• 17. August

    August 17 in Sweden ⋅ ☀️ 13 °C

    Für um vier ist der Wecker gestellt. Das wird aber auch seine Sache bleiben. Um diese Zeit existiert ja noch keine Realität und so rappeln wir uns erst gegen sieben auf, um nach dem Frühstück um neun aufzubrechen. Gut, dass wir das heute machen. Das Wetter ist toll, wunderschöne Wolken am Himmel und von Regenwetter weit und breit keine Spur mehr. Da es zumindest laut unserer Karte keinen Pfad gibt, gehen wir auf Richtung durch das hier unten noch vorhandene Strauchwerk und den Wald, in dem teils moosig sumpfig nassen Untergrund ist das schon etwas aufwändiger. All die feinen Details, die das Wandern aber offenbart, machen das Zickzacklaufen um die Bäume herum ganz angenehm. Auf der Tour auf zwei Rädern habe ich all diese Sachen wie Pilze, Beeren und Pflanzen nicht so wahrnehmen können, wie ich es heute wieder tue. Dazu die deutliche Erkenntnis, dass es Herbst wird. Hier und da gelbe, orange oder rote Verfärbungen an den Blättern, reife Beeren und Pilze und auch der Geruch an verschiedenen Stellen sind deutliche Zeichen. Nach einiger Zeit kommen wir auf einen ATV-Track, dem können wir folgen bis ganz hoch auf den Berg. Waren die Mücken unten im Wald noch recht unangenehm, sind sie auf der Höhe ab der Baumgrenze durch den heftigen Wind kein Thema mehr. Stück für Stück öffnet sich der Blick rundherum weit übers Land, die sanften Hügel und Seen bis hin in die schneebedeckten Berge in Norwegen in über hundert Kilometern Entfernung. Das ist angesichts dieser eher flachen Tundra-Landschaft hier absolut beeindruckend. Gegen elf erreichen wir die nördlichste Spitze dieser nord-südlich verlaufenden kleinen Bergkette. Gerade mit dem Fernglas sind die Orte im näheren Umkreis bis zu 50 km auszumachen, mein Interesse gilt natürlich besonders Lannavaara und den Seen rundherum, die ich im Winter alle in gefrorenem Zustand erwandert habe. Eine Alubox auf der Bergspitze, deren Deckel mit etlichen Steinen gegen den Wind beschwert ist, enthält ein paar Bücher über Glaube und Hoffnung, hier ist der laestadianische Einfluss in dieser Gegend deutlich zu spüren. Das in schwedisch geschriebene Buch über Hoffnung nehme ich mit und werde es mir bei passender Gelegenheit zu Gemüte führen. Von dieser Spitze auf etwas über 700 m zieht es sich zu den anderen zweien in südlicher Richtung noch einmal durch eine Senke, in der wir uns Blaubeeren und auch einer ganzen Menge Moltebeeren bedienen können. Was für ein grandioser Abschluss der ganzen Tour hier oben auf diesem Berg. Das ist das Gefühl, das ich angesichts der endlos weiten Sicht, des tollen Wetters, der mystischen Licht- und Wolkenkonstellationen und der gesamten Umstände habe. Von meinem Dorf kann ich zumindest einen Teil von hier oben erkennen, auch den Hügel, auf dem ich die ach so dunkle Winterzeit aufregend bunt und schön durchlebt habe. Gegen zwölf haben wir den für uns südlichsten Punkt erreicht und lassen uns hinter einem Steinhaufen etwas windgeschützt zur Mittagspause nieder, während einige Raben und Falken neben uns auf der selben Höhe den starken Wind nutzen, um völlig mühelos einfach ausgebreitet zu segeln. Gegen eins heißt es dann, den Rückweg anzutreten, wir haben uns für um vier bei Nina und Francisco zum Kaffee angemeldet. Es bleibt die ganze Zeit die Faszination über die weite Sicht zurück bis Karesuando und vor allem die schneebedeckten Berge so weit im Westen. Bergab folgen wir dem Pfad bis zur Straße, auch wenn der einen guten Kilometer vom Auto entfernt ankommt. Dafür ist er schneller zu laufen und wir treffen auch noch einen deutschen Radler, der auf dem Weg zum Nordkap hier gerade pausiert. Gegen drei sind wir am Auto zurück und nun heißt es flinke Füße. Ich möchte unbedingt das restliche Stück mit dem Rad fahren und habe nur noch eine Stunde Zeit. Dass es statt der gedachten 20 doch knappe 30 km sind, erhöht den Druck einerseits, die abgehängten Packtaschen beschleunigen allerdings die Fahrt andererseits. Und so trete ich rein, was das Zeug hält, um tatsächlich pünktlich um vier vor Ort zu sein, wo in diesen Tagen Franciscos Vater aus Argentinien zu Gast ist, der gerade heute seinen 80. Geburtstag feiert. Für uns eine besondere Freude, dem beizuwohnen. In wunderbar sonniger, spätsommerlicher Atmosphäre sitzen wir draußen zusammen, es ist etwas von allem, Wiedersehensfreude und Abschied in so vertrauter Umgebung zugleich, schließlich heißt es morgen für uns weiterzuziehen. Dank der Einladung der beiden können wir in den Räumlichkeiten übernachten, die ich über die ganzen Monate genutzt habe. An dieser Stelle sage ich euch Dreien, inzwischen korrekter gesagt Vieren mit dem Rentierkälbchen Greta, meinen ganz herzlichen Dank, dass ihr mich wie einen Sohn aufgenommen habt und wir zusammen eine so unglaublich tolle Zeit miteinander hatten.

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