• Santiago de Compostela

    17.–19. Apr. in Spanien ⋅ ☁️ 13 °C

    Wer nur unsere Status-Bilder sieht könnte meinen, wir hätten stets wunderschönes Wetter. Tatsache ist, dass wir in Galizien sind und dass die Aussage bezüglich der sprunghaften Wetterwechsel durchaus zutrifft. Ausser gerade jetzt; momentan ist es zuverlässig und anhaltend kalt und regnerisch. Und die nächsten Tage solls noch schlimmer werden.

    Die Bilder sind stets unbearbeitet und echt. Bloss gibt es halt die Angewohnheit, jedes noch so kurze Schönwetterfenster für eine Aufnahme zu nutzen. Der malerischen Sujets gibt es viele und so entsteht dann der Eindruck, wir hätten stets eitel Sonnenschein.

    Deshalb hier mal einen vertieften Einblick in die andere Realität. Santiago de Compostela bzw das innere Galizien erleben wir gerade in einer andauernden (Stark-)Regenphase: auf Schweizerdeutsch "en schöne Seich". Da heißt es auf die Zähne beissen und die Zuversicht nicht verlieren. Allerdings klage ich da auf sehr hohem Niveau und im Camper-Stübli am Trockenen.
    Ganz anders die unzähligen Pilger, die Einzeln und in Gruppen unterwegs sind, unter bunten Pelerinen und mit farbenfrohen Rucksäcken, plaudernd und singend, denen scheint das Wetter kaum was auszumachen.

    Die Atmosphäre auf dem grossen Platz vor der Kathedrale ist schon sehr eindrücklich und ergreifend. Wie viele persönliche Geschichten und Schicksale da wohl zusammen kommen. Ganz unterschiedliche Gründe mögen jeden einzelnen bewogen haben, ein Stück Pilgerweg unter die Füße zu nehmen. Derzeit sind es auffallend viele Spanier, die ankommen, sehr viele junge Menschen auch. (Es heißt, es sei für junge Spanier vorteilhaft, wenn der "Camino" im CV/Lebenslauf aufgeführt sei. Viele fahren per Bus bis nach Sarria, um von da aus die letzten 115 Kilometer des Jakobswegs zu gehen. Denn im Stempelheft (Credential) müssen die letzten 100km ausgewiesen sein, damit man das Abschluss-Zertifikat als Jakobspilger erhält.)

    Eine grosse Gruppe fiel mir auf wegen der einheitlichen T-Shirts: "wir werden dein Lachen nie vergessen", dazu das Foto einer jungen Spanierin auf zahlreichen Badges. Offensichtlich ein grosser Familien- und Freundeskreis, der zum Gedenken an diese verstorbene Frau den Weg gemeinsam machte. Was für ein starkes Zeichen der Verbundenheit und was für eine - im wörtlichen Sinne - bewegende Erinnerung.

    Ich habe dieser Tage das Buch "zum Glück gelaufen" von Andrea Marie Eisele gelesen. Sie beschreibt ihre ganz persönlichen Erfahrungen auf dem Camino Frances von St.Jean-Pied-de-Port bis Santiago bzw zum Cabo Fisterra. Das sind dann 880 Kilometer und damit schon rein körperlich eine eindrückliche Leistung; mehr aber noch ein starker persönlicher Wandlungsprozess. Ein grosses Streetart-Bild in Ponferrada bringt dies schön zum Ausdruck: no cambio, no mariposa (no change, no butterfly).
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