16. August
August 16 in Sweden ⋅ ☁️ 11 °C
Da kam ja doch so einiges mit den dunklen Wolkenpaketen dahergezogen. Es hat sich zwar nicht so unwetterartig entladen, wie es erst wirkte, aber heftiger Wind und Regen war schon die ganze Nacht drin. Der Wind ist jetzt lange schon wieder verweht, das nasse Gut hat sich erhalten. Da ich heute früh keine Eile habe, warte ich, versuche mal wieder auszusitzen. Noch‘n Kaffee und einmal rumgedreht, aber es hält sich nass von oben, egal wie rum ich es drehe oder wende. Von hier aus wäre es ein guter Tagesritt bis nach Lannavaara, wo ich sieben Monate lang den Winter zugebracht habe und natürlich noch ein Besuch ansteht. Ich fühle mich schon hier wie in meiner Hood, kenne in der Gegend so viele verschiedene Leute, zum Beispiel den Busfahrer hier aus Karesuando, der mich im Winter einige Male von und nach Kiruna mitgenommen hat. Freundlicherweise hat er mich immer durchgewunken, als wäre ich einer von hier. Und seit ich ihm im Winter abends am Highway bei einer kleinen Reparatur am Bus geholfen habe, sind wir ganz dicke. Sie sind halt entspannt und so war es für mich nicht verwunderlich, eine Geschichte von ihm gehört haben, wie er mehr als zehn Rentiere in dem großen Transportkoffer hinten auf dem Bus transportiert haben soll, natürlich lebendig. Inzwischen habe ich eine Info von Verena: Nach etlichen Wochen an der norwegischen Westküste ist sie auch auf dem Weg nach hier, wir werden uns im Laufe des Tages treffen. Ich hege seit Tagen den Plan, auf den Kuormakka, sozusagen den Hausberg meines Winteraufenthalts hochzusteigen, da es im Winter des tiefen Schnees wegen bei einem Versuch blieb. Es gibt auf halbem Wege nach Lannavaara einen Abzweig in die Esrange-Zone, von dem aus wir gemeinsam auf die gut 700 m hochwandern wollen. Ich habe also nur 40 km vor mir, es schüttet ordentlich und ich breche gegen halb zwölf auf. Geht doch nichts über einen echten Regentag mit den richtigen Klamotten und Rückenwind dazu. Und es fühlt sich wirklich gut an, hier in meiner zweiten Heimat unterwegs zu sein, wo ich mich recht gut auskenne. Habe ich doch schon im März, also während des hier sogenannten Frühlingswinters, schon auf dem Rad meine Kreise bis hier raus gezogen. Auch in Idivuoma, dem einzigen Dorf, durch das ich heute komme und wo ich eine Pause mache, kenne ich ein, zwei Leute. Es macht Spaß, richtig reinzuhauen, weil ich weiß, es steht das Wiedersehen und noch die Wanderung heute Nachmittag an. Und was für eine Freude, als mir auf dem Weg auf einmal meine Homies, wie ich die Gastfamilie immer liebevoll nenne, entgegenkommen und wir für einen kurzen Schwatz am Straßenrand stoppen. So brauche ich schließlich kaum mehr als zweieinhalb Stunden, bis ich auch Fräulein Wundermich wiedersehe, nachdem wir vor anderthalb Monaten seit dem Gryllefjord getrennte Wege gefahren sind. Der Abzweig hier von der E45 führt noch über 50 km nach Järämä, einem der wenigen Sami-Dörfer, die überhaupt Zivilisation in der Esrange darstellen. Dort war ich im Dezember, um mit meiner Gastgeber-Familie zusammen den Sami-Familien bei der Rentierscheide zu helfen. Eine einmalige Erfahrung, stundenlang in Scheinwerferlicht und pulverigem Schnee bei 15° unter Null zwischen Tausenden und Abertausenden von Rentieren dieselben bei den Hörnern zu packen und in die entsprechenden Verschläge der Familien zu schaffen, nachdem die Sami sie aus der großen rennenden Menge heraus an den Ohrmarkierungen erkannt und mit dem Lasso gefangen hatten. Alle vom Kleinkind bis zu den Ältesten waren dort und haben ihre Erfahrungen und Traditionen weitergegeben. Im Laufe des späten Nachmittags lichtet sich der Himmel heute und der Regen hört auf. Da nicht mehr so unendlich viel Zeit am Tag dran ist, entscheiden wir uns, nicht mit dem Zelt über Nacht dort oben zu bleiben, sondern heute stattdessen hier im Camper einen Kuchen zu backen und morgen recht früh die Wanderung als Tagesmarsch zu machen. Immerhin wird in den kommenden Tagen etwas mehr Programm sein, so dass wir uns die Zeiten etwas einteilen müssen. In der schönen Sonnenuntergangsstimmung ist aber alle Male noch so viel Zeit, die Räder auszupacken und einige Kilometer auf der Gravelroad Richtung Westen in diese unglaublich große, unbewohnte Raketentestzone zu fahren und die Ruhe und Abgeschiedenheit zu genießen.Read more










Traveler
Nichts hält länger, als eine Improvisation 😅
Traveler
Könnte auch schon wieder als alternatives Kunstprojekt durchgehen 🤭
Traveler
Einem alten Filmtitel angepasst, "Und ewig lockt der Berg" ☺️