• 6. Mai

    May 6, 2024 in Sweden ⋅ ☁️ 4 °C

    Wir frühstücken spät und lange in der Villa. Dann kommt Jonas noch dazu und bemüht sich um Gaskartuschen aus seinem Fundus, ein paar kleine uralte hat er für alle Fälle. Wir unterhalten uns lange und ziehen dann los in die Stadt, das Gepäck lassen wir zurück, da der Weg uns eh wieder hier entlang führt. Und wenn es jemanden gibt, der entspannterweise kein Problem damit hat, dann ist es Jonas.
    Der erste Versuch nach Gas an der Tanke bleibt einer, sie verweisen uns auf das Haus der 1000 Dinge, das allerdings ziemlich außerhalb liegt. Ich nenne diesen Laden so, weil er mich an ein gleichnamiges ehemaliges Geschäft in Heiligenstadt erinnert. Von Shampoo über Gartenmöbel bis zu Trinkjoghurt, ein Tempel zum Geldausgeben. Kaum sind wir die zwei Kilometer dahin marschiert, treffen wir dort zufällig Jonas wieder an. Da es hier wohl unsere Kartuschen auch nicht gibt, telefoniert er rundrum alle weiteren in Frage kommenden Läden ab. Aber dann: Es gibt hier eine Sorte von Kartuschen in Form von Spraydosen, die ich noch nicht kenne und die haben das Gewinde drauf, das ich brauche. Danke Jonas für die großartige Hilfe.
    Unseren Supermarkteinkauf können wir hier auch gleich zu 80% erledigen, anschließend sitzen wir vor dem Laden auf einem Einkaufswagen und halten Vesper. Dass man uns dabei als Deutsche erkennt, hätten wir nicht erwartet. Sehen wir so runtergekommen aus? Eben nicht, sagt uns ein Mann, ebenfalls deutsch, der im Vorbeigehen „Mahlzeit“ wünscht, selbst als Penner ist immer alles so akkurat. Na dann…vielen Dank für die Blumen. Fünf Minuten vorher, als er an seinem Auto mit estnischem Kennzeichen stand und niesen musste, waren wir der Meinung, „Gesundheit“ zu wünschen wäre wohl unangebracht. So falsch kannst du liegen.
    Wir schleppen den ganzen Plunder durch die Stadt zurück und packen ein, trinken noch einen Kaffee und halten zum dritten Mal einen Talk mit Jonas. Wir schaffen es, dass es sage und schreibe 18:00 Uhr wird, bis wir heute losziehen, haben uns noch gute 9 km bis zur Bergspitze „Gillersklack“ vorgenommen, schließlich sind wir ausgeruht und es ist auch recht lange hell. Übrigens sind die Tage hier aktuell circa eineinhalb Stunden länger als zuhause, gerechnet nach dem Sonnenauf- (1Std. früher) und Untergang (0,5Std. später)
    Der Weg zieht sich auf Schotterpfaden erst mal in Richtung eines Waldes. Als wir in dem Wald an einem total verfallenen Gehöft sind, zeigt die Karte einen Weg nach Norden, den es aber in Wirklichkeit nicht gibt. Stattdessen gibt es einen Richtung Osten, der aber in der Karte nicht drin ist, wir folgen diesem östlichen Pfad, der kurz darauf ins sumpfige Grasland geht, das wir so sehr mögen. In dieser Landschaft stehen wir kurz darauf und essen frische finnische Lakritze, die wir heute morgen im Allesundnichtsladen erstanden haben. Da uns der unbekannte Pfad immer weiter aus der Richtung bringt, beschließen wir, ab jetzt einen halben Kilometer querwaldein (das Wort gibt es nur in ausgewählten Duden) zu gehen, um auf einen anderen Weg Richtung Norden zurückzukommen. Das ist ein gutes Stück durch abgeholzten Wald, ziemlich zerfahren durch die Harvester und ruppig zu laufen. Zurück auf dem Pfad läuft es sich dann recht einfach und zügig bis zu dem ehemaligen Skiresort, das rund um die Bergspitze brach liegt. Nach guten Jahren seit Mitte der 80er ist es in den letzten zehn Jahren runtergekommen, geblieben ist eine Art teilweise bewohntes Dorf.
    Wir erklimmen als erstes Mal den alten, gesperrten Aussichtsturm, dem inzwischen diverse Holzteile abgefallen sind, aber die Stahlkonstruktion wirkt neben dem Rost noch stabil genug für uns zwei. Es ist ein toller Rundumblick abends um neun übers weite Land. Von hier gehen wir nur noch ein paar hundert Meter Richtung Dörfchen, um nach einem Schlafplatz zu gucken und just, als wir gegen halb zehn auf den letzten Metern sind, passiert es: Verena tritt in ein Loch im Weg und knickt derb seitlich um. Das war’s!
    Jetzt heißt es auf die Rasche erstmal kühlen und gucken, was da genau los ist. Eine Anwohnerin, die mit dem Hund grad vorbeikommt, bringt uns ein Kühlpad und ich verfrachte das Fräulein in eine Grillhütte circa 80m entfernt. Laufen geht definitiv nicht, vermutlich ist aber auch nichts gebrochen. Die Rettung anzurufen ist uns zu fett, aber irgendwie müssen wir auch vom Berg runter. Und so spreche ich mit Jonas, was er empfehlen würde. Er braucht auch einen Moment, um brauchbare Infos zusammenzutragen und er organisiert mir eine Rufnummer des örtlichen Ärztehauses in Kopparberg, die ich morgen früh ab acht anrufen kann und die mir per Rückruf einen Termin für den Arzt geben werden.
    Ok, wir werden also hier übernachten und Jonas will uns morgen zur fraglichen Zeit abholen und nach Kopparberg zum Doc fahren.
    Das Feldlazarett ist 20 Meter entfernt schnell eingerichtet, nebenbei immer mal einen Blick werfen, ob noch alles ok ist. Dann gibts Voltaren drauf, eine Bandage drum und husch, geht’s bei frostiger Mitternacht ab in die Koje.
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