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  • Day 7

    Mostar - die geteilte Stadt.

    April 26, 2019 in Bosnia and Herzegovina ⋅ 🌧 20 °C

    Mein Tag in Mostar begann spät. Ich fror nachts so sehr, dass ich kaum schlafen konnte und mit Hals-und Kopfschmerzen aufwachte. Ich fühlte mich wirklich krank. Irgendwann raffte ich mich dann doch auf und lief in die Stadt. Und sofort dachte ich mir: Schön, aber... Beeindruckend, aber... Besonders, aber... Ich war zwar vorgewarnt, aber meine Befürchtung hat sich bestätigt. Mostar ist eine schöne Stadt mit Geschichte. Aber es ist auch so unglaublich touristisch. Man kann mit € zahlen, es gibt Aperol Spritz. In Mostar passiert das gleiche wie in Dubrovnik - die Touristen zerstören die Atmosphäre. Und ich meine nicht normale Touristen, sondern die Tages-Trip Touristen, die in Scharen aus Dubrovnik, Split, Sarajevo und Co. kommen und die Stadt den Mittag über fluten. Morgens sowie abends ist die Stadt quasi leer und komplett anders. Ich bin geflohen und zwar in den nördlichen Teil und hab mir die Stadt abseits der ‚alten Stadt‘ abgeschaut. Ich sah viele vom Krieg zerstörte Häuser und komische Dinge. Es gibt hier viele bettelnde Zigeuner (darf man das schreiben?‘), das hat mich genervt. Eine Frau saß mit einer Waage am Bürgersteig und hat Geld dafür genommen wenn man sich in aller Öffentlichkeit wiegen wollte. Wer tut das? Merkwürdig. Eigentlich hätte ich schon gerne gewusst wie viel ich zugenommen habe, aber nein..lieber nicht. Ich habe auch die ‚Müllabfuhr‘ gesehen - eine Frau die mit Hilfe eines Kinderwagens die gefüllten Plastikbeutel aufsammelt. Mit einem Kinderwagen. Ich lief zurück in Richtung Stadt und verweilte an einem Straßenkunst-Stand. Und da traf ich Denny, einen Weltbürgern. Wir kamen sofort ins Gespräch als ihm im mitteilte ich käme aus Berlin. Er lud mich auf eine Cola ein, schenkte mir einen Teil seiner Straßenkunst und erzählte mir seine Geschichte. Es war wirklich toll und seine Geschichten interessant. Er hat gefühlt schon überall auf der Erde gelebt und dementsprechend auch viel erlebt. Er lebt von Straßenkunst und kommt eigentlich aus Mazedonien. Er ist sehr links, aber das nehme ich ihm nicht übel. Leider musste ich dann auch schon weiter - die Free-Walking-Tour stand an. Ich bedankte mich und machte mich auf dem Weg.
    So toll wie die Touren in Sarajevo war sie nicht, aber dennoch erfuhr ich sehr interessante Fakten. Mostar liegt mitten im Herzen von Herzegowina und hat ca. 100.000 Einwohner, wobei die letzte Volkszählung vor 5 Jahren gemacht wurde. Bürger konnten dabei unterstützen und erhielten für jede gezählte Person 1,5€. Daher völlig unklar, ob diese Daten auch stimmen. Ich hätte definitiv mehr als 100.000 gezählt. Bekannt ist die Stadt vor allem für die alte Brücke die während der Zeit des osmanischen Reiches gebaut wurde und beide Teile Mostars verbindet. Während des Krieges wurde diese zerstört und erst 2004 wieder rekonstruiert. Die ethnischen Grenzen gibt es auch hier. Spüren tut man sie nicht, aber wenn man es weiß..westlich von der Boulevard-Straße wohnen die Bosniaks, östlich die Kroaten. Es gibt zwei Schulsysteme, d.h. die beiden ethnischen Gruppen gehen getrennt zur Schule, bekommen unterschiedlichen Sprach-,Geschichts,-und Religionsunterricht. Es gibt zwei Krankenhäuser, zwei Busstationen - es gibt alles doppelt. Ist das nicht fürchterlich? Apartheid der heutigen Zeit. Wie gesagt, man merkt davon nichts. Die Stimmung ist friedlich, aber es stimmt einen sehr nachdenklich. Wenn das nicht Diskrimierung und Rassismus wiederspiegelt, dann weiß ich euch nicht.
    Die ganze Stadt ist geprägt von osmanischer und österreichischer Baukultur. Viele Bauten sind einfach Ruinen, bei denen man den Krieg noch spüren kann. Der Tourguide zeigte uns Bilder wie die Ruinen vorher aussahen - wirklich schockierend. Für Rekonstruktionen fehlt einfach das Geld. In der Stadt gibt es auch viele freilaufende Hunde. Große, fluffige Hunde. Alle sehen wohlgenährt aus und sind ganz ruhig - Angst verbreiten sie nicht. Abends gönnte ich mir ein Süppchen und probierte den Travnik-Käse - sehr salzig. Im Hostel plauderte ich noch mit meinen sehr durchmischten Zimmergenossen: Japan, USA und Australien sind vertreten. Und anschließend ging es ab ins Bettchen.
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