• 13. September

    13 september 2024, Norge ⋅ ☁️ 6 °C

    Heute hab ich richtig Bock. Von mir aus stehe ich schon um zehn vor sechs auf, es ist zwar noch bewölkt, aber der Blick durchs Dividalen zeigt weit entfernt schon blauen Himmel und das macht mir Spaß. Der Wind weht einigermaßen und es ist heute morgen gefühlt deutlich kälter als noch gestern. Nachdem ich zur Toilette war ist das Zelt in Nullkommanichts abgebaut und ich gehe rein zum Frühstücken. Möchte vor den ganzen Leuten durch sein, schließlich ist inzwischen die ganze Hütte voll. Kurz vor Mitternacht sind noch etliche Jäger dazugekommen, überall liegen hier Leute rum. Also gibt es beim Frühstück auch noch das eine oder andere zu erzählen, aber ich bin auch schon um acht rum fertig, sodass ich losmarschieren kann. Nach hundert Metern merke ich, dass ich meine Jacke vergessen habe, also noch mal kurz zurück. Ich habe heute 24 km vor mir bis zur Dærtahytta, es geht ab jetzt wieder Richtung Norden, da ich sonst in Kürze im Osten die schwedische Grenze überqueren würde. Auf schwedischer Seite ist allerdings die Esrange-Zone, ein riesiges Raketentest- und Startgebiet, von dem aus auch die ESA zivile Sachen betreibt, zum Beispiel Wetterballone und Raketentests, aber auch Satelliten in den Orbit geschossen werden.
    Vielleicht werde ich heute schon ein oder zwei Kilometer vor der Hütte das Zelt aufstellen, je nachdem, wie ich drauf bin. Der Tag beginnt mit einem absolut steilen Aufstieg, es geht auf den ersten 2 km von 580 m.ü.M. hoch auf 900 m. Für die Wanderwege ist das ungewöhnlich steil, aber es ist, wie es ist. Als ich mich hochgearbeitet habe, habe ich einen fantastischen Blick zurück über das Dividalen und auch ein Teil des Weges, den ich gestern entlanggekommen bin. Da der Wind hier oben heute stark ist, ziehe ich zum ersten Mal nach dem Sommer meinen Schurwoll-Hoodie an und die Handschuhe dazu. Auf der Hochebene zieht es sich jetzt noch bis auf fast 1000 m hoch, läuft sich aber insgesamt wunderbar. Die Wolken ziehen hier noch ziemlich tief und als ich in ein Hochtal komme, dass zwischen den Bergen Jerta und Litle Jerta durchführt, ist es ähnlich wie am Morgen: Die Wolken hängen hier einerseits so tief, dass ich fast in ihnen laufe, aber am Ende des Tales sehe ich helles Licht und blauen Himmel, als wäre es der Eingang zum Paradies. Der Weg dorthin ist nur circa 2 km lang und dann stehe ich tatsächlich vor einer riesenweiten Ebene, die hell von der Sonne erleuchtet ist und über der weiße Wolken vor blauem Himmel stehen. Damit bin ich auch über letzte Zweifel erhaben, was das heutige Wetter betrifft. Insgesamt habe ich sowieso das Gefühl, dass es heute der Tag der unendlichen Weite wird. Nachdem ich in diese Hochebene abgestiegen bin, quere ich einen sehr breiten, aber aktuell recht flachen Fluss, um danach an den Hängen des Berges Stuora Nanná um ihn herum zu laufen. Überall kann ich so sehr weit schauen, diese Ebenen sind schier unendlich. Hier und da begegne ich ein paar Rentieren und habe den ganzen Nachmittag über so fantastisch weite Blicke. Nachdem ich zwischen zwei Seen hindurchgewandert bin, geht es noch einmal etwas höher auf eine Hochebene, von hier habe ich eine wunderbare Aussicht in die Berge des Likkafjellet mit ihrer speziellen hochkant gestreiften Struktur, im Vordergrund ist eine bunte Sami-Siedlung zu sehen. Aber in dieser weiten Entfernung sehe ich am späteren Nachmittag auch Regenschlieren und so versuche ich im Auge zu behalten, wie das Wetter um mich herum ist. Nach der Überquerung der Hochebene tut sich wieder ein sehr weites Tal auf, das Dærtavággi, an dessen Ende ich sogar schon die Hütten als Tagesziel erkenne. Es sind noch gute 6 km von hier und wird ein etwas steiniger, aber nicht sonderlich steiler Aufstieg in diesem weiten Tal. Zur Hälfte des Weges nehme ich hinter mir auf einmal Regen war und tatsächlich beginnt es nach kurzer Zeit zu tropfen, so dass ich vorsichtshalber den Poncho zumindest über den Rucksack ziehe. Das stellt sich später als kleiner Test heraus, es bleibt nämlich trocken und so mache ich die letzten 3 km durch dieses müßig zu laufende Gelände bis zur Hütte, an der ich heute gegen halb sechs nach unheimlich vielen kleinen Genießerpausen ankomme. Mit zwei Belgiern zusammen sitze ich drin zum Abendessen, ich habe sie die Tage schon mal getroffen und es ist eine nette kleine Runde. Gegen halb neun verziehe ich mich raus ins Zelt und mache ziemlich müde die Augen zu.
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