• Ein Ort, ganz nach unserem Geschmack

    April 4, 2023 in Italy ⋅ ☀️ 14 °C

    Heute wirkt das Städtchen Lipari mit den 5500 Einwohner ganz anders als gestern noch. Es scheint die Sonne, der Himmel ist blau. Also hoch zum Burgberg mit der Kathedrale San Bartolomeo. Im Süden die Bucht Marina Corta und im Norden findet sich Marina Lunga. Der Fels mit der Burg ragt imposant über die Häuser der Stadt empor. Die massive und beeindruckende Festungsmauer ist umgeben von einen bunten Gassengewirr mit Läden, Restaurants, Wohnungen, die Wäsche flattert über die Köpfe hinweg. Überall stehen Blumentöpfe dekorativ in den gepflegten und sauberen Sträßchen. Der Burgberg liegt nahe unserem Domizil, so dass wir nur wenige Minuten hoch brauchen. Oben aber halten wir uns fast drei Stunden auf. Der Grund: Die ehemalige Festung beherbergt das Archäologische Museum der Äolischen Inseln mit Funden von der Inselgruppe. Eine Sammlung prähistorischer Keramiken zeigt, wie lange die Inseln schon besiedelt sind. Dem gegenüber braucht sich die Sammlung griechischer und römischer Artefakte nicht zu verstecken. Besonders beeindruckend sind die alten Sarkophage aus eben diesen Zeiten, von denen sich zahlreiche auch im Außengelände befinden. Später haben wir noch das nahe gelegene Ausgrabungsgelände in der Stadt besucht, auf dem seit 1908 bis heute gegraben wird und viele der Sarkophage stammen. Es ist derzeit aber geschlossen. Nur waren ein paar Arbeiter zugange, die auf einem dort gelegenen Kinderspielplatz ein Spielgerät aufbauten. Schön zu beobachten, wie vier Leute mehr diskutieren, wie das Gerät aufzubauen ist, als es tatsächlich errichten. Und ein Gatter in der Umzäunung zu dem archäologischen Gelände war wegen der Arbeiter offen. Gelegenheit über die Ausgrabungsstätte zu streifen, ohne dass es jemanden störte.
    Generell fällt uns auf, dass die Sizilianer viel gelassener sind als wir. Auch im Straßenverkehr. Die chaotische Fahrweise funktioniert nur deshalb, weil keiner auf seinem Recht besteht. Will man die Straße überqueren, ist es fast normal, dass einer hält und uns passieren lässt. Zebrastreifen spielen keine Rolle. Das mag im Berufsverkehr in Palermo anders sein, aber außerhalb funktioniert es. Nur wenn gehupt wird, heißt es stehen bleiben. Das bedeutet nämlich ich fahre jetzt, nichts anderes. Da merkt man schnell den Unterschied zwischen deutschen Autofahrern und italienischen. Hier in Sizilien ist das Hupen meist nichts Persönliches, es zeigt vielmehr etwas an. Etwa ich fahre jetzt oder überhole, oder Achtung, ich schneide die enge Kurve. Es passiert öfters, dass ich beim Filmen eine enge Straße oder Gasse blockiere, interessiert niemanden, im Auto hinter mir wird geduldig gewartet bis ich fertig bin – auch mal eine halbe Minute. Da hupt niemand. In Deutschland ist Hupen eigentlich immer etwas Persönliches. Weg du Arsch, mach den Platz frei oder fahr endlich, Du Penner. Schon ein gewisser Unterschied.
    Das Städtchen selber, so stelle ich mir Italien vor. Zurzeit ist wenig los. Der tagsüber fast ausgestorbene aber abends recht lebhafte Corso Vittorio Emanuele verbindet die beiden Häfen. Die geschäftige Hauptstraße ist beliebter Treffpunkt. Frei vom Autoverkehr, lädt der Corso zum gemütlichen Bummel ein. Auch die Seitengassen strahlen eine wunderbare südländische Atmosphäre aus. Man ist wieder unter sich, in der Saison natürlich erst am Abend. Dann haben die Tagestouristen die Insel wieder verlassen. Besonders schön ist der alte Hafen Marina Corta mit der kleinen Kirche Anime del Purgatorio, an der Mole gelegen. Hier meint man fast, an einem alten, kleinen Fischerhafen zu sein. Wenn man die Restaurants drum herum mal vernachlässigt. Schön auch, Shops mit Touristenware sind nicht allzu zahlreich, dafür finden sich nicht wenige mit Handarbeitsware. Sei es Schmuck, Keramik oder Arbeiten mit dem vulkanischen Glas Obsidian, das sich hier auf den Inseln findet. Ein schönes Stück musste später natürlich mit.
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