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  • Day 17

    Ahmedabad: Sabarmati Ashram

    April 16, 2019 in India ⋅ ⛅ 33 °C

    Nach kurzem, aber in Anbetracht der Umstände dennoch gutem Schlaf im Nachtbus kamen wir heute Morgen um halb 5 in Ahmedabad an. Für eine indische Stadt waren die Strassen zu dem Zeitpunkt im Tiefschlafmodus, d.h., es vergingen mindestens zehn Sekunden zwischen zwei Huptönen. Genauso verschlafen war das Hotelpersonal, das uns die Tür öffnen musste und uns mit jedem Handgriff zu verstehen gab, dass es von unserer Idee eines Early-Check-in nicht gerade angetan war.

    Nach einigen Stunden, in denen wir unsere Schlafbatterien nachladen konnten, machten wir uns auf, die Stadt Ahmedabad (in der lokalen Sprache schlicht Amdavad genannt) zu besichtigen. Allerdings: Sehenswertes gibt es in dieser Stadt eigentlich kaum. Die Stadt scheint eher dafür bekannt zu sein, grosse Persönlichkeiten anzuziehen: Mahatma Gandhi mauserte sich hier von 1917 bis 1930 zur Ikone der indischen Unabhängigkeitsbewegung; der derzeitige Premierminister Narendra Modi wuchs im Ballungsgebiet der Stadt auf. Die Hauptattraktion Ahmedabads ist deshalb auch das sogenannte Sabarmati Ashram, benannt nach dem Fluss Sabarmati, an dem das spirituelle Zentrum (Ashram) liegt.

    Nachdem Gandhi in London zum Juristen ausgebildet worden war und in Südafrika gegen die Apartheid gekämpft hatte, nahm er sich dem Kampf gegen Unterdrückung in seinem Heimatland an. Im Sabarmati Ashram scharte er seine Vertrauten um sich und koordinierte Aktionen des hartnäckigen, aber stets gewaltlosen zivilen Ungehorsams. So bewegte er beispielsweise die Bewohner eines nahen Küstendorfs namens Dandi dazu, ihre Salzfarmen wieder aufzunehmen. Die Briten hatten die indische Salzproduktion verboten, um ihr eigenes, stark besteuertes Salz in Indien verkaufen zu können. Gandhis Aktion führte schliesslich tatsächlich dazu, dass dieses Verbot aufgehoben wurde.

    Das Sabarmati Ashram, das architektonisch eigentlich nichts zu bieten hat, beherbergt heute ein Museum, das Geschichten wie die obige erzählt. Museumspädagogen bekämen ab dem Museum aber wohl einen Schreikrampf: Die Infotafeln in den Museen boten Schlüsselereignissen in Gandhis Leben gleich viel Platz wie Nebensächlichkeiten, sodass die eigene Aufmerksamkeit - unfähig, sich einen groben Überblick zu verschaffen - bald in der Informationsflut unterging.

    Interessanter war viel eher, was das Museum nicht zeigte. So verschwieg das Museum konsequent die Umstände von Gandhis Tod: Er wurde von einem hinduistischen Extremisten erschossen, der Mitglied in einer Organsation war, die eng mit der derzeitigen Regierungspartei verbandelt ist. Auch liess das Museum ungesagt, dass Gandhis konsequenter Gewaltverzicht ihn manchmal zu gefährlicher Naivität verleitete: Noch auf dem Höhepunkt des zweiten Weltkriegs vertrat er die Ansicht, dass man Hitler mit Worten zur Einsicht bringen könne.

    Wenig beeindruckt von Ahmedabad kehrten wir in die Idylle unseres Hotelzimmers zurück, aus dem uns erst das Abendessen wieder lockte. Wir genossen einige lokale Köstlichkeiten, die sich bereits etwas von der nordindischen Küche unterschieden. Morgen früh werden wir Nordindien dann definitiv verlassen, wenn um 6 Uhr der Zug nach Mumbai geht.
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