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  • Day 10

    Go-Shop-Ping

    August 25, 2019 in China ⋅ ⛅ 35 °C

    Aus-schla-fen, Aus-schla-fen... Revolte! Jetzt habe ich die Kinder in den letzten Tagen so arg herumgescheucht, dass sie für Heute geschlossen einen Aktivitätsstopp ausgerufen haben, ein Weiterwandern wird schlichtweg verweigert. Haha, richtig so!
    Die Option für Heute wäre der Südteil des Parks gewesen, Hiken im Talboden, diesmal mit Blick nach oben, immer einen Fluss entlang mit höchst wahrscheinlichem Affenkontakt. Aufgrund von mehr als 500 Schritten vermutlich auch nahezu Chinesenfrei - und Heute wohl auch Deutschefrei.

    Fynns Backe sieht auch nicht wirklich besser aus, eher dicker, wir müssen da etwas unternehmen.
    Also sieht der Plan für heute so aus: Erst Apotheke oder Healthcenter, dann frühstücken in einer kleinen Butze um die Ecke, dann mal sehen.

    Tatsächlich finden wir in unserem Kiez ein Healthcenter. Zwei engagierte Damen untersuchen Fynn und stellen Fragen. Sie bestätigen unseren Verdacht auf Kiefergelenksentzündung und schließen die Zähne aus. Die Kommunikation beiderseits erfolgt routiniert über Googleübersetzer und mit Händen und Füßen und klappt hervorragend. Fynn bekommt zwei Medikamente, ein pflanzliches und einen Entzündungshemmer. Beim Frühstückmittagessen übersetzen wir die Beipackzettel noch, bevor die Tabletten geschluckt werden. Die Übersetzungsapp funktioniert hier hervorragend. Die Tabletten scheinen gut zu passen und Fynn beginnt die Therapie.

    Er möchte dann zurück ins Hotel ausruhen und freut sich, dass Nele bei ihm bleibt. Wir vereinbaren, dass sie bei Hunger bitte nur in ein Resto im engeren Radius vom Hotel gehen und dann gleich wieder auf‘s Zimmer. Nach etwas anderem scheint den beiden eh nicht zumute zu sein, übersetzt bedeutet das: sie wollen einfach mal wieder nur so richtig am Stück zocken und sich dabei erholen...
    Laura und ich wollen lieber in die Stadt losstapfen und schauen mal, was wir dabei so sehen, entdecken und erleben und ein bisserl was shoppen wäre auch mal ganz nett. Nach dem Frühstück gehen die Grüppchen ihrer Wege.
    Mit Laura tauche ich ziellos in die nahen, kleinen Gassen zur Forosafari ein. Das können wir gut zusammen. Geld brauchen wir auch wieder, China ist nicht billig. Zum Geldzapfen mit Kreditkarte braucht es wieder eine Bank of China, die befindet sich auf der anderen Seite des Flusses in der eigentlichen City, also doch ein Ziel.

    Auf unserem Zickzackkurs gibt es wirklich viel zu entdecken. Wir sehen die ruhigen Wohnstraßen, ihre Menschen, die vergitterten Fenster der Mehrfamilien-Betonhäuser, Hinterhöfe, Kabelsalate, ratschende Weiber, wehende Wäsche, offene Wohnzimmer, Kindergärten, räudige Hunde, alte Besen, trocknendes Gemüse, und und und... Alltag kann auch mal spannend sein, wenn auch nicht spektakulär.
    Da Sonntag ist, haben kaum Geschäfte geöffnet.

    Wir nähern uns einer großen Straße und sehen eine Mall. Eine unserer Missionen lautet Bauchtasche kaufen. Also gehen wir in den Kasten rein. Die Mall hat offensichtlich erst wenige Tage eröffnet, wenn Läden überhaupt schon eingerichtet sind, dann wird das Warensortiment gerade noch eingeräumt. An anderen Stellen wird noch fleissig fertig gebaut und geputzt. Im zweiten Stock kehren wir achselzuckend wieder um.
    Ein Geschäft mit japanischen Sachen ist immerhin schon offen, Miniso heisst er. Den gleichen Laden gibts auch in Dubai und Kuala Lumpur und er ist super, denn da gibts immer sehr schräges unnützes Nützliches aus Japan in einer sehr eigenen Ästhetik, für uns Wessis ein bisschen wie ein japanisches Konsum-Museum. Dieses Mal kaufe ich mir eine Schlafmaske mit Gel drin.

    Wir werden in unserer Bauchtaschen Mission nicht fündig, stattdessen entern wir einen sehr großen Supermarkt im Basement, für uns wieder wie ein Museum, für den Grafiker in mir, ein fernöstliches Designmuseum für Verpackungen, viel Inspiration und Kuriositäten. Das Verpackungsdesign ist für unsere Ästhetik teilweise schon sehr schrill, teilweise auch sehr schön stylisch, bunt, viel Comicästhetik, aber auch viel Mut zu leeren Flächen und Minimalismus, dazu die grafisch modifizierten chinesischen Schriftzeichen, sehr schön!
    Für den Verbraucher in Laura und mir gibt es schön schräges und exotisches Zeug zu Bestaunen und Essen.
    Die Obst- und Gemüseabteilung ist paradiesisch, wenn man tropische Früchte mag, aber auch ordinäre Äpfel, Pflaumen und Birnen gibt es. Brot und Gebäck sind gelinde gesagt eine Katastrophe, alles aufgefluffter Weizen- und Enzymepampf. Die Snacks sind für unsere Geschmäcker ein wenig gewöhnungsbedürftig, viel mit Fischgeschmack oder Chili. Das Süßigkeitenregal hat auch ungewöhnliche Kreationen im Angebot. Schon Mal Duriankekse probiert oder Cookies mit Grüner Tee Paste, vielleicht ? Am liebsten sind mir aber die vielen Varianten von Oreos in Asien, Erdnuss, Mocca, Orange, am besten schmeckt mir SchwarzWeiss, einfach superlecker, der Zuckerschocker.
    Es ist nicht leicht, den Frühstücksproviant zu shoppen, den wir für Morgen benötigen. Frühstückszeug, wie wir es mögen, gibt es einfach nicht. So nehmen wir viel Obst mit, Croissantplagiate und Milchbrötchenähnliches Gebäck, dazu eine Erdbeeercreme aus der Tube als Marmeladenersatz. Kaffees in Flaschen und gut is.

    Für unseren kleinen Hunger kaufen wir uns weissen Trinkjoghurt und mit Sahne gefülltes Fluffgebäck. Mhmm, lecker. Das verzehren wir draußen auf einer schatttigen Bank und beobachten das Straßenleben.
    Den Fluss überqueren wir auf einer nicht weiter erwähnenswerten Brücke, naja. Auf der anderen Seite erreichen wir die City. Viele Sportgeschäfte, Mobile Shops, Mode- und so Mischmaschläden, immer mit dem gleichen Plunder, aber keine Bauchtaschen. Und viele Chinesen tragen Bauchtaschen.
    Die City ist laut und bunt, trotz E-Scootern, viele Baustellen. Nach ca einem Kilometer endlich die Bank. Geld ist schnell gezogen, wir juckeln weiter uns lassen uns von blinkenden bunten und vielversprechenden Lichtern immer tiefer in die Stadt locken. Auch wenn die Versprechungen tendenziell leer sind, haben wir viel Spaß mitten im Leben dieser kleinen großen Stadt herumzuirren.
    Shoppen, von wegen, Shoppen ist in China ein Fail. Wir hatten uns zuhause die massenhafte Existenz riesiger Läden vorgestellt, mit dem ganzen Made in China Ramsch und noch viel mehr, mit einem unendlichen Angebot von praktischem, kuriosem, kitschigem, asiatischem, nützlichem und unnützen. Stunden könnten die Kinder und ich in diesen Kabinetten verbringen, so wie in den 10-Dirham-Shops in Dubai. Fehlanzeige. Es gibt nur Läden mit hässlichen, spiessigen Klamotten, Souvenir-Emporiums oder diese elenden Malls mit den üblichen repräsentativen westlichen Marken, Tomy Hilfiger, H&M, Timberland, Adidas, der ganze Mist eben, auf internationalem Preisniveau.
    Mao-Devotionalien und Tempelaccessoires, Buddhas, Räucherzeug, etc, haben wir immerhin in Peking entdeckt, bei der verbotenen Stadt und nahe der Tempel. Leider die Ausnahme bisher.
    Na gut, ein paar Kleinigkeiten haben wir dann doch gefunden, Schreibwaren, Taschen, T/Shirts, so was, aber mühsam ist‘s.

    Langsam werden wir müde und hungrig und beschließen, uns auf den Heimweg zu machen.
    Auf dem Weg zur Bushaltestelle erleben wir noch schräge Gesangseinlagen von Nachwuchsstars auf einer glitzernden Bühne, die auf einem Platz mit viel Lichteffekten aufgebaut wurde. Zu schräg für unsere hungrigen Ohren - eine Künstlerin wird auch vorzeitig von der Bühne geschickt, ha ha - weiter zur Busstation. Auf Tafeln werden sechs Linien angezeigt, ihre Strecken und ihre Fahrzeiten, alles auf chinesisch, super.
    Wir lösen das so. Wir suchen auf unserer Map(sMe) die nächste Haltestelle bei unserem Hotel, vergrößern den Namen in Schriftzeichen, machen Screeny und halten den jedem einfahrenden Busfahrer vor die Nase. Der zweite Bus ist schon ein Volltreffer, nur dass wir verpassen, bei der richtigen Haltestelle auszusteigen, so dass wir an der Endhaltestelle am Bahnhofsvorplatz landen. Auch gut, ist ja nicht soo weit weg vom Hotel.
    Eine Fahrt mit dem Bus kostet im gesamten Stadtgebiet zwei Yuan, ca 25 ct pro Person, das Geld dafür steckt man beim Fahrer in den Schlitz einer Sammelbox, fertig, es geht auch einfach. Im Hotel treffen wir auf eine fröhliche, entspannte Nele und einen etwas gedämpften Fynn mit dicker Backe. Zum Essen gehen wir nicht allzu weit vom Hotel.

    Vom chinesischen Essen insgesamt kann man sagen, soweit das jetzt schon möglich ist, dass es komplett anders schmeckt, als man es vom Chinesen bei uns kennt. Mit der gewohnten Speisenkarte hat das nicht viel zu tun, aber die Gerichte gibts teilweise schon auch auf der einen oder anderen Speisekarte, so ist es nicht. Das Land ist einfach so riesig und vielfältig, und so auch seine Küchen.
    Je weiter südlich desto schärfer wirds, das haben wir schon erfahren. Wir haben viel ausprobiert, so viele noch nie zuvor geschmeckte Geschmäcker, manches war super lecker, manches nur interessant. Die einfacheren Restaurants bieten gleichermaßen allesamt im Kern die Spezialitäten ihrer Region an, einmal gibt es viele Hot Pots, dann brutzelnde Eisenpfannen, einmal in Bambus gegarte Gerichte auf den Tisch. Die anderen Gerichte drumherum variieren dann gerne mal und dann wirds oft auch interessant.
    Bei den Straßenküchen ist es ähnlich, lokale Suppenspezialitäten und Schweinereien der Region, meist ist der Stand nur auf ein Gericht spezialisiert, das dann aber in Perfektion. Hygiene wird in diesem sauber gefegten Land sehr wichtig genommen, man kann also davon ausgehen, dass das Geschirr sauber ist und bedenkenlos ausprobiert werden kann. Zumindest haben wir immer noch so viele Immodiums, wie ich mitgenommen hatte.
    In den gehobenen Restaurants gibts dann die wahren Entdeckungen und die hohe Kochkunst, selbst schon in der Präsentation der Gerichte.
    Wer Ausgefallenes sucht, sollte also entweder in den Strassenküchen, am besten an den Märkten, oder in die besseren Restaurants gehen.
    Bullfrogs, Seegurken, Haifischflossen, Schilkröten, Schwalbennester, Hunde, Schlangen, Krustentiere, vergorener Tofu, 1000jährige Eier, im Prinzip alles, was bei Drei nicht auf dem Baum ist, wird angeboten. Riesensalamander war in Zhangjiajie der heisse Scheiss, puh... Wer‘s mag und keine moralischen Bedenken hat oder Würgereiz beim Anblick des Angepriesenen verspürt, bitte sehr. Neugier hat bei mir gewisse Grenzen und die sind in diesem Land schon das eine oder andere Mal durchaus erreicht worden.
    Bei YouTube gibt es sehr witzige Vlogger, die ausschließlich Streetfood der Welt ausprobieren, eine gute mentale Vorbereitung.
    In Peking gibt es die ganze Fresspalette des Landes, man muss die nur erstmal finden. Am besten irgendwo reinsetzen und bestellen, nicht nur in Peking, viel falsch machen kann man eigentlich nicht. Sachen die eklig aussehen, schmecken oft überraschend gut, so manches Hübsches aber auch richtig langweilig, die Chinesen lassen sich beim Essen auf jeden Fall nicht lumpen.
    Ja, ja, Essen, das ist sicher ein Grund, China umfassend und intensiv zu bereisen.

    Im Hotel heisst es dann mal wieder die Rucksäcke reisefertig machen, müde und zufrieden, morgen gehts weiter im Programm. Und so endet ein weiterer besonderer Tag in China.
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