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  • Day 73

    "The third left after the mosque"

    December 1, 2019 in Tunisia ⋅ ☀️ 10 °C

    Es ist exakt Mitternacht, als die Fähre mit eineinhalb Stunden Verspätung im Hafen von Tunis anlandet. Die Passagiere, die zuvor noch schlaftrunken in ihren selbst errichteten Ruhelagern quer über die Gänge liegend gedöst hatten, drängen nun plötzlich hoch motiviert von der Laderampe. Sowohl diejenigen ohne, als auch solche mit eigenem Fahrzeug folgen dabei getrost dem Vorsatz, die Ordner mit ihren energisch geschwungen Leuchtstäben zu ignorieren oder aus dem Weg zu hupen. Ich nutze das allgemeine Chaos und schlängele mich durch sich auftuende Lücken, um somit recht zügig an der Pass- und Zollkontrolle anzukommen. Für die Einfuhr des Motorrads muss ich an insgesamt vier Schaltern vorstellig werden, um Stempel und Unterschriften einzuholen. Recht unverblümt werde ich dabei nach Bestechungsgeld gefragt, was ich aber zu meiner eigenen Überraschung in allen Fällen dadurch abwenden kann, dass keiner der Beamten Englisch spricht. Kommt es zu unangenehmen Forderungen, wiederhole ich gebetsmühlenartigen 'Oui oui' mit betont schlechter Aussprache, um mich dann mit fragendem Blick nicht zu rühren, bis der lauterwerdende Mob wartender Passagiere hinter mir den genervten Zöllner zur Aufgabe zwingt.

    Um 1 Uhr nachts verlasse ich mit unreduzierter Menge an Dinar im Geldbeutel den Hafen und trete die 20 minütige Fahrt zur Adresse der jungen Tunesierin Sana an, in deren kleinen Wohnung ich ein Schlafsofa gemietet habe.
    Bevor sie mir jedoch mit ihrer Freundin um 3 Uhr morgens ein typisch tunesisches Gericht kochte, sollte ich in dieser Nacht noch vor zwei Polizeikontrollen flüchten und an einer einstündigen Schnitzeljagd nach einer Wohnung teilnehmen, bei der mich eine angetrunkene 22-Jährige mit ausgeprägter Rechts-Links-Schwäche per Telefon durch das nächtliche Tunis navigiert. Bienvenue en Tunisie!
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