregt.

    Ein besonders schön verwitterter Stein, über den er "gestolpert" sei, wurde zum Auslöser und Schluss-Stein für seinen Palais Idéal, den er über 33 Jahre hinweg in unermüdlicher eigenhändiger Arbeit - häufig nachts bzw in der spärlichen Freizeit - errichtet hat. Mit nichts als Sand, Zement, Kalk und all den gefundenen Flusskieseln, die er mit der hölzernen Schubkarre in seinen Garten brachte.

    Entstanden ist ein phantastisch-bizarres, formenreiches Gesamtkunstwerk von 26m Länge, 14m Breite und 8m Höhe, das als einzigartiges skulpturales Zeugnis der Naiven Kunst (Art Brut) einzustufen sei. Als solches wurde es 1969 zum "monument historique" erklärt.

    Mich hat besonders beeindruckt, was menschliche Tatkraft, gepaart mit Beharrlichkeit und Bescheidenheit zu schaffen vermögen - und welch tiefe Einsichten auch oder gerade einem sogenannt "einfachen Gemüt" möglich sind. Sein Satz jedenfalls wird mich als Postkarte künftig begleiten:
    "Ce n'est pas le temps qui passe. Mais nous."
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