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  • Day 76

    Ein Tag voller Emotionen

    October 25, 2022 in India ⋅ ☀️ 32 °C

    (Triggerwarnung: das letzte Bild zeigt ein öffentliches Krematorium...)

    Die gestrige Feier hat uns alle in eine Hochstimmung versetzt.
    Was heute Vormittag folgte war ein tiefer Fall in die harte Realität. Sowohl im täglichen Leben auf den Straßen in Indien, als auch unser aller Leben das einmal enden wird. Wir besuchten ein öffentliches Krematorium. Diesen Einäscherungsplatz suchen viele Menschen aus Indien auf, denn er gilt als einer der heiligsten unter den heiligen Flussufern am Ganges.
    Auf dem Weg dorthin blies der Wind uns Aschewolken entgegen. Je näher wir kamen umso lauter wurde das knacken brennender Feuerstellen.
    Auf Bambusbahren werden leblose Körper herangetragen und sind dabei in goldene, orangene, weiße und rote Tücher gewickelt.
    Leichen verbrennen direkt am Ufer des Ganges, während die Seelen der Verstorbenen ins Moksha (die Befreiung von allem Materiellen, vergleichbar mit dem buddhistischem Nirwana) gleiten.
    So bizarr dieser Anblick war - für die Hindus ist diese letzte Reise dieser Tag - der glücklichste, weil garantiert der letzte.
    Es heißt, dass an den Ghats von Varanasi der Kreislauf der Wiedergeburt endet und wer hier stirbt, verbrannt und anschließend dem Ganges übergeben wird erreicht Moksha auf direktem Weg.
    Es ist ein merkwürdiges Schauspiel.
    Wir, die gestern noch fröhlich das Hier und Jetzt gefeiert haben, blicken dem Tod an diesem Ort in ein uns bisher fremdes Gesicht.
    Um diesen Anblick zu verdauen brachte unser Guide uns in den bekannten 'Blue Lassi Shop' von Varanasi. Hier soll es den cremigsten Lassi des Landes geben.
    Und es war wahrscheinlich auch der leckerste, den wir bisher getrunken haben, hatte aber dennoch einen komischen Beigeschmack. Vor allem, wenn dürre Männer einen weiteren Leichnam durch die Gasse trugen.
    Davon mussten wir uns erstmal erholen. Aber die nächste Realitätsklatsche erwischte uns auf dem Weg in unser Hostel. Eine der seeehr vielen obdachlosen Familien lebte nicht weit entfernt von uns am Straßenrand. So viele Straßenkinder man hier auch sieht, man kann sich an diesen Anblick nicht gewöhnen und es bricht einem jedes mal das Herz wenn sie uns ihre schmutzigen kleinen Hände entgegen strecken und dann zum Mund führen.
    Eine Mitreisende schenkte ihnen Kleidung - ein Bild von aufgeregten, verzweifelten, hilflosen Kinder die in Sekunden immer mehr wurden und aus allen Richtungen kamen zerrten an den Klamotten. Tränen schossen uns in die Augen. Eigentlich sollten wir uns beeilen, um den nächsten Nachtzug zu erwischen, aber Nina und ich haben auf die Schnelle unsere Fahrtsnacks und ein bisschen Geld gezückt und damit den nächsten Kampf ums Überleben entflammt. In ihrer Not rissen die Kinder mir die Scheine aus der Hand und zerissen sie leider dabei auch.
    Die Nüsse und Chips die Nina in der Hand hielt, verschwanden in der Kinderscharr um uns herum.
    Es war pure Hoffnungslosigkeit auf allen Seiten! Es war schrecklich, es war unfair, es war trauriges Leid und wahrscheinlich lernten wir das Gefühl von Reue kennen...

    .. Im Nachtzug, empfing uns eine herzliche Familie. Glücklicherweise hatten wir wieder dieselbe "Kabine" erwischt und haben uns diesmal die 6 Betten mit nur 11 anderen geteilt. Die ersten Stunden der Fahrt verbrachten wir im unteren Teil und wurden zum Abendessen eingeladen. Diese Gastfreundschaft, welche wir seit unserer Reise erfahren haben, möchten wir ganz besonders hervorheben. Denn sie ist das Gegenteil von all den "Indien-Grusel-Geschichten".
    Wir lernten sehr viel über den Hinduismus, die Kultur und Geschichte und haben uns so glücklich geschätzt um diese wirklich schöne Erfahrung nach so einem emotionalem Tag.

    !!!Best News!!!
    Was uns besonders berührt und uns am glücklichsten gemacht hat war die Geburt unserer Nichte Ella! ❤️
    An solchen Tagen, zu solchen Ereignissen wünscht man sich besonders zurück in die "Heimat" und die Nähe zur Familie. Es wird zu einer Herausforderung mit so vielen Eindrücken und Emotionen den richtigen Umgang zu finden.
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