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  • Day 30

    Sonntagskind!

    March 1, 2020 in Tanzania ⋅ 🌧 25 °C

    Nach einer kurzen Nacht wurde ich heute nicht nur vom Glockenläuten zur Messe, sondern auch von einem Anruf geweckt, wir haben eine Frau zur Geburt in der Klinik! 🤗
    Ich mach mich also so schnell es geht fertig, Frühstück in die Tasche geschmissen und los.
    Angekommen, erstmal Leerlauf, dann Visite bei den anderen Patienten und eine Beinwunde zu versorgen.
    Zuletzt die Gebärende, um dann auch direkt da bleiben zu können.
    Jetzt der 1. Schreck, dass Baby wird laut Unterlagen ne Frühgeburt, 33. Schwangerschaftswoche. 😟
    Eigentlich ein Grund für sofortige Verlegung in die nächstgrößere Klinik, weil wir weder Sauerstoff noch Beatmung für das Kind haben, geschweige denn Nahrung oder sonst irgendwas!
    Nur einen Ambubeutel, einen Absaugkatheter und einen uralten Inkubator als Wärmebettchen... 😒
    Na gut, das Hindernis bei der Verlegung, die Mutter hat kein Geld dafür. Also müssen wir es drauf ankommen lassen und hoffen, das alles gut geht!
    Der 2. Schreck, der Kollege ist der Meinung, ich soll heute Chefhebamme sein.
    Na super! 🤨
    Eigentlich ne coole Sache und ein Zeichen, dass sie mir vertrauen, andererseits ist halt unklar wie der Ausgang sein wird?
    Die Untersuchung ergibt, Kind liegt gut, Herztöne sind gut, dauert nicht mehr lange. Wir warten, es passiert wenig...
    Es dauert und ich versuche auf meinen verschiedenen Kanälen nochmal Beistand zu organisieren und alles durch zu gehen, dass ich für jede Situation so gut es geht gerüstet bin. Was die wenigen Utensilien hier eben so hergeben. Ich bin und bleibe also unruhig, die Zeit rennt ohne erkennbaren Fortschritt.
    Noch mitten in einem Chat verändert sich die Mutter dann plötzlich, sie fängt an mitzuschieben. Ich lasse sie machen und schaue hauptsächlich zu. Die Fruchtblase platzt und ich bin halbnass, obwohl nicht in der Ziellinie. 😅
    Egal, das gehört dazu und die vorher angebotene Schürze wollte ich ja nicht! Lässt mich zu sehr an einen Metzger erinnern und das passt ja beim besten Willen nicht zusammen.
    Der Kopf ist geboren, ziemlich groß für die angebliche Woche, die Kollegen lassen mich machen. Ich bin im Autopilot (hab also doch noch nix verlernt!).
    Dann kommt der Körper, komplett weiß von Käseschmiere. Die kleine Madame ist groß. Zu groß, für ihr errechnetes Alter, eine Beruhigung!
    Sie macht ihre Sache gut, atmet, schreit, Erleichterung...
    Ich warte bis die Nabelschnur auspulsiert ist, bis dahin hab ich ihr noch zusätzlich ein bisschen Atemhilfe gegeben, und nable ab.
    Ab auf Mamas Brust, denn die Plazenta muss noch hinterher. Zack, erledigt.
    Jetzt kümmere ich mich nochmal um die Kleine und wir sammeln ihre Daten. 2880g auf 50cm und ein zartes Köpfchen von 33cm. Ich schätze sie auf 36. bis 37. Schwangerschaftswoche, gut so! 😍

    Die Mutter wäscht sich und hat vorher vom Kollegen die typische Wochenbetthose bekommen, ein Streifen vom Kanga abgerissen und den Rest zur riesigen Stoffbinde gefaltet wird mit dem Streifen als Gürtel gehalten. (So eine Variante kannte ich bisher nur aus der "Stoffwindel-/Windelfrei-Szene".)
    Ich hab inzwischen die Madame verpackt, sie schläft. Wir warten, aber Mama lässt Wasser plätschern...
    Also schaue ich mal nach, sie steht am Spülstein und wäscht alle benutzten Tücher der Geburt schon durch als hätte sie nicht gerade vor einer halben Stunde ein Kind bekommen!
    Nach dem Aufhängen wird gestillt, was wie hier üblich auf Anhieb und ohne viel Tamtam klappt.

    Ich bin erleichtert und ziemlich zufrieden mit dem Verlauf! Nur die Sorge um das vermeintliche Frühchen hätte nicht sein müssen...
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