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  • Day 24

    Spaziergang

    May 14, 2019 in France ⋅ 18 °C

    T5, Tag 24, WT 20:
    Saint-Germain-du-Puch (Église Saint-Germain) - Sadirac, 15,8 km, H260, A210, reine Gehzeit 3:09, Dienstag, 14.5.2019

    Stefans Frühstück war fein, aber eben Französisch, er gab sich alle Mühe. Dennoch, so ein amerikanisches Morgenmahl mit Eiern und Speck wäre halt was genaues gewesen. Es spendet viel Energie und ist insofern immer meine erste Wahl für einen Wandertag.

    Die Nachtruhe war herrlich, für den Tag waren wir mental gut gerüstet, wobei das gar nicht nötig war, denn heute hatten wir ja nur noch die knapp sechzehn Kilometer von der Église Saint-Germain in Saint-Germain-du-Puch nach Hollywood in Sadirac zu schließen, ein entspannter Spaziergang.

    Voller Vorfreude ließen wir uns von Stefan an der Kirche in Saint-Germain-du-Puch, so gegen zehn, absetzen.
    Die Vorstellung, dass wir heute nur drei Stunden gehen würden und das bei bestem Kaiserwetter, machte uns schon beinahe euphorisch. Gegen zwei Nachmittags wollten wir zurück sein, uns am Pool entspannen, und den morgigen Urlaubstag langsam einläuten.

    Wir folgten der „Route du Grand Puch“ dorfauswärts, keine Spur mehr von Einsamkeit.
    Hier gab es viel zu glotzen, die Häuser der Landbevölkerung mit Ihren Gärten, landwirtschaftliche Anbauflächen und natürlich, immer wieder Weinberge.

    Nach zwei Kilometern entdeckten wir das beeindruckende „Château du Grand Puch“.
    Ein charaktervolles Anwesen, das sicherlich eine Besichtigung wert gewesen wäre, wenn wir nichts wichtiges zu tun gehabt hätten, der Pool wartete.
    Das Château bestand aus einem Schloss aus dem dreizehnten-, und Weinkellern aus dem neunzehnten Jahrhundert, einem Gehege, einer Orangerie und natürlich seinen umliegenden Weinbergen. Den erzeugten Wein gibt es laut Google bereits ab fünf Euro, also im Gegensatz zum Château nix besonderes.
    Vermutlich wird hier zusätzlich auch noch Landwirtschaft auf den nahegelegenen Äckern betrieben. Wie auch immer, wir werden es nie erfahren, zu sehr hatten wir unser Ziel vor Augen.

    Immer wieder kamen wir an Vorgärten mit großen Palmen vorbei, was unsere Euphorie bei strahlendem Sonnenschein zusätzlich beflügelte.
    Ständig entdeckten wir am Horizont alte Weingüter, spannende sechzehn Kilometer, die Zeit verging wie im Fluge.

    Nach gut zwölf Kilometern, an einem schönen Feldweg gelegen, das nächste Château, das weitläufige „Chateau Tustal“, es war riesig und erinnerte eigentlich mehr an ein Fort in Alleinlage, sein Zustand war allerdings erbärmlich.
    Keine Ahnung, ob es noch bewirtschaftet wurde, es machte weniger den Eindruck.
    Der älteste Teil des Ensembles stammte aus dem 17. Jahrhundert. Es bestand aus zahlreichen Gebäuden, die um zwei riesige, rechteckige Innenhöfe angeordnet waren und von Wirtschaftsgebäuden abgeschlossen wurden. Die umliegenden Schlossgärten waren brachliegend verwaist und sich selbst überlassen. Überhaupt machte es, wie schon erwähnt, einen sehr ungepflegten Eindruck und erinnerte fast schon an eine Ruine, war aber noch keine. Auch fanden wir keine Weinberge in unmittelbarer Umgebung, sondern nur Ackerflächen.
    In einem offenen, dunklen und großen Raum, vergleichbar mit einer bayerischen Bauernscheune, von der Außenmauer über ein geöffnetes Tor zugänglich, entdeckten wir einen alten- ungepflegten Franzosen in Arbeitsklamotten der uns beim Vorbeigehen in seiner Sprache anquatschte.
    Er sprach vielleicht zehn Wörter Englisch und wir an die fünf Französisch. Dennoch kam mit Hand, Fuß und Google ein Dialog zu Stande. Wir hatten den Eindruck, dass sich der Opi nach einem Gespräch sehnte, vermutlich war er einsam. Auch ihm erzählten wir von unserer Wanderung, er hing uns an den Lippen. Wir hatten den Eindruck, dass er der heruntergekommene Eigentümer des Schlosses war, was man rein optisch nicht vermuten würde. Aber seine Schilderungen über das riesige, kaum zu erhaltende Schloss, ein Finanzgrab, und sein ganzer damit einhergehender Frust waren so detailreich, dass er es vermutlich war.

    Wie auch immer, in jedem Fall war die Wiese neben dem Schloss ein schöner Platz für eine Rast. Wir legten uns hinein, lauschten den Insekten, ließen uns bei zwanzig Grad die Sonne ruf den Pelz brennen und dösten vor und hin.

    Gegen zwei waren wir wieder in Hollywood, allein, ganz Hollywood gehörte uns.
    Nach einer ausführlichen Gartenerkundung, er war herrlich angelegt, erwarteten uns die Poolliegen und ließen uns für den Nachmittag nicht mehr aus ihren Fängen. Nur Marion konnte sich befreien und wollte testen ob ihr Herz-Kreislaufsystem immer noch in der Lage war, 14 Grad Wassertemperatur zu verarbeiten, war es.

    Dieser Nachmittag fühlte sich an wie ein freier Tag und „verlängerte“ unseren für morgen geplanten Urlaub gefühlt um den Faktor zwei.

    Abends wollten wir diesen wunderschönen Tag dann noch mit einem feierlichen Dinner abrunden. Stefan fuhr uns dafür nach „Créon“, einer schönen alten Stadt mit einem entsprechendem Platz in der Mitte und fast fünftausend Franzosen irgedwo hier.
    Wir schlenderten unter den Arkaden der Stadthäuser am Rande des Platzes, entdeckten den einen- oder anderen Laden und fanden schließlich das geeignete Restaurant um diesem schönen Tag einen nicht minder schönen Abend hinzuzufügen, das „Chez Titut“. Das Essen, fast wie immer unglaublich lecker, kreativ und französisch fein.

    Ein Taxi brachte uns wieder nach Hollywood, unserem temporären zu Hause.

    Morgen haben wir Großes vor. Wir freuen uns schon auf einen ganzen Tag Urlaub im berühmten Bordeaux.

    Wir sind gespannt, was uns dort erwartet.
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