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  • Day 34

    Baskenland

    May 24, 2019 in France ⋅ 🌧 17 °C

    T5, Tag 354, WT 28:
    Moliets-et-Maa - Capbreton (26,9 km, H160, A170) reine Gehzeit 6:11, Freitag, 24.5.2019

    Schweren Herzens und mit müden Beinen verabschiedeten wir uns vom „Logis Hôtel le Grill de l'Océan“, unserer tollen Wanderherberge. Drei Minuten später standen wir wieder am gigantischen Strand, diesmal mit Marion. Nichts hat sich seit gestern geändert, es war weiterhin atemberaubend, das Spektakel begann erneut.

    Unser heutiges Ziel war Capbreton, „Département Landes“, Region „Nouvelle-Aquitaine“, für die geografisch besonders Interessierten. Wie- und ob wir die gut neuntausend Einwohner aushalten würden wussten wir noch nicht. Bis dahin aber, die kommenden sechsundzwanzig Kilometer, gab es für uns, bis auf eine Flussmündung die es wieder zu umgehen galt, nur den Strand und das ohrenbetäubende Getöse des Atlantischen Ozeans.
    Menschen gab es auch heute keine, nirgends, was in der Hochsaison sicherlich anders wäre, jetzt aber war Mai.
    Vermutlich wären sie selbst in der Hochsaison nur geballt an den Strandaufgängen zu finden, denn bei den vielen Kilometer dazwischen gibt es, durch die dichte Vegetation hinter den Stranddünen, vom Strand kein Entkommen.
    Wie auch immer, es war schön hier im Mai unter uns zu sein, obwohl es für ein Bad im Atlantik viel zu kalt war.

    Das Gehen selbst ging heute besser als gestern, der Sand an der auslaufenden Gischt war heute fester, warum auch immer. Dennoch war es deutlich anstrengender als ein normaler Wanderweg.
    Das Spektakel war so gewaltig wie gestern, es faszinierte uns bis ins Innerste unserer Seelen, wir waren sprachlos, jeder für sich.

    Mit dem achten Kilometer störten eine Handvoll kleiner Häuser das ansonsten blütenreine Spektakel, eigentlich waren es mehr Baracken. Es war der vom Strand aus sichtbare Teil von „Vieux-Boucau-les-Bains“, ein kleiner Touristenort.
    Die Strandkneipe „La Frégate“ war der perfekte Ort für unsere wohlverdiente Pause, die Wahl fiel uns nicht schwer, es war die Einzige offene Kneipe und dazu noch direkt am Strand, perfekter ging es nicht, wir waren die einzigen Gäste.
    Der winzige Ort selbst war zu dieser Jahreszeit ausgestorben, nichts war geöffnet.
    „Vieux-Boucau-les-Bains“, zählt angeblich eintausendsechshundert permanente Einwohner, was ich für ziemlich ambitioniert halte, da wir maximal zehn davon erspähen konnten. Google behauptet, dass hier, während der Saison von Ende Mai bis September, bis zu vierzigtausend Urlauber die Sonne anbeten, sofern sie denn scheint, unvorstellbar.

    Wir saßen auf der Terrasse mit dem „Arsch“ über dem Atlantik und genossen Cappuccino und Cola Light, dazu ein paar Snacks. Rahul pflegte seine Blasen an den Füßen die für ihn immer mehr zum schmerzhaften Ärgernis wurden.
    Zweihundert Meter hinter der Kneipe, weiter den Strand entlang, mündet die „Courant de Soustons“ ins Meer. Sie verbindet ein Geflecht von Seen und Tümpeln hinter der Düne.
    Einmal mehr mussten wir den Strand kurzzeitig zu verlassen, um mit Hilfe der einzigen Brücke weit und breit das verdammte Gewässer zu überwinden. Drei Kilometer weiter würden wir dann unsere Strand wiedersehen.
    Bis dahin führte uns der kleine Weg erst einmal hinter die Dünen, durch eine ungewöhnliche- und von Natur geprägte Fluss- und Seenlandschaft. Das seit zwei Tagen tosende Meer wurde von der hier herrschenden Stille erstickt. Es fühlte sich an, als ob wir nach zwei Tagen den Rand einer vielbefahrenen Autobahn verließen. Das "Dröhnen" der „Autos“ saß noch lange in unseren Ohren. Erst langsam fokussierten sie sich auf die neuen Kleinigkeiten, Vogelgezwitscher hier und dort.
    Mit dem zwölften Kilometer hatte uns die „Autobahn“ wieder. Bis nach „Capbreton“ waren es weitere zwölf Kilometer feinsten Sandes.

    Mit dem dreiundzwanzigsten Kilometer, nach einer kurzen Strandpause und mit reichlich müden Beinen, zeichnete sich in der Ferne, am Horizont, eine kleine Ansammlung größerer Gebäude ab.
    Sie waren irgendwie anders, die Farben typisch baskisch und sie hatten eigenartige Dächer. Wir hatten es geschafft, es war „Capbreton“, wir betraten damit den Französischen Teil des Baskenlandes. Ich muss gestehen, ich war etwas überwältigt, zu Fuß von Hamburg ins Baskenland, was für ein Moment.

    Wir kehrten dem Strand den Rücken und verfingen uns in den Fängen seiner neuntausend Einwohner und ihrer reichlich vorhandenen Autos und Mopeds. Bis zu unserem Hotel, dem „Hotel du Cap“ waren noch rund zwei Kilometer zu latschen.
    Nach dem Strand-Flash der letzten beiden Tage waren die alles Andere als angenehm. Der Ort selbst wird sicherlich keinen Eintrag bei der UNESCO bekommen. Einziges „Highlight“, wenn man es überhaupt so nennen konnte, war die Marina. Sie bescherte uns jedoch andererseits auch mindestens einen Kilometer Umweg, was jede aufkeimende Sympathie in uns erstickte.
    Müde standen wir nach über sechs Stunden endlich vor dem Tresen der überaus unfreundlichen Empfangsdame, ein Meisterwerk der Lustlosigkeit. Wir hatten alle Mühe die in uns aufkeimende Aggression gegen sie zu zügeln. Überhaupt war das Hotel dermaßen enttäuschend, dass wir es in Erwägung zogen uns ein anderes zu suchen, aber dazu waren wir bereits viel zu Müde.
    Die Fotos die dieses Hotel ins Internet stellte, waren ein Musterbeispiel der Blendung, es war unglaublich. Vermeintlich direkt an der Marina gelegen wurde die laute und vielbefahrene Straße dazwischen einfach „wegfotografiert“. Und die vermeintliche Terrasse hin zur Marina entpuppte sich als riesiger kahler „Wintergarten“. Hier hätte es bei dem Krach auch keiner ausgehalten. Und dazu noch die völlig bocklose Dame hinter dem Tresen. Egal, Schlüssel her und Duschen.
    Eine Stunde später saßen wir bereits im „Keep it West - Bar & BBQ“ und verdrückten Burger und Pommes, eine hervorragende Wahl.
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