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- Day 213
- Saturday, August 31, 2024 at 6:27 PM
- ☁️ 7 °C
- Altitude: 877 m
SwedenHaukajaurekåtan67°56’8” N 17°57’59” E
31. August

Gute Nacht, also die war es. Wunderbar ruhig ohne Wind und Regen, naja also 10 Minuten am Morgen, damit ich meine Routinen einhalten kann und das Trockenwischen nicht verlerne. Von sieben bis um neun lasse ich trocknen, frühstücke und genieße die Sonne, die tatsächlich für eine Viertelstunde um diese Zeit erscheint. Dementsprechend tanze ich nackt ums Zelt und quäle das Microfasertuch. Es lässt sich von oben her ähnlich an wie gestern, mehr und mehr Wolken ziehen auf, aber sie halten dicht. Ich freue mich auf einen Tag im flachen, weiten Fjäll, ziemlich allein, da dieses Stück Weg kaum sonst jemand beschreitet. Die weite Sicht über diese sanft hügelige Landschaft ist lediglich an den Seiten durch nicht allzu hohe Berge begrenzt, die im Dunst der Wolken ziemlich verschwimmen. Umso mehr wirkt auf mich die Farbe der Graslandschaft, des Birken- und Weidenstrauchwerks am Boden, von Moos, Sumpfgras und all den anderen Bodendeckern, die hier alles geben, um in Summe einen Regenbogen darzustellen. Sitasjaure, das ich gestern Abend passiert habe, eine Samen-Siedlung ist mit noch einigen weiteren am heutigen Weg über den Wanderpfad als auch über eine Quadstrecke verbunden, die sich zwischendurch immer mal kreuzen oder auf gemeinsamer Linie sind. Entsprechend laufe ich von Zeit zu Zeit auf dem fünffach beplankten Weg und dann mal wieder durchs Gelände wie hier so üblich über Stock und Stein, ach nein, nur über Stein.
Ich merke, dieser Tag wird ein Entdeckertag der kleinen Dinge. So viele kleine farblich oder allgemein hervorstechende Sachen, die mich faszinieren, lassen mich immer wieder mit dem Rucksack auf dem Rücken am Boden knien, um sie irgendwie aufs Bild zu kriegen. Da ist zum Beispiel der Stein auf dem Weg, auf dem sich vor vielen vielen Monden ein Meerestier oder eine Pflanze so deutlich eingeprägt hat, oder der klitzekleine Frosch, der Lemming, einfach alles im Kleinformat. Wunderschön, trotz oder gerade wegen der eher trüben Lichtverhältnisse in der großen weiten Landschaft. Gegen Mittag hat es sich doch soweit zugezogen, dass ich mir die Regensachen überziehe, da auch der Wind über diese offene Landschaft heute recht kühl ist und ich, bis dahin nur im T-Shirt unterwegs, doch ein wenig mehr Schutz brauche. Um halb eins lasse ich mich zur großen Hofpause nieder und ähnlich wie gestern reißt es während der Ruhezeit immer mehr Lücken in die Wolkendecke. Der blaue Himmel ist durchzusehen und so wirkt die Landschaft doch gleich viel freundlicher. Ich bin total happy, diesen Weg hier zu gehen, so ganz allein nach all den Tagen mit vielen täglich wechselnden Menschen und Gesichtern. Einerseits mag ich das absolut, mit allen möglichen Leuten in Kontakt zu kommen und mich zu unterhalten, aber auch das hier gibt mir wieder sehr viel, nichts und niemanden um mich rum außer ein paar Rentieren und hin und wieder mal ein Adler oder ein Falke. Natürlich nicht zu vergessen die Moorschneehühner, die es hier auch recht häufig gibt, scheinbar eine andere Sorte als weiter südlich, da diese hier immer stumm wegfliegen und entsprechend nicht auf meinem Nervenkostüm rumtrampeln. Am Nachmittag dann wird das Gelände etwas hügeliger und steiniger, viel loses Geröll, das umherliegt und die Landschaft gerade bei dieser Beleuchtung grau wie eine Mondlandschaft erscheinen lässt. Um halb drei kann ich einen der Gletscher im Kebnekaise-Massiv erkennen, gerade als ich den See Gáiccajohka erreiche, hinter ihm liegt der Hukejraure mit der Fjällstuga. Luftlinie ist das von hier nur noch dreieinhalb Kilometer, da ich aber die Jesuslatschen nicht dabei hab, muss ich um den See rumgehen und damit noch mal 1 km drauflegen, aber um diese Zeit ist das ja noch sehr manierlich. Wie ich merken muss, ist das Rumlaufen um diesen See doch deutlich aufwändiger, als es über den Tag heute war. Dieses steinige Gelände und das Überklettern einiger Hügel macht zum Nachmittag noch einmal etwas Schweiß auf die Stirn. Als kleines Entgegenkommen finde ich aber just an einem steilen Hang neben dem Weg ein gut zu durchforstendes Blaubeerfeld. Während ich mich wie ein Braunbär da durcharbeite, habe ich den „Blueberry Hill“ auf den Lippen. Wenig später, gegen vier, sehe ich sie dann, die Hütten am See. Ich bin in einer ganz besonderen Mission zu diesen Hütten unterwegs: Mein Host in Luleå hat mir erzählt, dass gute Freunde von ihm hier Hüttenwart sind und ich Helena und Jonas doch beste Grüße ausrichten soll, wenn ich des Wegs bin. Ich sag nur „Welt, Dorf, Scheibe…“. Das ist mir natürlich eine besondere Freude und tatsächlich treffe ich die zwei an, diese Hütte ist aktuell ohne weitere Besucher, da sie eben an einem nicht so sehr belaufenen Weg liegt. Ob ich hierbleiben will, ist mir bis dahin noch gar nicht klar, vielleicht ziehe ich weiter, aber erst mal halten wir ein langes Schwätzchen draußen, dann gehen wir rein in die warme Hütte und mehr und mehr wird es ein sehr angenehmes, interessantes und freundschaftliches Klima. Da ohnehin nicht viel los ist, der Draht zueinander stimmt, laden Sie mich zum Essen ein, sie haben frischen selbst gefangenen Fisch draußen aus dem See, Jonas backt dazu selbst Brot und kocht Kartoffeln. Das kann ich auf keinen Fall ausschlagen und entscheide mich, mein Zelt in der Nähe der Hütte aufzustellen, um dann morgen hier auch den Ruhetag zuzubringen. Schon gestern an der letzten Hütte haben mir die Leute erzählt, dass es hier in dieser Hütte eine ganze Menge Vorräte gibt, die zurückgelassen wurden und aus denen man sich ja üblicherweise bedienen kann. Ich habe mich den ganzen Tag gefragt, warum ausgerechnet in dieser Hütte, die doch gar nicht so an einem typischen Endpunkt liegt wie zum Beispiel Ritsem. Jetzt erfahre ich, dass hier die alte Jurte renoviert wurde und die Leute, die das gemacht haben, alles überflüssige an Lebensmittelvorräten nach der Fertigstellung hiergelassen haben. So kann ich mir aus einem Fundus noch ein paar nette Sachen aussuchen, auch dosenverpacktes Zeugs, was ich dann gleich hier vor Ort heute und morgen verzehren kann, so muss ich nicht das schwere Zeug durch die Landschaft schleppen. Nachdem wir gemeinsam dieses wunderbar leckere Essen hatten und viel viel erzählt haben, beschließen wir den Tag gegen halb zehn und ich freue mich darauf, morgen mit Jonas, wenn das Wetter es zulässt, mit dem Kanu auf den See rauszufahren und mir vielleicht selbst einen Saibling zu fangen.Read more
Traveler
Besonders der kleine Vogel da am Rockzipfel des Kobolds
Traveler
Sehr schön. Folge gern deiner Reise inkl. Interessanter Berichte und eindrücklicher Photos