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- Mar 7, 2025
- 🌩️ 30 °C
- Altitude: 31 m
DR CongoBoma Airport5°51’14” S 13°3’24” E
Tag 190, 176 Km/24408 Km

Am frühen Morgen beginnt er, der Tag an dem ich in die Demokratische Republik Kongo einreisen werde. Es gäbe eine unregelmäßig fahrende Fähre von Cabinda-Stadt nach Angola, aber Nutzen steht leider in keiner Relation zum Aufwand, also kann es eigentlich nur über Land weiter gehen. Wir fahren durch die Innenstadt von Cabinda, optisch keine Augenweide. Die Straßen sind maximal kaputt, Wellblechhütten ziehen sich die Berge hinauf, Müll überall. Es wird portugiesisch gesprochen, was mich im Zusammenspiel mit dem optischen Eindruck der Stadt wieder einmal an ein Armenviertel in Rio de Janeiro erinnert. Auf dem Weg gibt es zig Tankstellen, vor allen lange Schlangen von bis zu 200 Autos. Oft beginnt die Schlange von Fahrzeugen schon weit bevor die Tankstelle überhaupt zu sehen ist. Für Diesel und Benzin wird hier im wahrsten Sinne des Wortes tagelang angestanden, schon morgens schlafen die Leute in den Autos vor den noch nicht geöffneten Tankstellen. Ähnliches Bild vor Geldautomaten, Supermärkten, Getränkehandel.
Es geht zügig zur Grenze, die Seite von Cabinda ist easy und in 20 Minuten erledigt. Man stempelt das Carnet in einem Schuppen, in dem sich Berge von losen Papieren in den Ecken auftürmen.
Dann geht es auf die andere Seite, in die Demokratische Republik Kongo. Die Pässe werden eingesammelt, schließlich auch der Nachweis der Gelbfieberimpfung. Dann geschieht nichts mehr. Stundenlang sitzen wir auf einer Holzbank in der Ecke. Der Chef ist nicht da, er ist der Einzige der den Stempel in den Pass drücken darf. "Wann kommt der Chef?" frage ich. "Bald." die Antwort. Nach zwei Stunden gewährt man uns, das Fahrzeug schon einmal beim Zoll zu deklarieren. Wir sitzen 30 Minuten in einem Zimmer während der Beamte uns Fragen wie "Wieso habt ihr nicht gebetet, bevor ihr den Raum betreten habt" fragt. Die 30 Minuten dienen ausschließlich der Befragung mit irgendwelchen absurden Fragen, schließlich weist er eine seiner Mitarbeiterinnen an, dass wir die Fahrzeuge einführen dürfen.
Es geht zurück zur Polizei, der Chef ist noch nicht da, also warten wir eine weitere Stunde. Schließlich kommt jemand, gekleidet in Zivil zu uns und fragt auf französisch: "Na, schon müde?" Wir sitzen fast vier Stunden auf der Holzbank und wissen nicht, wann es weitergeht und ob überhaupt, also ja, wir sind müde. "Gut, hier eure Pässe, dann dürft ihr jetzt einreisen." Leider nur die halbe Wahrheit, wir müssen noch ins Büro der Gesundheitsbehörde, da liegen seit vier Stunden die Impfnachweise, jetzt muss noch alles von den Impfpässen in ein Buch geschrieben werden. Schließlich dürfen wir weiter, beide Autos an, rückwärts vom Hof, als 5 bewaffnete Polizisten zu uns kommen. "Aussteigen, alles ausräumen, alle Schränke auf, die Autos werden jetzt durchsucht." In der Demokratischen Republik Kongo ist man noch nicht bereit für Touristen und das wird sicherlich auch noch ein paar Generationen dauern. Am mittlerweile späten Mittag dürfen wir dann irgenwann wirklich weiter. Dass mir die schwierigste Prüfung des Tages noch bevorsteht, weiß ich zu dem Zeitpunkt noch nicht.
An der Grenze gibt es auch hier keine Versicherung für Heiner, also geht es ohne weiter.
Die Straße wird zur Piste, Tiefsand und Schlamm wechseln sich ab. Überall Autos mit unzähligen Kanistern, die Diesel über die Grenze von Cabinda schmuggeln. Irgendwann gibt es wieder Asphalt, zeitgleich beginnen die Polizeikontrollen. Wir werden zig mal angehalten, ich muss aussteigen, die Schränke öffnen, den Pass vorzeigen. Wir kommen nach Boma, unserem Tagesziel. An einer unübersichtlichen Kreuzung fahre ich in eine Einbahnstraße, welche nicht durch ein Schild gekennzeichnet ist, sondern dadurch, dass mir ausschließlich Fahrzeuge entgegen kommen. Bevor ich drehen kann, steht ein Polizist an meinem Seitenfenster. Er ist außer sich, schreit mich an, was mir denn einfällt. Kein Argument ist jetzt mehr wirksam. Dann kippt die Stimmung. Er ist der Meinung, wir wären Terroristen. Mehrfach sagt er, er wird uns gleich erschießen, formt mit den Fingern eine Pistole und hält sie sich an den Kopf. Es geht hier nicht um Schmiergeld, dass ist mir mittlerweile klar. Die Situation ist ernst, richtig ernst. Im Kongo gibt es derzeit Krieg und wir wären hier um seine Stadt zu überfallen, so die Annahme. Es eilt eine seiner Kolleginnen herbei aber diese bekommt ihn nicht beruhigt. Plötzlich sagt er, er nimmt uns fest, macht mit seinen Händen die Geste von Handschellen. Er sammelt Pass und Führerschein ein, setzt sich auf ein Motorrad, wir sollen folgen. In Boma gibt es ein großes Polizeirevier, hier halten wir an. Er übergibt unsere Dokumente an seinen Chef, spricht mit ihm in einer mir nicht bekannten Sprache. Dieser kommt nun zu uns und das erste was er tut ist uns anzuweisen ab sofort kein Deutsch mehr untereinander zu sprechen, die Situation entwickelt sich nicht gut. Wir folgen in ein klimatisiertes Büro, in dem der Polizeichef sitzt. Er begrüßt uns immerhin freundlich, sagt dann aber wir sollen schon einmal bei der deutschen Botschaft in Kinshasa anrufen. Die gesamte Konversation läuft auf französisch, keiner der anwesenden Polizisten spricht englisch. Ich erkläre dem Chef, dass ich die Nummer nicht kenne, erzähle darauf los, was wir hier machen, wieso wir da sind und dass nicht einmal klar ist, wieso wir überhaupt festgenommen werden. Der Vorwurf des Terrorismus wiegt schwer, wir könnten Waffen dabei haben - haben wir aber nicht. Er telefoniert nun selber mit der kongolesischen Einwanderungsbehörde, ist die ganze Zeit nicht unfreundlich, wird dann aber plötzlich nett zu uns. Er wünscht, dass wir eine gute Zeit in Boma haben, fragt noch wo wir übernachten. So schnell wie die Stimmung auf der Straße gekippt ist, so schnell entspannt es sich hier. Schließlich dürfen wir gehen, auch wenn ich bis zu diesem Zeitpunkt eigentlich schon mit einer Nacht in der Zelle gerechnet habe.
Mittlerweile ist es fast dunkel als wir die Kirche von Boma ansteuern. Hier lässt man uns die Nacht bleiben, während es plötzlich an zu Gewittern und zu Schütten beginnt.
Ich hatte vor der DR Kongo von Anfang an Respekt, es gibt mannigfaltige Probleme im ganzen Land, Rebellen, autonome Gruppierungen, die jüngsten Geschehnisse im Osten des Landes. Das der erste Tag jedoch gleich so beginnt, damit hatte ich nicht gerechnet. Bis zur Grenze nach Angola sind es noch 120 Kilometer, eine Tagesreise. Sollte alles gut laufen, die Polizei morgen gnädig sein und die Grenze nicht wieder unendlich lange dauern, ist dies die erste und letzte Nacht in der Demokratischen Republik Kongo.Read more
Traveler 🙈😱 gute und problemlose Weiterfahrt nach Angola!
Traveler Was für ein Tag. Viel Glück für die Weiterreise nach Angola. Ich drücke die Daumen.
Traveler Das war wirklich ernst