• Day 217

    4. September

    September 4, 2024 in Sweden ⋅ ☁️ 15 °C

    Dieser Morgen startet wieder bei Null. Also bei der angenehmen Null. Der Wind hat nachgelassen, die Sonne scheint, am blauen Himmel ziehen schnell weiße Wolken vorbei. Die Regenjacke und die völlig durchweichte Wanderhose hatte ich auf der regengeschützten Seite an die Hütte gehängt. D.h. alles Nass von gestern ist dahin und ich kann nach dem Frühstück trocken einpacken. Von hier aus ist es jetzt ein guter Kilometer Buschi-Buschi zu laufen, bis ich wieder zurück auf dem Weg bin. Die Sonne blinzelt immer mal zwischen den Wolken durch, es ist angenehmer Wind dazu und es wandert sich sehr angenehm durch diese unendlich weite flache Ebene auf gut 700 Metern Höhe. Hinter mir sehe ich fast rundherum in den Bergen eine ganze Menge unterschiedlich großer Gletscher, tiefer in der Ebene eine Reihe von Rentieren, die sich möglicherweise jetzt langsam sammeln. Von Zeit zu Zeit ist mal ein Rinnsal oder Bach zu überqueren und ich liege ständig in den Beeren. Die sind aber auch reif und fett hier überall. So erreiche ich gegen elf die Cunojávrihytta, die eigentlich gestern Abend das Ziel sein sollte. Während der Pause kann ich in einiger Entfernung einen Adler beobachten, wie er seine Kreise zieht. Von hier aus geht es im selben flachen Land weiter nach Unna Allakas gute sechseinhalb Kilometer entfernt. Eine halbe Stunde bevor ich diese schwedische Fjällstuga erreiche, überquere ich am Riksrøys 263 die Grenze, um jetzt wieder für die letzten zwei bis drei Tage auf schwedischer Seite zu laufen. Dann ist dieses schöne Land im Norden zu Ende und ich werde es danach ein letztes Mal am Treriksröset küssen. Das Gelände wird etwas hügeliger, Begegnungen habe ich nur ganz vereinzelte und es läuft sich bei diesem meist bewölkten Wetter wunderbar. Ich mache die große Pause von um halb zwei bis um drei, komme dabei mit dem Hüttenwart Mikael ins Gespräch. Er ist jetzt seit gut fünf Wochen hier, hat jeden Tag den Blick auf die Berge und Gletscher in Norwegen und er zeichnet gern Landschaften. Da das Gespräch sehr angenehm ist und wir auf einer Wellenlänge, schenkt er mir am Ende ein selbstgemaltes Bild der Berge, dass er vor einigen Tagen fotografiert hat mit einem ganz besonderen farblichen Stich. Diese rosé bis lila Farbe ist tatsächlich so gewesen und nicht eine Erfindung seiner Wasserfarben. Vielen, vielen Dank für diese besondere Erinnerung.
    In der Nähe dieser Hütten habe ich seit einigen Tagen mal wieder Bäume und es ist erstaunlich, wie sehr sich die Ansicht in den paar Tagen seit den letzten Birken zu hier geändert und ins herbstliche gedreht hat. Inzwischen geht es von gelb auch in einen orange-braunen Ton. Von hier aus zieht es sich kontinuierlich leicht abwärts immer mehr in diesen Birkenwald hinein. Anfangs treffe ich einige Kilometer lang auf komplett toten Birkenwald, das Ganze ändert sich dann aber in den normalen bekannten lebendigen. Es läuft sich am späteren Nachmittag merkwürdig dunkel, hat sich zwar tatsächlich auch zugezogen, aber trotzdem fühlt es sich irgendwie an, als wenn die Nacht hereinbrechen will. Die Wolken haben heute am Nachmittag wieder unheimlich tolle Konstellationen von blauem Himmel bis hin zu tiefdunkel mit den merkwürdigsten Formen. Trotz alledem hält es sich den gesamten Tag trocken. Um kurz vor sechs zieht es sich runter an den See Gámajávri und genau an seinem Auslauf ist ziemlich dicht daneben ein wunderbarer Platz, an dem ich mein Zelt aufstellen kann. Ich habe in den letzten 2 Stunden immer häufiger Pause gemacht und warte nur auf diese Stelle für den Feierabend. Da mir recht warm ist, reiße ich mir fast alle Kleider vom Leib, während ich das Zelt aufstelle und alle durchgeschwitzten Sachen zum Trocknen hänge. Im Laufe des Abends während ich koche reißt der Himmel zumindest teilweise immer noch mal auf und zeigt sich selbst um acht an einigen Stellen herrlich blau. Für mich besonders interessant ist die Bergkette, die sich auf der anderen Flussseite entlangzieht. Hinter ihr verläuft der Kungsleden, auf den ich morgen treffe. Dort bin ich vor zwei Jahren Richtung Süden unterwegs gewesen und habe mich in dieses wunderschöne Lappland verliebt.
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