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- Day 154
- Wednesday, July 3, 2024 at 8:38 PM
- ☀️ 12 °C
- Altitude: Sea level
NorwayDalabekken64°53’52” N 10°55’11” E
3. Juli

Schon um sechs erwache ich und freue mich, gestern dieses Plätzchen ausgewählt zu haben. Es nebelt und nieselt so leicht vor sich hin und so mache ich mich auf dem Tisch mit meinem Frühstück breit, gucke aus der Hütte raus und freue mich an diesem Wetter. Das ist wie hinter der Scheibe sitzen, nur ohne Scheibe und besser.
Gegen neun ziehe ich los, auf meinem Weg und auch nicht weit von hier ist eine kleine Bunkeranlage der Wehrmacht aus der Besatzerzeit. Das inspiziere ich natürlich erst mal ganz genau mit dem Schützengraben außenrum, einem in den Fels getriebenen Aufenthaltsraum sowie der runden Einhausung für das Maschinengewehr. Von hier aus ist der Ausblick freilich sehr gut, die Brüder waren ja auch gescheit damals. Das Thema Bunkeranlagen wird mir hier sicher noch einige Male begegnen, schließlich war die Gegend damals ja Teil des Atlantikwalls. Zum Beispiel war auf Vikna eine Funkmeßstellung (Ein Zug der 32./mFlugmeldeLeitKp IV./LnRgt 251) unter dem Tarnnamen WALNUSS stationiert.
Kurz darauf treffe ich auf Vidar und seine Frau, sie sind neben einer Reihe von Joggern hier mit ihrem Hund unterwegs und wir unterhalten uns so lange, bis die Wege sich trennen.
Von Rørvik aus gibt es Richtung Inselmitte eine Straße, die ganz im Norden entlang führt und eine ganz im Süden. Die nördliche wird zumindest auswärts die meine sein, sie ist die kürzere, vielleicht werde ich die andere auf dem Rückeg nutzen. Auch wenn das Wetter diesig ist und im Halbstundentakt immer mal wechselt, ist es fantastisch, hier an der Küste entlang zu gehen. Weit im Norden kann ich die Insel Leka im Nebel sehen, es ist eine ganz einzigartige Insel, auf der es ein besonderes Vulkangestein gibt. Vielleicht werde ich sie auf dem Weg entlang der Küste nach Norden später noch besuchen. Aber auch hier ist es wunderschön, obwohl ich nur einen Bruchteil der 6000 Inseln, Holmen und Schären sehe, die zu Vikna gehören. Dazu die kleinen Werften, Fischerboote und natürlich auch die Häuser, die so wunderschön gelegen sind.
Stück für Stück setzt es doch immer mehr zum Regen an und so nehme ich mir gegen zwölf mal wieder eine dieser kleinen Haltestellen, um ein Päuschen einzulegen. Es hängen einige gestickte Wandbilder darin und ganz stolz hat der Errichter das Baujahr 1998 auf die Wand gemalt. Schon seit dem Morgen, nein, korrekter schon seit gestern Nachmittag ist dieses Stück Lachs auf meinem Plan und es bringt sich immer wieder in Erinnerung. Auch wenn es noch nicht Nachmittag ist und vielleicht noch nicht Zeit für die große Pause, läute ich sie doch jetzt ein und eröffne hier in diesem Festsaal das große Fressen. Fein geräucherter Lachs mit Brot aus der Gruschkiste von gestern sind so sehr lecker, dass ich es kaum beschreiben kann und auch nicht weiß, wann ich zum letzten Mal so sehr Essen genossen habe. Wie das Brot den Weg in diesen Ramschkorb gefunden hat, ist mir ob der Frische völlig unklar, aber beschweren werde ich mich nicht. Für mich ist es eine WIN-WIN-WIN-Situation, denn der Regen ist danach auch vorbei. Ich fühle mich wie der Kaiser nach einem Zwölf-Gänge-Menü und tatsächlich sehe ich, als ich wieder raustrete, die ersten blauen Stellen für heute am Himmel. Da bleibt mir nur Knut- und Petri-Dank zu sagen. Zum weiteren Schwung im Gebein auf den nächsten Kilometern muss ich sicher keine Ausführungen machen. Und weil der große Junge so brav aufgegessen hat, bleibt es nicht nur bei ein paar blauen Stellen, es gibt blauen Himmel mit feinsten weißen Federwolken. Als ich mich später mal auf einer Wiese am Straßenrand zur Pause niedergelasse, kommt eine Frau mit drei Hunden vorbei, an denen und ihrer Weste ich sie gleich mal als Jägerin deute. Wir unterhalten uns eine Weile und dann muss sie aber weiter, sie ist etwas in Eile, heute Abend ist Mädelsabend. Allerdings in der nordischen Art, sie werden mit ihren Repetierern und Büchsen umeinand’ sitzen und auf wehrlose Scheiben schießen. Je später der Nachmittag, desto mehr ziehen Wolken auf und es wirkt so, als würde ich heute Abend noch mal einen Regenschutz bemühen müssen. Ich will mich zum Abend an einem Fjord niederlassen, muss dann nur zusehen, dass es dort auch Wasser gibt, also ungesalzenes. Je länger ich diese Straßen hier entlang laufe und je näher nach Westen ans Meer ich komme, desto mehr muss ich mein Bild im Kopf korrigieren, das ich von dieser Insel hatte. Berge von 100 Metern Höhe wirkten in meinem Geiste wie nichts, über das ich fast hinwegsehen kann. Tatsächlich ragen sie zu beiden Seiten der Straße ganz ähnlich wie in den letzten Tagen auf und selbst ein Aufstieg wäre nicht mal eben gemacht. Und so ist auf den letzten 2km heute, wo es dann doch einmal über eine dieser Berge geht, noch mal deutlich zu spüren: 100 m sind 100 m. Ganz zuletzt geht es noch mal über eine Brücke, die über den Fjord führt. Es ist extrem klares Wasser, in dem ich an vielen Stellen bis auf den Grund sehen kann und große Quallen, Fische und dergleichen von hier oben beobachten kann. Kurz darauf biege ich an der Stelle von der Straße ab, wo ich übernachten möchte und komme statt an Wohnhäuser an eine kleine Werft. Lorenz ist der letzte Mitarbeiter, der heute noch arbeitet und ich frage ihn, ob ich denn hierum irgendwo niederkommen kann, was ohne Probleme möglich ist. Ich sehe mich ein bisschen auf dem Gelände um und er ist gerade nochmal auf dem neuen Fischerboot „Remskjær“, dass sie hier gebaut und vom Stapel gelassen haben. In gut zwei Wochen soll es fertig sein. Ich kann mit auf das Boot und mich ein bisschen umsehen. Das ist für mich ein bisschen wie Paradies, ganz ähnlich, als wenn man mich in einen Lokschuppen steckt. Die dunklen Wolken sind inzwischen Stück für Stück Richtung Osten abgezogen und ab um acht ist der Himmel wieder blau. Ich habe mein Zelt ganz dicht an beziehungsweise halb unter altehrwürdigen Booten neben dem Wasser aufgestellt und könnte es nicht besser haben.Read more
Traveler
Das Beste sind die Reste
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Wanderfisch, Steppenwolf, Weißkopfadler und Seebär...wer bin ich? .. ja...viele