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  • Day 22

    Auf das Kung-Fu-Huhn gekommen

    February 27, 2019 in Canada ⋅ 🌙 -10 °C

    Hühner sind verdammt grausame Wesen und diese Geschichte ist nichts für zartbeseitete Gemüter (also nein, so schlimm ist es nicht).

    Voraussichtlich entfalten Hühner nur dann ihre grausame Seite, wenn sie zu viele auf zu engem Raum sind. Hier ist das so, auch wenn sie in meinen Augen genug Platz haben (für Nutztiere in Gefangenschaft).

    Es gibt ein Huhn hier. Ich nenne es "Kung-fu-Chicken". Öffne ich die Tür zum Gehege, flattert dieses wild gewordene Huhn mal von links mal von rechts auf mich zu, prallt ab, landet auf dem Boden und rennt weg. Die Federn stehen in alle Richtungen weg. Meine Vorgängerin, die ich an meinem 2. Tag hier kennenlerne warnte mich schon vor diesem Gehege: "These chickens are all crazy". In der Tat ist dieser Stall der mit den "wildesten Hühnern". Sie schreien rum, rennen vor mir weg und, bewege ich mich schneller als in Zeitlupentempo, fliegen sie alle kreischend herum. Ich mag das Gehege aber. Nach ein paar Tagen hab ich zwar immer noch eine Schar gackernden Gefieders vor mir fliehen, aber zwei sind mir auf den Fersen und beobachten jeden Schritt. Das ist schon süß. In den anderen beiden Ställen ist das anders. In Gehege 2 beispielsweise folgt mir das gesamte Hühnervolk. Das ist wie bei Ochs-am-Berge 1-2-3 (wer das kennt) - bleibe ich stehen, bleiben auch die Hühner stehen. Nun aber zurück zu den wilden Hühnern. Als ich dreimal am gleichen Tag in den Stall gehe, springt mich JEDES Mal das Huhn von der Seite an. Beim dritten Mal erschrecke ich auch schon nicht mehr, sondern lehne mich zurück, damit es mir nicht mit dem nackten Arsch ins Gesicht springt ;-) Mir fällt auf, dass das Huhn sofort zum Fresstrog rennt. Jedes Mal. Ich erzähle das dem Bauern der meint: "Oh, dann vertraut dir das Huhn. Es ist wahrscheinlich eines, das von den anderen immer traktiert und weggejagt wird und weiß, dass die Hühner vor dir weglaufen. Daher versucht, es in deinem Schutz zu fressen." Oha!

    Als ich wieder das Gehege betrete beobachte ich die Situation genauer. Und tatsächlich. Die anderen Hühner wollen es vom Fressen wegjagen. Das Huhn flüchtet zwischen meine Beine. Ich stelle mich also 10 Minuten neben das Huhn, damit es fressen und trinken kann. Und das tut es. Es schlingt runter was es kriegen kann.

    Ich gehe zurück in das Gehege mit den älteren Hühnern. Dort ist mir sowas noch nicht aufgefallen. Aber grad als ich eintrete, sitzt ein weißes Huhn, fast federlos, mit je nur noch 2 Zehen an den Beinen auf einer Erhöhung. Hier also auch. Nur ist dieses Huhn nicht so waghalsig und macht auf sich aufmerksam. Ich verschaffe auch diesem Huhn Geleit zu Fressen und Trinken und es gesellen sich bald noch weitere zerrupfte Hennen hinzu.

    Aufgrund meines neuen Jobs als Hühner-Bodyguard brauche ich nun jeden Tag ne halbe bis Stunde länger fürs Eiersammeln. Naja, ich hab ja Zeit und bei den Minusgraden die wieder herrschen, lässt es sich dort wenigstens gut aushalten.

    Der Bauer erzählt mir, dass das noch schlimmer werden kann. Sobald ein Huhn mal blutet, wird es totgepickt. Wie grausam! Draußen passiert das nicht so, aber im Moment können die Hühner nicht raus (wir haben gefühlt -19° und hatten auch Windböen bis 80km/h).
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