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- Day 17–18
- July 23, 2025 at 9:49 PM - July 24, 2025
- 1 night
- ☁️ 7 °C
- Altitude: Sea level
NorwayHamningberg70°32’46” N 30°37’20” E
22. & 23. Juli

Dieser Tag wird ein entspannter. Für heute steht nämlich der große Dampfer auf meinem Programm. Mein Wunsch, recht weit nach Osten zu kommen, deckt sich nicht ganz mit ein paar zeitlichen Limitierungen, die ich habe. Außerdem ist der Weg Richtung Kirkenes fast ausschließlich eine Überlandfahrt statt der zerklüfteten Küste zu folgen. Deshalb habe ich schon vor einigen Wochen für mich beschlossen, vom Kap, also konkret von Honningsvåg aus mit dem Postschiff der Hurtigruten auf dem Seeweg nach Vardø überzusetzen und dann von dort selbst weiterzufahren. Um zehn nach zwei geht es los, ich habe lediglich 12 km zu fahren, schließlich habe ich ja gestern schon gut in den Rückweg investiert. Gegen elf nach dem Frühstück lege ich bei blauem Himmel und bestem Wetter in Kamøyvær ab. Nur eine Steigung aus dem Dorf raus am Fjord entlang, dann bin ich unterwegs entlang des Flughafens, an dem ich mit einem Italiener einen kurzen Schwatz halte, um dann am Supermarkt noch ein paar Sachen einzukaufen und nach den nächsten Unterhaltungen zum Hafen weiterzufahren. Dort sehe ich zu meiner großen Freude einen Laden, in dem ich Gas nachkaufen kann, denn just gestern Abend bei der letzten Pfanne ist mir die Buddel ziemlich unerwartet verreckt und ich musste kurzzeitig aufs Ersatzteil umsteigen. Die Verbindungen der Postschiffe funktionieren Tag für Tag auf die Minute wie ein Uhrwerk, lediglich extreme Wetterbedingungen auf See können hier und da mal ein paar Verspätungen einbringen. Meine Mitfahrt auf der Nordlys (Nordlicht) habe ich noch in der letzten Nacht gebucht, aber das Fahrrad, das ja über die Auto- und Warenrampe verladen wird, mache ich erst auf dem Schiff an der Rezeption klar und so legen wir pünktlich nach Plan ab. Das Stück bis nach Vardø würde mich auf der Straße über 500 km kosten und damit eine gute Woche, ich mache das ganze jetzt in der flinken Variante bis morgen früh um halb vier. Auf der Fähre kann ich auf Nachfrage nach einer Dusche die selbe samt einer Sauna finden. Da das Schiff nicht so sehr groß ist, habe ich alle Decks nach kurzer Zeit gesehen. Irgendwann am Abend lerne ich Matthias kennen, ein Radler, der den selben Abschnitt wie ich fährt. Wir haben uns lange und viel zu erzählen, sei es in einer der Lounges oder später noch mal in der Sauna. Das Wetter ist einigermaßen bedeckt, so dass die Sicht draußenrum recht überschaubar ist, während ich mein Tagebuch schreibe. Im Laufe der nicht mal 14 Stunden fahren wir noch vier Häfen an, der Aufenthalt ist jeweils kaum mehr als 20 Minuten. Zeit für mich zum Schlafen bleibt irgendwie aber auch nicht über, es ist nur eine gute halbe Stunde, die ich dann mal nicke. Ab circa um drei ist Vardø mit seinen weithin sichtbaren großen Golfbällen erkennbar, über die über den kalten Krieg hinaus gehorcht und gelauscht wird. Immerhin passieren wir auch jetzt um zehn nach drei kurz vor der Ankunft die unbewohnte Insel Hornøya, die Norwegens östlichsten Punkt markiert. Beim Anlegen verlassen lediglich drei Fahrräder und per Gabelstapler ein paar Kisten das Schiff, dann sehe ich der Nordlys noch einige Minuten hinterher. Übermüdet und mit all meinen Sachen noch nicht wieder an Ort und Stelle stehe ich einsam hier in dem kleinen Hafen. Es ist einigermaßen kalt und nebelig diesig. In einer Halle, deren Tor weit offen steht, suche ich erst mal Unterschlupf, ziehe mich der Witterung entsprechend an und rüste all mein Hab und Gut wieder von Fähr- auf Normalbetrieb um. Nach einer guten halben Stunde breche ich auf, irre ein wenig durch diese uhrzeitbedingt menschenleere Kleinstadt, in der an verschiedenen Stellen das Pomoren-Festival beworben wird. Der Weg aus der Stadt heraus führt direkt in einen Tunnel, der mal wieder unterwässrig die Verbindung zum Festland herstellt. Darauf bin ich doch noch gar nicht vorbereitet, denn es geht schon wieder immerhin 88 m unter Tage. Auf der anderen Seite wieder heraus, biege ich nach kurzer Zeit rechts ab und verlasse die Hauptstraße. Mein Ziel ist heute Hamningberg, ein kleiner und weitgehend verlassener Ort, in dem nach gut 40 km in nordwestlicher Richtung auf der Varanger-Halbinsel die Küstenstraße endet. Ich mache mich auf in diese Sackgasse, weil verschiedene Leute unterwegs empfohlen hatten, doch unbedingt diese Mondlandschaft dort anzusehen. Und was mich noch mehr triggert, ist die Tatsache, dass mein Bruder Tobias, der gerade seinen Urlaub gestartet hat, dort seit gestern Abend auf mich wartet. Die Landschaft zieht sich gemäßigt auf und ab und ist grün mit einem Schleier aus Dunst und feinem Niesel. Das ist nicht sonderlich ansehnlich, aber es stört auch nicht wirklich. Was wohl in meinem Vorankommen hindert, ist der massive Gegenwind. Ich bin fast die ganze Zeit mit 12,2 KMH unterwegs, da ändert sich nur unwesentlich was dran, wenn es mal auf oder abwärts geht. Hatte ich mich doch zum Frühstück vielleicht gegen acht gewähnt, sehe ich meine Felle jetzt sehr langsam auf dem Tacho davonschwimmen. Und da es landschaftlich auch nicht sonderlich reizvoll ist, denke ich in Form einer WhatsApp-Mitteilung darüber nach, Tobias doch einfach in meine Richtung zu bestellen, um nicht diesen ganzen Schleif für umsonst zu fahren. Glücklicherweise ist dort, wo er steht, aber kein Empfang und so liest er es erst viel später. Denn ab um sechs, ich habe gerade ein Schild passiert, dass ab hier auf eine recht schmale Straße hinweist, wird alles anders. Es ist ab jetzt trocken und heller, die Landschaft nimmt tatsächlich merkwürdige Formen an, für die der Begriff Mondlandschaft durchaus untertrieben ist. Die faszinierende Besonderheit besteht darin, dass das Felsengestein vom Meeresboden an bis hoch auf mehrere hundert Meter in den Bergen schräg stehende Plattenformationen sind, die nach oben als schroff spitze Kanten heraus stehen. Teils am Boden nur wenige Zentimeter hoch, teils über etliche Meter hoch, wo sich die Straße hindurchschlängelt, bis hin zu wohnblockhohen Formaten, zwischen denen die wenigen Sommerhäuser entlang der Straße kaum zu sehen sind. Jetzt umzukehren oder diese Straße nicht bis zum Ende zu fahren ist keine Option mehr. Dass es dabei zehn wird, spielt nicht wirklich eine Rolle, schließlich sind wir ja beide im Urlaub. Was für ein außergewöhnlicher Ort, sich nach etlichen Wochen wiederzusehen. Nachdem wir gemeinsam ausgiebig gefrühstückt und die Angelaussichten an diesem Platz als mäßig bis saumäßig eingeschätzt haben, fahren wir gemeinsam die paar noch fehlenden Kilometer bis zum Ende der Straße ins Dorf. Dort gibt es eine kleine Vogelbeobachtungsstation, deutlich interessanter ist für uns aber die ehemalige Küstenbatterie der Wehrmacht oben auf dem Hügel. Also eine Anlage aus Bunkern, Flak-Stellungen und unterirdischen Gängen, die als Überreste aus dem Zweiten Weltkrieg noch in erstaunlich gutem Zustand sind. Ebenso eine Menge metallischer Gegenstände von kompletten Stacheldrahtrollen über die Fischbüchse bis hin zu großen Eisengestellen und verzinkten halbrunden Wellblechelementen. Das alles in der Landschaft verteilt, genau so, wie es auf dem hastigen Rückzug einfach hinterlassen wurde. Wir sind beide von dem, was wir hier sehen, ziemlich beeindruckt. Das sind wir aber ebenso von den Felsen beim kleinen Leuchtturm unten an der Küste, die wir von hier oben aus sehen können. Dort zu angeln erscheint uns vielversprechender und so gehen wir gegen sieben noch einmal zurück zum Parkplatz, holen sämtliche nötige Ausrüstung inklusive der Zelte und was zur Übernachtung benötigt wird. Das alles wieder über den Berg und unten durch die Steinwüste geschleppt kann Tobi gegen zehn den Petrijünger geben, während ich später die Zelte aufbaue und wir irgendwann gegen Mitternacht essen. Nur leider keinen Fisch, aber gegen ein paar Stücken Wurst aus der Heimat habe ich jetzt auch gar nichts einzuwenden.Read more
Traveler
Was die Natur so Schönes hervorbringt....
Traveler
Wow
TravelerEin cooles Zusammentreffen