• 3. August

    3. august, Norge ⋅ ☁️ 16 °C

    Wenn schon Isegrim nicht in echt bei mir vorstellig wird, dann akzeptiere ich auch den olivgrünen allradgetriebenen Wolf, den die jungen Rekruten schon am Morgen hier durchs Gelände jagen. Sonst passiert nix. Am Sonntag zieht mich so ganz früh nichts aus den Federn, es ist wohl lange neun durch, bis ich die Lage jenseits der gelben Trennwand als gut und günstig einschätze. Einen weiteren Tag werde ich wohl nicht bleiben, da die Gegend ja doch ziemlich „begrenzt“ ist und man die Welt vor lauter Bäumen eh nicht sieht oder wie das heißt. Aber vor all diese Gedankenspiele drängelt sich doch massiv das Frühstück in meinem Geist. Es ist in der Sonne schon ziemlich heiß und ich bringe alles in den Schatten, was irgendwie Sinn macht. Während ich frühstücke, joggen vom unweiten Wachturm nacheinander zwei junge hübsche Soldatinnen vorbei. Das Auge ißt ja bekanntlich auch mit. Sonst passiert nix. Hier raus an dieses Dreiländereck verirrt sich an manchen Tagen niemand, Radfahrer habe ich im ganzen Pasvikdalen noch keinen einzigen gesehen. Da habe ich Treriksröset nahe Kilpisjärvi vom letzten Jahr doch ganz anders eher wie eine Pilgerstätte in Erinnerung. Angesichts dieser Ruhe und einigermaßen Freiheit von Mücken will ich dem Muli heute sein Leckerli zukommen lassen und die Bremsbeläge hinten erneuern, die inzwischen schon an die fünftausend Kilometer gemacht haben. Nach jetzt knapp anderthalbtausend Kilometern treuem und anstandslosem Dienst auf dieser Reise freut er sich schon, schlägt ein halbes Rad und steht geradezu Kopf. Kettenschutz runter, Kette ab, Getriebeansteuerung weg, Achse lösen, Rad raus, Bremsklötze raus, neue rein….. Äääääh halt, zurück! Neue, wo sind….? Ist das jetzt wahr? In der Pappschachtel ist lediglich die Feder und der Sicherungsstift, aber keine neuen Beläge. Warte, ich komm’ noch mal rein… Aber es bleibt dabei. Hm, da hat wohl schon mal jemand vor mir zugegriffen. Für den Moment müssen es also die alten wieder tun und ich kann uns beide nicht mehr trösten als die Kette zu reinigen und zu ölen. Gegen eins geht es wieder auf die sandige Piste, auf die ich mich sehr freue. Diese Gravelroads lassen mich beim Fahren so knirschig viel mehr spüren, dass und wie ich in Bewegung bin. Auf der Straße kommt dieses Gefühl meistens nur auf, wenn es schnell wird, der Wind ins Gesicht drückt und die Patten des Profils auf dem Asphalt immer lauter das Geräusch eines anfliegenden Stuka-Bombers machen. Ich erwarte heute keine riesengroßen Neuerungen, 80 Kilometer von hier zurück werde ich bei Ivar noch mal einkehren. Angesichts der brennenden Sonne steht hier und da mal eine kurze Pause zum Trinken auf dem Programm, gegen drei komme ich wieder an dem Campingplatz vorbei, der gestern den angekündigten Kaffee erst in zweiter Instanz von den Schweizern ergab. Kurz danach sehe ich einen Weg runter zum Fluss gehen, es ist nicht allzu weit und wirkt mir tauglich für eine Pause. Neben einer Scheune und diversen abgestellten Materialien finde ich hier grüne Wiese und einen guten Zugang an einer Stelle, wo ein Fluss den circa 2 km entfernt liegenden See Ellilompola nach hier entwässert. Das Fahrrad ist noch gar nicht richtig abgestellt, da habe ich schon Herzchen in den Augen, reiße mir die spärliche Bekleidung vom Leib und finde mich frohlockend im Wasser wieder. Diese „arktische Adria“ ist faszinierend und ich bin wieder einmal von der Wärme, in diesem Fall des Pasvikelva entzückt. Was bleibt mir als Genießer an dieser Stelle anders als den restlichen Tag hier zu verbringen? Es ist beste Kaffeezeit und der Sonntag hatte sich ja schon letztes Jahr bei mir gern als Ruhetag einsortiert. So ist es ein Wechsel zwischen Baden im Wasser und diversem Zeitvertreib an Land. Ein paar Kleinigkeiten gibt es ja immer zu tun und sei es nur das Sortieren bestimmter Sachen, die ich im täglichen Betrieb oftmals nur an der nächstbesten Stelle unterbringe. Wie ich die Lenkertasche einmal komplett entleere, sie ist bei mir sowas wie die Handtasche jeder handelsüblichen Frau, finden sich neben Muscheln und derlei Sammelsurium doch tatsächlich auf einmal zwei silbrig glänzende Bremsbeläge. Haben die doch tatsächlich aus der Verpackung den Weg in diese Untiefen gefunden. Nun denn, da kann ich ja heute noch im wahrsten Sinne dicke Backen machen. Vom Süden her bauen sich im Laufe des Nachmittags immer mehr dicke Quellwolken auf und es donnert heftig laut in einiger Entfernung. Um für alle Fälle gerüstet zu sein, stelle ich schon mal das Zelt auf und beschließe einen wunderschönen Tag weit weg von einem Plan oder einer Kilometerzahl.Læs mere