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- Apr 2, 2024, 11:30 PM
- 🌫 -2 °C
- Altitude: 210 m
SwedenNorra Unnaryd57°35’21” N 13°46’33” E
2. April

Irgendwann um Mitternacht rum hat es angefangen zu regnen, die ganze Nacht durch dann ziemlich heftig. Zumindest dachte ich das dem Geräusch nach. Am Morgen habe ich rund ums Zelt feinsten Graupel, es hat also getäuscht, es ist der angemeldete Winter zurückgekommen. Die Zeitumstellung habe ich für dieses Jahr irgendwie noch nicht begriffen, deswegen stehe ich nach der neuen Zeit, also recht spät auf und rechne es mir immer wieder schön, dass ich ja am Abend länger laufen kann, komischerweise kürzt sich der errechnete Vorteil am Ende aber immer weg. Dabei wird es fast elf, bis ich heute loskomme. Es ist feinster Schneegriesel in der Luft, am Boden ist aber alles weggetaut. Nach den ersten paar Kilometern entlang der Straße biege ich in einen Wald ab und verpasse dabei schon einen kleinen Waldweg, wie ich dann feststelle, weil er gar nicht sichtbar ist. Hier ist wohl vor zehn Jahren mal ein Pfad gewesen, jetzt sehe ich nur eine Menge junger Bäume und Heidekraut, die lange kein menschliches Antlitz gesehen haben. Umso mehr freuen Sie sich über mich, schütteln sich ordentlich, als ich an ihnen vorbeigehe und so dauert es nicht allzu lange und meine Hose und Schuhe, alles ist nass. Da es völlig unwegsam ist, kombiniere ich die ganze Zeit das Nichts mit meiner Karte und versuche, diesem virtuellen Weg irgendwie zu folgen. Glücklicherweise ist meine Hose mit dem Polarfuchs drauf sehr schnelltrocknend und so ist das alles eine halbe Stunde, nachdem ich wieder auf einem Weg bin, wieder vergessen. Der Weg zieht sich um verschiedene Seen herum und dann später auch durch einige Dörfer. Je länger sich der Tag zieht, desto mehr wird auch der Schnee von oben. Ein paar Bauarbeiter am Weg fragen mich, ob ich sicher bin, bis nach Jönköping zu kommen, dort hatte es wohl heute morgen schon sieben bis acht Zentimeter Schnee. Ich sage Ihnen, dass der Schnee für mich sicher kein Hindernis sein wird. Um die Mittagszeit rum sitze ich in einer Bushaltestelle vor einer Schule, telefoniere ein wenig und gucke zwei Kranichen zu. Es ist heute den ganzen Tag irgendwie eine merkwürdige Atmosphäre, hat wohl was mit dem Schnee zu tun. Es ist der erste Tag auf dieser Tour, an dem ich echten Schnee habe, dementsprechend ist es absolut still rundherum, kein Vogel singt und der Schnee als solches schluckt auch fast alle weiteren Geräusche. Immer, wenn der Weg zwischendurch mal an einer Straße entlang geht, muss ich zusehen, dass mich die riesige Wasserfahne, die speziell die LKWs hinter sich herziehen, nicht völlig durchnässt. Am Nachmittag hält ein Autofahrer kurz an und fragt, ob ich in irgendeiner Form Hilfe brauche: Ich erkläre kurz, dass ich zu Fuß unterwegs bin und alles in Ordnung ist. Nur der Form halber erwähnt er noch, dass er gleich im nächsten Ort wohnt, dann fährt er weiter. Als ich einige Zeit später durch das Dorf gehe, ruft er mir von weitem über die Wiese zu, ob ich Lust hätte, auf eine Fika reinzukommen. Da es beste Kaffeezeit ist, nehme ich an und sitze kurz darauf bei Rasmus und seiner Familie mit am Tisch. Wir essen den Kuchen, den er mit den Kindern zusammen gebacken hat. Es ist eine sehr nette, angenehme Unterhaltung, vielen Dank an Euch fünf für diese Einladung. Nach etwa einer oder anderthalb Stunden ziehe ich weiter, da ich heute gefühlt noch eine Ewigkeit vor mir hab. Es wird im Großen und Ganzen der einzige ernstzunehmende Kontakt für heute bleiben, das ist sicher auch dem Wetter geschuldet. Der Weg zieht sich jetzt noch gut 10km weiter durch den Wald und mangels Sitzmöglichkeiten für eine Pause gehe ich irgendwann zu einem Gehöft. Es wirkt verlassen und da der Hauseingang so zugeräumt ist, dass ich dort nicht mal sitzen kann, gehe ich hinter die riesengroße Scheune, weil ich dort eine offene Tür gesehen habe. Der große Raum, den ich innen vorfinde, ist völlig zugemüllt, in der Hauptsache mit Bierflaschen und allem, was man sich in einem ungeordneten Haushalt vorstellen kann. Für mich zur Pause mit einem Dach über dem Kopf taugt es aber alle Male. Für den Abend habe ich mir eine Siedlung ausgeguckt, an der ich nach einer Unterkunft a la Scheune oder Stall fragen will, da mein Zelt vom Morgen noch komplett nass ist und ich bei dem Schnee natürlich keine Möglichkeit hatte, es irgendwie zu trocknen. An einem Haus circa 40m vom Weg entfernt gehe ich gerade die Einfahrt entlang und sehe vom weiten Licht im Haus, ein Auto vor der Tür und dass die Haustür offen steht. All diese Vorteile verknotet mein Hirn gerade zu einem Lächeln im Gesicht, als aus eben dieser offenen Tür zwei große schwarze Rottweiler laut bellend auf mich zugerannt kommen. Mit einem würde ich es ja ganz sicher aufnehmen können nach der immerwährenden Regel von meinem Vater: Bei offenem Maul bis zum Schwanz durchgreifen und dann auf links drehen. Aber zwei… Ich bleibe still stehen und spreche sie an, in der Hoffnung, dass in Kürze das Herrchen genauso laut schreiend hinterher kommt, um sie zurückzupfeifen. Aber Herrchen schläft gerade, wie er mir später sagt und von daher bin ich froh, dass in diesem Fall doch die andere goldene Regel greift, dass bellende Hunde wohl nicht beißen. Der Besitzer braucht dann bald 10 Minuten, bis er die Hunde tatsächlich wieder zurückgerufen hat, weil gehorchen tun sie kein bisschen. Als ich ihn nach der erwähnten Unterkunft frage, hält er es speziell wegen der Hunde für nicht so gut und schickt mich weiter. Es gäbe in ein paar hundert Metern eine Art altes Museum, in dem um diese Jahreszeit wohl auch niemand da ist. Da er mal zehn Jahre lang in Bremen gelebt hat, stellen wir irgendwann fest, dass er auch deutsch spricht und wir unterhalten uns noch ein wenig, bevor ich mit aufgefülltem Wasservorrat abziehe. Das verheißene Gelände ist mit einem dieser alten schönen Holzzäune und einem Holztor umgeben. Es ist ein Wohnhaus und zwei sehr alte, recht flache Häuschen, die erstmal wie ein Stall wirken. Sie sind beide zugänglich und so sehe ich mich in dem ersten um. Es ist ein uraltes Bauernhaus, die Räume und vor allem die Türen sind so niedrig, dass sie mir gerade bis an den Brustkorb reichen. Es ist ausgestattet mit typischen alten Gegenständen wie Holztruhen, Spinnrädern, Werkzeugen und was es alles in so einem Haus früher hatte. Das andere Haus ist scheinbar mal abgebrannt gewesen, deswegen wirkt es relativ neu, ist innen drin deutlich höher und auch der Kamin ist nutzbar, es gibt sogar Strom. Normalerweise bin ich kein Freund von offenen Feuerstellen zum Beispiel bei den Sheltern, aber in diesem Fall mit dem Kamin habe ich meine große Freude, es mir warm zu machen, alles nasse zu trocknen, nebenbei Essen zu kochen und so den Abend hier zu genießen. Ich muss die ganze Zeit daran denken, dass das heute wie ein Jump‘n‘Run-Spiel war: Erst den ganzen Tag durch den Schnee trekken, dann die Hunde besiegen und dadurch öffnet sich mit dem Museum das nächste total faszinierende Level. Als ich zuletzt noch einmal raussehe, schneit es ordentlich und meine Spuren von vorhin sind lange Geschichte…Read more
Traveler
Wie ich sehe, hattest du Erfolg. 😉
Traveler So the snow reached you after all. Hope you are dry and warm. Keep walkin, spring is just round the corner. 😊
Traveler
Na da freuen sich die Kinder, wenn zu Ostern der Nikolaus kommt