Caminho Português

September 2022
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  • Day 1

    Porto

    September 13, 2022 in Portugal ⋅ 🌧 21 °C

    Wenn mich jemand fragt, ob ich an Gott glaube, ist meine Antwort immer dieselbe. Ich glaube ausschließlich an mich. Klingt das komisch? Für viele Menschen bestimmt. Ich verstehe allerdings, warum sich viele Menschen in schwierigen Situationen dem Glauben hingeben - es macht sie einfacher erträglich, wenn man die Gründe für unschöne Lebensabschnitte nicht bei einem selbst finden kann und/oder möchte.
    Ich hätte auch zugerne eine Erklärung für meinen herausfordernden Lebensabschnitt. Ich glaube zwar nicht, dass die Antwort irgendeine Art von Religion sein wird, aber trotzdem befinde ich mich jetzt hier in Portugal, ziemlich bereit für ein neues kleines Abenteuer, einer neuen körperlichen Herausforderung und dafür, ein bisschen (!) Religion, Spiritualität und Zeit für mich in mein Leben zu lassen. Vielleicht finde ich Antworten, vielleicht kommen aber auch nur weitere Fragen hinzu. Vielleicht weder noch. Aber definitiv warten nun 260km auf mich. Ja, manchmal komme ich auf komische Ideen, das ist eigentlich nichts Neues. Aber ich weiß nicht, warum man unbedingt zwischen zwei Chemo-Sitzungen eine 10-tägige Wanderung quetschen muss, es gibt mit Sicherheit bessere Zeitpunkte. Naja, eigentlich weiß ich es ganz genau. Jetzt erst recht! Mein Beweis für mich, dass ich an mich glauben kann.
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  • Day 2

    Porto - Vila do Conde

    September 14, 2022 in Portugal ⋅ 🌧 22 °C

    Und so stand heute die erste Etappe auf dem Plan, die mit ca. 33km auch ein sportlicher Start gewesen ist: Porto - Vila do Conde. Ich entschied mich die erste Etappe an der Küste entlang zu laufen und dann an Tag 2 auf den traditionellen Weg umzuschwenken. Der Reiseführer schreibt, dass das eine schöne Kombination ist.
    Voller Tatendrang erwachte ich dementsprechend heute und musste erstmal feststellen, dass der Wettergott es schonmal nicht gut mit mir meinte: Es schüttete. Ich wusste natürlich, dass das passieren würde, aber ich hatte doch noch ein bisschen Hoffnung, dass ich den ersten Tag nicht komplett im Regen laufen muss. Nö. Nein. No. Não. Also schmiss ich meine Regenkleidung über und machte mich auf dem Weg zur Kathedrale von Porto, in der ich meinen Pilgerpass entgegennahm. Mit diesem sammle ich auf dem Weg nach Santiago Stempel, als Beleg dafür, dass ich den Weg wirklich von Ortschaft zu Ortschaft zu Fuß zurückgelegt habe. Ich mag die Idee!
    Es schüttete wie verrückt. Aber ich mochte es. Irgendwie. Zumindest so lange, bis ich die Atlantikküste und somit das offene Meer erreichte. Der Wind peitschte mir den Regen ins Gesicht, sodass ich zwischendurch gar nichts mehr sehen konnte. Zum Glück war es nicht kalt, sondern einfach nur unglaublich nass. Ich war ziemlich alleine auf dem Weg, aber das war mir auch ganz recht so. Hin und wieder bekam ich ein ‚Bom Caminho‘ zugerufen und irgendwann hörte der Regen schließlich auf. Und schon vermisste ich ihn, denn plötzlich wurde es unfassbar warm und darauf war ich natürlich nicht vorbereitet. Und so verbrannte ich mich bereits an Tag 1 - Gratulation! Aber der Weg war wirklich toll, ich hielt Ausschau nach den gelben Pfeilen und der gelben Jakobsmuschel und folgte jenen. Direkt an den Stränden ging ein Holzsteg entlang, auf dem eine überschaubare Zahl an Pilgern anzutreffen war. Einige pilgerten zu zweit, andere alleine & wiederum andere schlossen sich unterwegs zusammen.
    Ich ging insgesamt 8 Stunden alleine, und ich habe tatsächlich über sehr wenig nachgedacht, wenn ich jetzt so drüber nachdenke. Ich lief, und lief und war einfach glücklich aufs Meer zu schauen und den gewaltigen Wellen dabei zuzusehen wie sie brechen. Das Laufen hatte definitiv etwas meditatives. Auf den letzten 5 km musste ich allerdings meinen Füßen Gut zureden (und das meine ich wortwörtlich), denn die haben sich mittlerweile bemerkbar gemacht und wollten aus den Schuhen. Ja, ich habe ganz schön gelitten auf den letzten Kilometern. Nach über 48.000 Schritten habe ich mein Ziel Vila do Conde endlich erreicht und war heilfroh, als ich endlich diese Schuhe ausziehen konnte. Erste Etappe - geschafft! Und ich bin sowas von begeistert von diesem Weg!
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  • Day 3

    Vila do Conde - Barcelos

    September 15, 2022 in Portugal ⋅ ⛅ 21 °C

    Heute machte ich den ‚kleinen‘ Umweg von ca. 9 km um von der Küste zum traditionellen Weg zu gelangen. Auch der heutige Tag begann mit Regen, der aber zum Glück nur kurz anhielt. Regenkleidung an, Regenkleidung aus. Irgendwie war der Tag ziemlich einsam, was ich wertfrei meine, denn ich habe innerhalb von 8 Stunden nur 9 weitere Pilger*innen getroffen. Vor mir lief niemand, hinter mir genauso. Zum Glück war ich sehr davon überzeugt, dass ich auf dem richtigen Weg bin, sonst wäre das definitiv eine Erklärung gewesen. Vielleicht steht diese schöne Kombi aus Küstenweg & traditionellen Weg auch einfach nicht in anderssprachigen Reiseführern, denn man mag es kaum glauben, aber Deutschen bin ich noch nicht begegnet.
    Dadurch, dass der ‚Umweg‘ nicht Teil des Pilgerweges ist, fehlen natürlich die Markierungen. Daher musste ich mich ganz streng an die Beschreibung im Reiseführer halten: Am Bildstock links, am Haus mit dem Palmen rechts, an der Lagerhalle links,…der erste Teil der Route kam mir vor wie eine Schnitzeljagd und obwohl ich die Beschreibung ab und zu willkürlich fand, gab es wirklich nur ein Haus mit Palmen und nur eine Lagerhalle, sodass die Schnitzeljagd erfolgreich verlief.
    Die ersten zwei Stunden Marsch verliefen prima und ich merkte wie ich über den gestrigen Tag nachdachte. Im Nachhinein fand es sehr amüsant, dass ich bei Ankunft in Vila do Conde gar nicht den Drang verspürte mich im Ort umzusehen, ich verlor nichtmal einen Gedanken daran. Und dann fiel mir der Kalenderspruch ‚Der Weg ist das Ziel‘ ein - und das traf nun mehr als zu! Nicht Vila do Conde war mein Ziel, sondern der Weg zu diesem Ort. Was das fürs Leben bedeutet, weiß ich noch nicht so recht. Braucht man Ziele um den Weg zu gehen? Kann der Weg nicht trotzdem schön sein, auch wenn man ziellos ist?
    Nach den ersten zwei Stunden merkte ich leider schon wie meine Füße schmerzten. Jetzt schon - das darf doch nicht wahr sein. Und dann fing die rechte Hüfte an. Und das Knie meldete sich auch. Mir war gar nicht bewusst, wie viele Schmerzpunkte ein Mensch gleichzeitig haben kann. Aber die Antwort ist definitiv ‚Viele‘, zu ‚Viele‘. Ich war im Mimimi-Modus und fragte mich echt, wie ich es ans Ziel schaffen sollte. Und das an Tag 2! Der Weg ist das Ziel, erinnerte ich mich. Und so lief ich langsamer, machte eine Pause, wenn es nicht mehr ging, dehnte mich in regelmäßigen Abständen & lief. Ich hatte schließlich keinen Zeitdruck. Ich passierte Maisfelder, durchquerte Eukalyptus-Wälder und einige kleine Ortschaften. Die Schmerzen blieben und ich war überrascht, was mein Körper alles so wegsteckt. Auch wenn wegstecken nicht das richtige Wort ist, ertragen, erleiden,.. Die Pausen wurden immer mehr und länger, aber nach über 45000 Schritten und viele Stunden später erreichte ich schließlich Barcelos. In der Zwischenzeit überholten mich auch drei ältere Herren. Die drei hatten definitiv den Dreh raus und motivieren mich irgendwie auf den letzten Metern nicht aufzugeben. Vielleicht war die Etappe deshalb so schwierig für mich, weil ich 35 km alleine vor mich hin lief. Das gemeinsame ‚Leiden’ mit anderen Pilger*innen fehlte völlig.
    Das mit dem Stempel-Sammeln gestaltete sich auch schwierig heute. Die Kirchen und Herbergen waren geschlossen & sowie war der Weg nicht großartig belebt. Aber ich fand dann doch ein Café, in dem ich für eine Cola & 1,5l Wasser sage und schreibe 2,40€ zahlte und mir schließlich meinen Stempel holte.
    Barcelos ist tatsächlich die erste Stadt, die ich nach Porto wieder zu Gesicht bekomme. Der Herr Reiseführer schreibt, dass es sich lohnen würde sich die Stadt anzuschauen. Und das tat ich auch, nachdem ich im Hotel duschen war und meine Flip Flops angezogen habe. Herr Reiseführer hat auch hier recht behalten.
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  • Day 4

    Barcelos - Ponte de Lima

    September 16, 2022 in Portugal ⋅ ☀️ 27 °C

    Mir graute es schon vor dem heutigen Tag, denn nach zwei sehr sportlichen Tagen und der Verzweiflung gestern, wusste ich nicht so recht wie ich es heute machen würde. Die Antwort war allerdings leicht: Anders.
    1. Ich schnürte meine Schuhe nicht so fest. Google sagt nämlich, die Füße müssten durchblutet werden, sonst fängt das ‚Brennen‘ an. Ja, das habe ich gemerkt!
    2. Ich legte nach 2 Stunden jeweils eine Pause ein.
    3. Ich machte eine ausgiebige Mittagspause und aß vernünftig.
    4. Ich versuchte zwischendurch meine Füße anders zu belasten.
    Ich sage nicht, dass mir nach 10 Stunden pilgern nicht die Füße wehtun würden, aber diese 10 Stunden und fast 40km haben nur geklappt, weil ich meinen gestrigen Ansatz grundlegend angepasst habe. Auch sonst war die Stimmung des Tages ganz anders - endlich war ich nicht mehr allein! Es waren nicht viele Pilger*innen, aber genug, sodass man die unterschiedlichsten Leute immer wieder getroffen hat. Jeder hat natürlich ein anderes Tempo. So läuft man ein Stück zusammen, trennt sich und sieht sich 10km später im Café wieder. Genau so wollte ich das! Ein Herr aus Ungarn bat alle Mitpilger*innen auf seinem weißen T-Shirt zu unterschreiben. Das war echt eine süße Idee, weil er so tatsächlich alle Namen draufhatte. Jedes Mal wenn ich ihn wieder traf kam: Katha, a beer? Auch wenn ich das aufgrund der Uhrzeiten oder meinem physischen Zustand immer ablehnte, fand ich das echt super meinen Namen zu hören, wenn ich ein Café betrat. Heimisch! Auch das ist sicherlich ein Grund dafür gewesen, dass ich die Distanz heute gepackt habe - all die Pilger*innen, die ich traf halfen mir irgendwie dadurch. Auch wenn es bei den anderen immer so leicht aussteht, werden alle irgendwie mit irgendetwas gekämpft haben. Und wenn es nur die Hitze ist. 27 Grad, Sonnenschein & strahlend blauer Himmel. Ich will mich nicht beschweren, aber der Regen von Tag 1 war dann doch gar nicht so übel.
    Nach 11 Stunden bin ich in Ponte de Lima angekommen, der ältesten Stadt Portugals. Herr Reiseführer sagt, auch hier soll es ganz schön sein, aber ich laufe keinen einzigen Schritt mehr, der nicht sein muss - meinen Füßen zuliebe.
    Meine heutige Erkenntnis: Falsche Entscheidungen zu treffen, kann schmerzhaft sein. Allerdings kann dies aber auch gut sein, denn im besten Fall, weiß man es danach einfach besser, weil man dazugelernt hat!
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  • Day 5

    Ponte de Lima - Rubiäes

    September 17, 2022 in Portugal ⋅ ☁️ 27 °C

    Heute sollte es entspannt werden: 19km & 400 hm - quasi Urlaub. Das war nur die Theorie, denn natürlich wird man von Tag zu Tag nicht gerade fitter und den Füßen geht es tendenziell schlechter und nicht besser. Nichtsdestotrotz freute ich mich auf die heutige Etappe, denn sie sollte landschaftlich sehr reizvoll werden. Nach meinem neuen Ansatz, machte ich in jedem Café, welches mir über dem Weg lief, eine Pause, sofern ich mindestens 1,5h gelaufen bin. So viele Cafés gab es tatsächlich nicht, sodass mein 1,5h Limit keinen Sinn gemacht hatte. Auf jeden Fall setzte ich mich in das erste Café, wo sich schon viele bekannte und einige neue Gesichter tummelten. Ich unterhielt mich nett mit einem Südafrikaner und einer Amerikanerin, als ich wieder ‚Katha, a beer‘ zu hören bekam. Auch dieses Mal lehnte ich ab, denn es war gerade mal 11 & der Anstich war schließlich erst um 12!
    Ich pilgerte weiter, und weiter..ziemlich langsam. Bergauf, bergab und plötzlich merkte ich das was fehlte: die gelben Pfeile! Mist, ich bin falsch bzw. habe mich verlaufen. Es gibt so viele von ihnen, dass ich mir gar nicht vorstellen konnte, dass man sich überhaupt verlaufen konnte. Öhm, doch. Ich entschied mich den Weg zurückzugehen um herauszufinden, wo ich was falsch gemacht habe, denn eigentlich bin ich an keiner Abzweigung vorbei. Ich hatte recht behalten. Es gab keine offizielle Abzweigung, sondern einen nicht offiziellen Weg, den ich schlichtweg übersehen habe. Den man aber eigentlich nicht übersehen kann, denn es gab mindestens 10 Pfeile. Also: Ich bin ganz selbstsicher den asphaltierten Weg unter der Autobahnbrücken entlang, weil es für mich keinen anderen Weg gab und ich anscheinend so davon überzeugt war, dass es der Weg sein muss, dass ich weder nach rechts noch links schaute. Puh. Wie oft bin ich denn eigentlich voreingenommen? Bilde mir eine Meinung, ohne richtig hingeschaut zu haben? Urteile? Zu oft! Diese Erkenntnis ist zwar nicht neu, aber das auf diese Weise nochmal aufs Brot geschmiert zu bekommen (jeder zusätzliche Schritt schmerzt!), ist kein schönes Gefühl. Der Weg war heute besonders schön! Es ging sehr viel durch Wäldern, wofür ich bei 28 Grad auch echt dankbar war. Mir schmerzten die Füße, daher lief ich auch vergleichsweise langsam. Und da sah ich plötzlich auf dem Boden ein Stein liegen: ‚Come on Katha‘. Ich musste laut loslachen - dieser verrückte Ungar! Ich fand das total lieb und wirklich motivierend. Später habe ich noch einen Stein gesehen mit: ‚Go, Katie‘ für die junge Amerikanerin. Es sind die kleinen Dinge und oftmals einfach nur zwei, drei Worte! Schön! Ich bin echt auch ein bisschen gerührt, was für nette und bedingungslos hilfsbereite Menschen man trifft. Das ist eine unglaublich schöne Erfahrung!
    Die Höhenmeter hatten es in sich, denn sie kamen auf einmal. Auf halben Weg erreichte man das ‚Kreuz der Pilgerer‘ unter dem die Pilger einen Stein für einen Wunsch, den sie auf dem Weg mit sich tragen, ablegten. Auch ich legte einen ab.
    Den Abend ließ ich mit meinen Mit-Gasthäuslern ausklingen: Zwei ältere Herren aus Amerika & Ute aus Leipzig.
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  • Day 6

    Rubiäes - Ribadeloura

    September 18, 2022 in Spain ⋅ ⛅ 30 °C

    Nach einem leckerem Frühstück bei Sofia startete ich mit Rick, einem Kanadier, die heutige Etappe. Irgendwie wollten meine Beine aber nicht so richtig, ich war so unglaublich langsam, dass ich Rick weiterziehen lassen musste. Wohlgemerkt ist Rick 70+. Für die ersten 6km brauchte ich fast 3 Stunden - ich kam einfach nicht voran. 21 km sollten noch folgen. Nach der obligatorischen Cola Zero war ich aber plötzlich wieder da und es lief, ich lief. Der Weg war heute viel hoch und runter, aber vor allem runter, was wahrscheinlich auch ein Grund für mein Langsamsein gewesen ist. Meine Füße waren müde und schmerzten, aber ich hab ein neues Mittel: Schuhe aus, kurze Massage und nochmal Hirschtalg drauf. Das funktioniert echt wunderbar. Während meiner ausgiebigen Pausen traf ich alte Gesichter und jeder berichtete dasgleiche, niemand kam so richtig voran. Puh, zum Glück bin ich nicht die einzige! Es können aber auch die 32 Grad gewesen sein, die einen ganz schön platt gemacht haben.
    Heute wurde mir klar, dass auch wenn wir alle den gleichen Weg gehen, geht ihn jeder anders. Der eine hört Musik, der andere läuft nie mehr als 15km, andere überspringen Etappen mit dem Taxi und ich nehme mir immer Einzelzimmer. Jeder hat seinen eigenen Rhythmus, seine eigenen Regeln und Grenzen. Und jeder einzelne ist glücklich mit seinen eigenen Parametern, was unglaublich schön ist zu beobachten. Der Camino ist so vielfältig wie das Leben. Man muss ihn nur so gestalten, wie es einem passt.
    Das schönste an der heutigen Strecke waren für mich tatsächlich die Städte: Valenca und Tui.
    Valenca ist die letzte portugiesische Stadt vor der Grenze Spaniens und ist geprägt von imposanten Stadtmauern und einer niedlichen Altstadt mit vielen tollen Geschäften. Ich hätte am liebsten losgeshoppt, aber jedes vermeidbare Gramm im Rucksack ist ein gutes Gramm.
    Valenca und Tui werden verbunden durch eine Brücke, die als Symbol des friedlichen Zusammenlebens beider Länder gilt. Ich fand’s ganz witzig über die Brücke zu laufen und plötzlich in Spanien zu sein und vor allem 1h weiter. Tui ist sehr mittelalterlich geprägt, was der Stadt auch viel Charme verleiht. Obwohl beide Städte toll waren, musste ich noch ein paar Kilometer hinter mich bringen, denn meine Unterkunft war in Ribadeloura. Obwohl diese zusätzlichen 1,5 Stunden gequält haben, hat die Unterkunft diese wieder komplett wett gemacht. Das Zimmer war komplett neu, der Garten traumhaft und die Gastgeberin sehr nett. Und schließlich lernte ich Petra aus dem Saarland kennen, mit der ich bei einem Glas Wein und leckeren Lentejas den Abend ausklingen ließ. Schön wieder in Spanien zu sein!
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  • Day 7

    Ribadeloura - Redondela

    September 19, 2022 in Spain ⋅ ☀️ 29 °C

    170km in 6 Tagen! Halleluja! Und das mit nur einer Blase am kleinen Zeh. Ich bin wirklich begeistert und ein kleines bisschen stolz. Vor allem werden die nächsten Tage ein bisschen entspannter, denn es sind ja nur noch ca. 85km, was mir meine Füße danken werden.
    Der heutige Tag war aber komplett anders als die davor. Ich startete mit einem unfassbar leckeren, spanischen Frühstück, bei dem ich es leicht übertrieben habe, aber hatte dennoch oder gerade deswegen volle Energie.
    Kurz nach meinem Start lernte ich Javi aus Almería kennen mit dem ich mich so gut verstand, dass wir im Endeffekt die komplette Etappe zusammenliefen. Das war auch eine tolle Erfahrung, vor allem hatten wir tolle Gespräche, obwohl mein Spanisch echt eingerostet ist. Nach weniger als 2 Stunden waren wir bereits in O Porriño, der Stadt in der Javi eigentlich bleiben wollte. (Keine schöne Stadt!) Aber dadurch, dass wir so unfassbar schnell waren, machten wir eine kleine große Pause im Café und Javi entschied sich schließlich mit mir weiterzulaufen. Ich war heute echt unfassbar flott unterwegs - ich glaube mein Körper hat sich jetzt an das Laufen und die Schmerzen gewöhnt!
    Im Allgemeinen war die Strecke heute allerdings nicht so schön, viel Industriegebiet, viele Straßen, viele Häuser. Also eigentlich ging es heute darum, sich die Häuser auf der Strecke anzuschauen und zu überlegen in welchem man wohnen möchte. Daher war es heute umso passender einen netten Gesprächspartner an der Seite zu haben.
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  • Day 8

    Redondela - Pontevedra

    September 20, 2022 in Spain ⋅ 🌙 23 °C

    Redondela hatte ich mir gestern nicht mehr wirklich angeschaut. Aber zum Glück führt der Weg irgendwie immer durch die Altstadt, sodass ich dann heute früh das Örtchen gesehen habe. Der Weg heute war wieder richtig schön, wenn es nicht mit 32 Grad wieder unglaublich heiß gewesen wäre. Der Unterschied zwischen Portugal und Spanien ist allerdings echt groß. Seit Tui (Spanien) sind sicher das vierfache an Pilgern dazugekommen - wenn das mal reicht. Man merkt, dass viele den Weg ab Tui laufen, aber auch dass der Küstenweg sowie der traditionelle Weg zusammenführten. Zudem muss man in Spanien keine Angst mehr haben, dass man verdurstet oder verhungert, denn es gibt viel mehr Cafés, aber auch private Stände (sogar im Wald), an denen alles was man braucht und nicht braucht kaufen kann. Und: Es gibt in Spanien Bänke, in Portugal gefühlt nicht eine, außer an der Küste. Wie dem auch sei, hat mir der Weg heute wieder richtig gut gefallen. Es war ein guter Mix aus allem!
    Ziemlich ungünstig war allerdings, dass ich irgendwann bemerkte, dass ich meine Socken, die ich zum aufhängen an meinen Rucksack klemmte, verloren habe. 30€! Natürlich lief ich ein ganzes Stück wieder zurück und suchte sie. Die mir entgegenkommenden Pilger waren leicht verwirrt, aber ich habe sie schlussendlich wiedergefunden. Das Waschen hätte ich mir sparen können, denn sie sind schön im Dreck gelandet. Aber ich hab sie wieder und das zählt!
    Pontevedra, mein Etappenziel, gilt als schönste Stadt Galiciens. Und dadurch, dass ich schon relativ früh angekommen bin, schaute ich mir die Stadt auch an. Sie ist wirklich schön! Sehr mittelalterlich geprägt und viele kleine verwinkelte Gässchen. Komisch ist aber, dass Leute hier anscheinend mit ihren Eseln spazieren gehen. Nagut!
    Dadurch, dass ich Mittags nichts gegessen hatte, war ich um 19 Uhr natürlich auch entsprechend hungrig. Und ich wollte unbedingt Pulpo essen! Ich setzte mich in eine Sidreria, wo man mir entgegnete, dass die Küche erst um 20:30 Uhr aufmachen würde, so wie überall. HILFE! Ich wusste ja, dass die Spanier einen anderen Rhythmus haben, aber dass man gar nichts zu essen bekommt, ist mir neu. Ich bestellte trotzdem Sidre mit der Antwort, dass es nur 0,7l Flaschen geben würde und ich besser was anderes bestellen solle. Nö. Einfach nur nö. Ich will genau diese Flasche Sidre. Wenn ich schon nichts zu essen bekomme, muss ich meinen Magen eben mit was anderem füllen. Und natürlich habe ich die ganze Flache getrunken! Und das habe ich dann auch gemerkt…
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  • Day 9

    Pontevedra - Caldas de Reis

    September 21, 2022 in Spain ⋅ ☀️ 27 °C

    Dadurch, dass es gestern so unerträglich heiß gewesen ist, beschloss ich heute ein bisschen früher zu starten. Es war ziemlich frisch, aber auch schön zu sehen, wie die Stadt langsam erwacht. Die ersten 10 Kilometer bin ich mit Domian aus Slowenien gelaufen, den ich seit Porto immer mal wieder auf der Strecke getroffen habe. Er beklagte die Unterschiede zwischen den portugiesischen und spanischen Abschnitten, quasi das, was ich gestern berichtet habe, nur wesentlich kritischer. Und ja, nachdem wir uns wieder trennten, war ich auch ein bisschen genervt von den ganzen Gruppen, die mit ihren Mini-Rucksäcken und Turnschuhen ‚nur‘ die letzten 100km liefen und vor Energie nur so strotzen. Die Ruhe war definitiv fort.
    Ich war heute überraschenderweise sehr schnell unterwegs, wahrscheinlich weil ich viele Gruppen überholen musste, damit ich ein bisschen Ruhe habe. Sprach Oma Katharina.
    Trotzdem machte ich natürlich vorbildlich zwei Päusschen. Seitdem ich in Spanien bin, sind die Gespräche der anderen Pilger immer die gleichen: Was ist gestern schief gelaufen bei der Unterkunftssuche, wer hat wo welche Unterkunft reserviert oder angepeilt, es sei so blöd, dass man nirgends mehr spontan ein Zimmer finden kann, man hätte Panik gehabt nichts mehr zu finden, man musste 5km weiter in die nächste Ortschaft laufen, weil alle Zimmer belegt waren…usw. JEDEN TAG. Ich bin so unfassbar froh, dass ich alles vorgebucht habe und nicht diese Probleme habe. Das klingt für mich so richtig ätzend und hat in meinen Augen nichts mehr mit Freiheit zu tun, sondern nur Stress. Diese Art von Freiheit funktioniert nur wenn Angebot und Nachfrage im Einklang sind, was aber seit Tui nicht mehr der Fall ist.
    Auf jeden Fall habe ich aus gestern gelernt und bin heute Mittagessen gewesen - endlich gab es meinen Pulpo, der wirklich vorzüglich gewesen ist! Aufgrund der Hitze bin ich auch nach dem Essen wieder ins Zimmer - es ist nämlich eh Siesta und alles hat geschlossen!
    Nachmittags bin ich nochmal los um ein bisschen durch die Stadt zu schlendern und um Lotto zu spielen. Mein Plan ist es nämlich am Freitag die 194 Millionen zu knacken. Träumen darf man ja wohl!
    Als ich durch die wirklich süße Stadt schlenderte, sah ich Javi, der gerade seine Füße in eines der zahlreichen Thermalbecken entspannte. Zwar erkannte er mich geduscht & ohne Wanderoutfit auf den ersten Blick erstmal nicht, lud mich dann aber doch ein ihm Gesellschaft zu leisten, nachdem er checkte, dass ich es bin. Ich setzte mich zu ihm und tränkte auch meine Füße. Das Wasser war unglaublich heiß, oder es fühlte sich zumindest so an. Nach kurzer Zeit war es aber sehr angenehm und meine Füße dankten es mir.
    Anschließend tranken wir noch 1,2,3 Weinchen zusammen und ließen den Abend mit viel Humor und guten Gesprächsthemen ausklingen.
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  • Day 10

    Caldas de Reis - Padrón

    September 22, 2022 in Spain ⋅ ⛅ 24 °C

    Heute bin ich noch ein bisschen früher los und eigentlich weiß ich gar nicht so genau warum. Ich war richtig müde, was sicher am Wein, dem späten zu Bett gehen und dem frühen Aufstehen lag. Keine optimale Kombi. Ich lief eine halbe Stunde im Dunkeln und versteh so gar nicht, wieso Leute schon um 6 Uhr (2h vor Sonnenaufgang) losliefen. Es ist kalt. Es ist dunkel. Man sieht nichts von der schönen Landschaft. Es ist gar nicht so ungefährlich und man kann eh erst gegen 14 Uhr in den Unterkünften einchecken. Das einzige: Man umgeht natürlich die Mittagshitze. Aber was gibt es schöneres als die Dusche in der Unterkunft, nachdem man schweißgebadet am Ziel ankommt? Absolut nichts! Heute kam ich bereits um 12 Uhr in Padrón an. Ich war ziemlich flott unterwegs und bin auch so der Mittagshitze aus dem Weg gegangen. Aber ehrlich gesagt, habe ich die ersten 3 Stunden der Strecke gefroren..ich hätte lieber geschwitzt! Check-In ist allerdings wie erwartet erst um 14 Uhr gewesen. Und ab 13 Uhr gibt es erst Mittag in den Restaurants. Bleed. Also setzte ich mich einfach in ein Restaurant, trank eine Cola und wartete bis 13 Uhr. Ich war ganz alleine in diesem Restaurant, denn ich wollte unbedingt hier essen, denn es war eine Pulperia. Um 13 Uhr ging’s dann los: Zur Vorspeise Pulpo, Hauptgericht Kabeljau und zum Abschluss eine Orange. Ohja. Lecker. Mittlerweile hatte sich die Terrasse des Restaurants so gefüllt, dass Leute anstehen mussten bzw. relativ lange warteten um ein Platz zu bekommen. Ich habe also definitiv eine sehr gute Wahl getroffen! Allerdings fühlte ich mich ein bisschen schlecht, denn als die Terrasse komplett leer war, setzte ich mich einfach an einen 4er Tisch. Konnte ja keiner ahnen, dass so ein Ansturm folgen würde!
    Anschließend kaufte ich noch ein bisschen Wasser und Obst und checkte in meiner Unterkunft ein, die ein bisschen außerhalb von Padrón lag. Dadurch, dass es hier einen Garten gab, beschloss ich mich heute Abend nicht mehr in die Stadt zu bewegen, sondern den Nachmittag im Garten zu verbringen. Die Ruhe ist ein Traum und ich kann es richtig genießen einfach mal Zeit zu haben um entspannt im Freien zu lesen.
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