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  • Day 3

    Vila do Conde - Barcelos

    September 15, 2022 in Portugal ⋅ ⛅ 21 °C

    Heute machte ich den ‚kleinen‘ Umweg von ca. 9 km um von der Küste zum traditionellen Weg zu gelangen. Auch der heutige Tag begann mit Regen, der aber zum Glück nur kurz anhielt. Regenkleidung an, Regenkleidung aus. Irgendwie war der Tag ziemlich einsam, was ich wertfrei meine, denn ich habe innerhalb von 8 Stunden nur 9 weitere Pilger*innen getroffen. Vor mir lief niemand, hinter mir genauso. Zum Glück war ich sehr davon überzeugt, dass ich auf dem richtigen Weg bin, sonst wäre das definitiv eine Erklärung gewesen. Vielleicht steht diese schöne Kombi aus Küstenweg & traditionellen Weg auch einfach nicht in anderssprachigen Reiseführern, denn man mag es kaum glauben, aber Deutschen bin ich noch nicht begegnet.
    Dadurch, dass der ‚Umweg‘ nicht Teil des Pilgerweges ist, fehlen natürlich die Markierungen. Daher musste ich mich ganz streng an die Beschreibung im Reiseführer halten: Am Bildstock links, am Haus mit dem Palmen rechts, an der Lagerhalle links,…der erste Teil der Route kam mir vor wie eine Schnitzeljagd und obwohl ich die Beschreibung ab und zu willkürlich fand, gab es wirklich nur ein Haus mit Palmen und nur eine Lagerhalle, sodass die Schnitzeljagd erfolgreich verlief.
    Die ersten zwei Stunden Marsch verliefen prima und ich merkte wie ich über den gestrigen Tag nachdachte. Im Nachhinein fand es sehr amüsant, dass ich bei Ankunft in Vila do Conde gar nicht den Drang verspürte mich im Ort umzusehen, ich verlor nichtmal einen Gedanken daran. Und dann fiel mir der Kalenderspruch ‚Der Weg ist das Ziel‘ ein - und das traf nun mehr als zu! Nicht Vila do Conde war mein Ziel, sondern der Weg zu diesem Ort. Was das fürs Leben bedeutet, weiß ich noch nicht so recht. Braucht man Ziele um den Weg zu gehen? Kann der Weg nicht trotzdem schön sein, auch wenn man ziellos ist?
    Nach den ersten zwei Stunden merkte ich leider schon wie meine Füße schmerzten. Jetzt schon - das darf doch nicht wahr sein. Und dann fing die rechte Hüfte an. Und das Knie meldete sich auch. Mir war gar nicht bewusst, wie viele Schmerzpunkte ein Mensch gleichzeitig haben kann. Aber die Antwort ist definitiv ‚Viele‘, zu ‚Viele‘. Ich war im Mimimi-Modus und fragte mich echt, wie ich es ans Ziel schaffen sollte. Und das an Tag 2! Der Weg ist das Ziel, erinnerte ich mich. Und so lief ich langsamer, machte eine Pause, wenn es nicht mehr ging, dehnte mich in regelmäßigen Abständen & lief. Ich hatte schließlich keinen Zeitdruck. Ich passierte Maisfelder, durchquerte Eukalyptus-Wälder und einige kleine Ortschaften. Die Schmerzen blieben und ich war überrascht, was mein Körper alles so wegsteckt. Auch wenn wegstecken nicht das richtige Wort ist, ertragen, erleiden,.. Die Pausen wurden immer mehr und länger, aber nach über 45000 Schritten und viele Stunden später erreichte ich schließlich Barcelos. In der Zwischenzeit überholten mich auch drei ältere Herren. Die drei hatten definitiv den Dreh raus und motivieren mich irgendwie auf den letzten Metern nicht aufzugeben. Vielleicht war die Etappe deshalb so schwierig für mich, weil ich 35 km alleine vor mich hin lief. Das gemeinsame ‚Leiden’ mit anderen Pilger*innen fehlte völlig.
    Das mit dem Stempel-Sammeln gestaltete sich auch schwierig heute. Die Kirchen und Herbergen waren geschlossen & sowie war der Weg nicht großartig belebt. Aber ich fand dann doch ein Café, in dem ich für eine Cola & 1,5l Wasser sage und schreibe 2,40€ zahlte und mir schließlich meinen Stempel holte.
    Barcelos ist tatsächlich die erste Stadt, die ich nach Porto wieder zu Gesicht bekomme. Der Herr Reiseführer schreibt, dass es sich lohnen würde sich die Stadt anzuschauen. Und das tat ich auch, nachdem ich im Hotel duschen war und meine Flip Flops angezogen habe. Herr Reiseführer hat auch hier recht behalten.
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