• Akkajaure im Regen und Nebel
    Vagabunden-RastplatzIt's a long road...Sitasjaure FjällstugaMöchte grad mit niemandem tauschen...

    30. August

    30. august 2024, Sverige ⋅ ⛅ 9 °C

    Man hat doch wohl schon wieder über Regen gemunkelt. Als ich um sechs aufstehe, ist es trocken, die Nacht fühlte sich ungewöhnlich warm an und selbst das Zelt ist komplett trocken. Von daher mache ich erneut einen Anlauf, einmal das Einpacken trocken zu schaffen. Und ja, es gelingt seit wie langer Zeit zum ersten Mal. Den fertigen Rucksack nehme ich mit in die Fjällstation rein und mache mir Frühstück. Dadurch, dass so viele Wanderer abreisen, ist natürlich auch viel Futter übrig. Und so bekomme ich von zwei Schwaben noch eine Salami geschenkt, Lars aus Köln, der wegen einer abgelösten Sohle aufhören muss, hinterlässt mir einige Knabbereien für tagsüber, aus der Gruschkiste schnappe ich mir noch eine Packung Knäckebrot und bin damit für die nächste Woche hoffentlich ganz gut dabei. Der Mann hat ja schließlich auch immer großen Hunger. In der Zwischenzeit hat es angefangen zu regnen, ich schreibe noch einige Nachrichten und führe Telefonate. Mit Duschen, hier und da quatschen und verabschieden ist es halb zwölf, bis ich mich auf den Weg mache. Ich erwarte für die nächste Woche ziemlich ähnlich wenig Empfang und will daher sicher sein, dass alles notwendige geregelt ist. Es sind heute 20 km geplant bis zum Sitasjaure. Es führt eine Schotterstraße dorthin, die sehr gut zu laufen ist und auf der dank einer Sperre nach dem Ortsausgang bis auf ein Quad kein einziges Fahrzeug unterwegs ist. Die Wolken hängen tief und bewegen sich kaum, der Blick zurück auf den Akkajaure zeigt kaum etwas vom Akkagebirge und so stelle ich mich auf einen sehr einfachen und überschaubaren Tag ein. Ob es ein Regentag ist, wenn es alle halbe Stunde für eine halbe Stunde regnet, damit bin ich gedanklich noch nicht ganz fertig. Schließlich ist es ja dann auch alle halbe Stunde eine halbe Stunde trocken. Es läuft sich auf dieser Straße zügig und recht angenehm, sie ist vom Untergrund her deutlich weicher als Asphalt, außerdem sind die Steigungen sehr überschaubar. Parallel zur Straße ist eine Hochspannungstrasse geführt, aber die Umgebung als solches ist natürlich original Fjäll, gibt ja schließlich nichts anderes hier. Und so ist trotz des diesig-nebligen Wetters die Farbkombination aus gelb, grün, braun, rot und orange mit unzähligen Zwischentönen ein Hingucker. Gerade als ich losgegangen war, hat mir mein Knie auf den ersten 200 Metern gesagt: „Dreh doch bitte um und setz dich wieder hin“, ab danach hat es sich aber heute nicht wieder gemeldet. Dank des Regens und fehlender Sitzgelegenheiten mache ich nur sehr kurze Pausen und bin gegen halb drei plötzlich schon 13 km gelaufen. Ich passiere den Autajaure und tatsächlich finde ich am See eine verschlossene Hütte, die allerdings einen Dachüberstand hat, der dem Vagabunden genau gerecht wird für eine lange Pause. Ein kleines Außenthermometer an der Hütte zeigt 7° über Null, für mich fühlt es sich gar nicht kalt an, gerade auch weil es heute Nacht gefühlt deutlich mehr als die 3-4° waren, die wir in den letzten Nächten hatten. Die Pause hier taugt auch dem Wetter, der Regen hört nämlich im Laufe der Stunde auf und nach einer weiteren halben Stunde sehe ich sogar die ersten blauen Himmelsstücken. Es geht konstant leicht bergauf; von circa 430 m.ü.M. in Ritsem bin ich am Sitasjaure nachher bei gut 600 m.ü.M. Da das Wetter so schön aufklart, geht der Rest bis zur Sitasjaure Fjällstuga auch sehr flott und ich erreiche sie um kurz nach fünf. Der Hüttenwart Stefan hat mich schon seit einiger Zeit beobachtet, als ich die Straße hochkam. Er empfängt mich mit Preiselbeersaft und ich frage ihn erstmal, wo ich denn mein Zelt aufstellen kann, ohne zu dicht am Gelände zu sein, um mir die Gebühr zu sparen. Als er mir darauf hin in der Karte einen Platz zeigen will, vermute ich, er hat mich nicht richtig verstanden. Hatte er wohl und erklärt mir, dass es rund um die Hütte kaum genug Plätze für die zahlenden Gäste gibt und deshalb ist seine Empfehlung, noch eine Dreiviertelstunde zu investieren und über den nächsten Berg zu steigen, vor den wir gerade direkt schauen. Aus dieser Empfehlung wird eine ganze Stunde äußerst interessanter Unterhaltung, da er ein Sami hier aus der Gegend ist und zu den Örtlichkeiten viele Sachen zu berichten weiß. Unter anderem, dass hier vom Sitasjaure in den siebziger Jahren, sein Vater und sein Großvater waren neben circa 6000 weiteren Arbeitern am Großprojekt Akkajaure beteiligt, ein circa 15×15 Meter großer Tunnel unterirdisch über circa 16 km bis runter nach Ritsem gebohrt wurde. Durch den donnern die Wassermassen des Sees und betreiben circa 300 Höhenmeter tiefer ein Kraftwerk. Während wir plaudern, kommt die Sonne immer stärker raus und damit es nicht so spät wird, ziehe ich gegen sechs weiter. Es ist ein sehr angenehmer Abendspaziergang, auch wenn ich noch über 100 m höher über den Berg steigen muss, um dann vor einem weiten offenen Fjäll zu stehen, in der Entfernung die Berge, hinter mir sogar wieder das Akka-Massiv zu sehen. Es gibt eine ganze Reihe kleiner Seen und so baue ich angesichts des guten Wetters mein Zelt völlig ausgesetzt schön weit oben auf und öffne alle Dachluken, um vielleicht am späten Abend noch ein paar Polarlichter zu sehen. Vorher gibt es aber noch aus Christianes Fundus lecker Nudeln mit Pilzen. Für einen Gourmet wie mich ein Hochgenuss und vor allem mal eine Abwechslung zu dem, was ich selbst sonst immer so anrühre. Ich bin jetzt auf circa 730 m Höhe bei komplett offenem Zelt und betrachte die Wolken, wie sie sich mit unendlich langsamer Geschwindigkeit um die Berggipfel zusammenziehen. Es ist so gut wie windstill und ich freue mich unheimlich darüber, dass Stefan mich hierher geschickt hat. Es ist doch mal wieder ganz schön, weg von den Hütten und den vielen Leuten ganz allein ganz oben und ganz weit draußen zu liegen. Das Thema Polarlichter begrabe ich gegen halb zehn, da es sich doch komplett mit Wolken zugezogen hat.Læs mere