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  • Day 16

    Tag 16: Chheubas - Kharikhola:

    October 12, 2023 in Nepal ⋅ ☁️ 9 °C

    14 km, 410m auf, 910m ab

    Die letzte richtige Wanderetappe war endlich gekommen. Die Sonne schien, es war wieder warm und wir frühstückten auf der kleinen Terrasse mit traumhaften Blick in die Ferne. Heute sollten wir keine allzulange Etappe haben. Lediglich ein Stück über den zweiten Teil des Eselwegs inkl. Baustelle und danach der 900m lange Abstieg zurück nach Kharikula.
    Wir ließen uns also Zeit und gingen gemächlich los. Schnell erreichten wir die Gabelung vor der Bausstelle. Eigentlich war der Weg gesperrt. Auf dem Hinweg pausierten allerdings die Bauarbeiten und so konnten wir ohne Probleme durchhuschen und uns den beschwerlichen Umweg von rund zwei Stunden oberhalb sparen. Allerdings kam uns niemand entgegenen. Wir hörten eine laute Sprengung. Scheinbar waren die Arbeiten in vollem Gange und so sollte es auch sein. Angekommen sahen wir von unten wie der Bagger schwere Steine und Felsteile den Abhang hinunter schob. Neben uns waren noch ca 10 weitere Nepalesen. Es hieß immer, wir sollen warten. Also warteten wir … fast eine Stunde. Die Nepalesen sagten uns, es wäre steil und schmal. Ich fühlte mich nicht wohl. Dann kam das Zeichen, dass die Arbeiten pausieren und sie kletterten los. Wir nahmen links vom Schotterabhang den Weg durch das Dickicht. Dieser Weg war aber verdammt rutschig und steil. Wir zogen uns gegenseitig nach oben und mussten uns teils mit beiden Händen festhalten. Furba bewerkte auf halber Strecke, dass wir nicht weiterkamen. Die andere Strecke am Abhang war auch zu gefährlich. Was nun? Es fing natürlich genau in dem Moment an zu regnen und ich muss sagen: ich war nach längerer Zeit mal wieder bedient. Am letzten Tag begaben wir uns in eine solch unnötige, gefährliche Situation. Langsam stiegen wir wieder ab. Den letzten Teil der Strecke rutschte ich runter, weil es zu steil und unbefestigt war. Wir standen wieder da, wo wir eine Stunde gewartet hatten. Na toll… also den ganzen Weg wieder zurück und nun auch noch die Umgehungsstrecke laufen … wir hatten viel Kraft und insbesondere Zeit verschenkt. Als wir irgendwann die ersten schlammigen Ausläufer der Umgehungsstrecke sahen, fragte ich eine mir entgegenkommende Frau wie der Weg weiter geht. Sie lachte mich aus, denn dieser Weg war der reinste Schlammhorror. Schlamm bis zur Wade und zwar ganze zwei Stunden. Wir stapften, rutschten und keuchten uns den Weg entlang. Immer wieder kamen uns Esel- oder Yakgruppen entgegegen, die genauso wie wir mit dem Anstieg und den Gegebenheiten zu kämpfen hatten. Am Ende des Weges ging es nochmal steil bergab. Die letzten 10 Meter hatten es am Ende nochmal in sich. Ich wollte einen anderen Weg nehmen als David. Denn er endete mit einem Sprung von einem großen Stein. Das wollte ich nicht. Also kletterte ich zwischen lockeren Steinen nach unten. David leitete mich gut durch. Der Weg endete am Fuße der Baustelle und siehe da: Sie war für Fußläufige wieder geöffnet. Wir sahen wie die Leute problemlos durchmarschierten. Was für ein frustrierendes Gefühl. Denn wir waren einfach zur falschen Zeit an der Baustelle angekommen und mussten diesen furchtbaren und teilweise gefährlichen Weg ganz umsonst gehen.
    Am Fuße der Umgehungsstrecke lag dann auch noch ein toter Esel, der ein paar Stunden zuvor von oben abgestürzt sein musste. Deswegen hatte mich David auf dem letzten Stück bewusst weggelotst, sodass ich diesen schrecklichen Anblick nicht sehen musste. Und dafür bin ich ihm mehr als dankbar. Denn David war richtig fertig. Das war einfach alles zu viel. Zwischen Schock, Trauer und Erschöpfung wollten wir einfach nur ankommen. Wir fühlten uns schlecht und gerade auf den letzten Metern unserer so besonderen Reise waren wir ermattet, dass es so Enden sollte. Die Uhr tickte, denn bald wurde es dunkel, unsere Schuhe und Beine waren voller Schlamm und wir hatten Hunger. Also machten wir eine Pause an dem Teehaus mit dem schönen Blick über das ganze Tal. Die Nudelsuppe half - zumindest mir.
    Getrieben vom noch sehr langen Abstieg bildeten sich bei mir plötzlich Flügel der Leichtigkeit. Jeder Schritt ging einfach und ich fühlte mich wieder kraftvoll und sicher mit jedem Schritt. Das gab es - zumindest bei mir - bisher noch nie. David versuchte ich aufzumuntern aber der Tag war mit all den Geschehnissen einfach gelaufen - verständlich. Während ich an den vielen Touris auf der Überholspur vorbeitänzelte, machte sich das pure Gefühl der Freude breit. Egal ob bergauf oder bergab - ich hatte es nun drauf mit dem Wandern. Yes! Auf den letzten 300 Metern vor dem Ziel dann leider das Pech: ein falscher Schritt und ich knickte wieder um. Aua! Humpelnd aber dennoch so richtig beflügelt kam ich unten an. Furba hatte glücklicherweise Kontakt zum Jeep, der uns auf einer Teilstrecke einsammelte. So mussten wir nicht mehr im Dunkeln weiterlaufen bzw. humpeln. Als wir im Jeep saßen schüttete es plötzlich, wie aus Eimern, und nach einer amtlichen Offroad-Fahrt durch die mittlerweile richtig aufgeweichten Strassen, waren wir einfach nur dankbar, als wir endlich (bei Stromausfall)
    im Teehaus ankamen. David und ich umarmten uns - wir hatten es geschafft. Es war vorbei. Im Guten als auch im Schlechten.

    Gesamtstrecke: 176 km, 8.600m auf, 8.730m ab
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