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  • Day 73

    Oster-Halbmarathon...

    April 19, 2019 in Canada ⋅ ⛅ -1 °C

    ... zum östlichsten Punkt Nordamerikas: Cape Spear

    Deadmans Bay Path & Blackhead Path
    Distanz: 20+ km
    Höhenmeter: +/- 600 m
    Anreise: zu Fuß hin & per Anhalter zurück
    Schuhwerk: Barfußschuhe
    Laufzeit (inkl. Pausen): 4,5 h

    Deadmans Bay Path
    - Fort Amherst (St. John's) to Blackhead -
    ist ein mittelschwerer bis schwieriger mäßig begangener Wanderweg in der Nähe von St. John's, Neufundland
    Distanz: 10,6 km +2 km Abstecher

    Blackhead Path
    - Blackhead to Cape Spear-
    ist ein leichter bis mittelschwerer mäßig begangener Wanderweg in der Nähe von St. John's, Neufundland
    Distanz: 3,7 km

    Mein Körper behält den Rythmus 6 Uhr aufwachen bei. Ich stehe um halb 7 auf, in der Annahme, dass es regnet, schneit und windet. Die Sonne, die zum Fenster hereinscheint beachte ich erst mal nicht, koche Kaffee, mache es mir im Lehnstuhl bequem und fange an, meine Wandertouren zu planen. Irgendwie reizt es mich aber doch, laufen zu gehen. Signal Hill? Nein, da bin ich in 15 Minuten oben, und dann? Hm. Ich beschließe, in Richtung Cape Spear zu laufen. Der Wetterbericht sagt Regen, Schnee & Wind ab 12:30. Zeit genug für eine Tour zu einem Wasserfall, den ich auf maps.me auf dem ECT Richtung Cape Spear gesehen habe.

    Ich stecke 2 Müsliriegel, nen Apfel, Wasser und meine Kamera ein und um 8:00 starte ich los. Die Straßen sind menschenleer. Es ist 'Good Friday', sicher schlafen alle aus. Um an den ECT zu gelangen, muss ich erst mal 5,7 km durch die Stadt, am Hafen entlang, die unspektakuläre Tour Richtung Fort Amherst.

    Am Einstieg - knapp ne halbe Stunde später - bin ich dann auch eingelaufen und kaum bin ich auf dem Trail, ein paar der zahlreichen Stufen nach oben geflitzt und Blicke auf den gegenüberliegenden 'Signal Hill', fühle ich mich, als könnte ich Berge versetzen. Es liegt noch Schnee und Eis, daher ist etwas Vorsicht geboten (Leguanos haben natürlich keine Probleme ;-) ).

    Der Weg ist toll! Ich kann gar nicht viel rennen, da der Blick über das Meer und hinüber zu den Kaps einfach so umwerfend ist. Die Sonne versteckt sich zwar hinter einer kleinen Nebelglocke, aber das macht die Stimmung umso dramatischer. Der Weg ist gut in Stand gehalten, Steine und Holzstege leiten einen durch die spärrliche Vegetation, vorbei and kleinen Seen. Auf dem Holz sehe ich plötzlich frische Pfotenspuren. Ist das ein Hund? Oder etwa ein Wolf oder Kojote? Hmmmm. Kurz darauf wieder ein paar Pfotenabdrücke. Dann sehe ich einen Mann mit seinem Husky. Ich bin ziemlich erleichtert, überhole die beiden mit einem kurzen Gruß.

    Das Terrain ist ideal zu Trailrunnen und ich flitze wie ein freigelassenes Wildpferd (also so fühle ich mich zumindest) den Pfad auf und ab. Ich komme an eine Weggabelung, von der aus ein kleiner Pfad zu einer Bucht, der 'Gunners Cove' führt. Ich beschließe, den Abstecher zu machen. Vielleicht ist dort der Wasserfall? Oder hab ich diese Abzweigung verpasst? Leider bemerke ich auch, dass keine Speicherkarte in meiner Kamera ist. Warum das keine Warnung seitens des Apparats ausgelöst hat, ist mir Schleierhaft. Also keine Bilder vom Anfang des Trails. Ich setzte die Karte ein (hatte sie in der Jackentasche) und laufe zur 'Gunners Cove'. Der halbstündige Abstecher rentiert sich, wenn man wie ich gerne Wellen gegen Gestein wüten sieht. Ich sitze hier ein paar Minuten, genieße das Rauschen der Wellen und bewundere die Kraft des Wassers. Der Wind ist ziemlich frisch, daher geht es bald wieder zurück auf den Hauptpfad. An der nächsten Weggabelung treffe ich abermals auf den Mann mit seinem Hund. Ich laufe weiter Richtung Cape Split, er entscheidet sich für den kurzen Weg zurück Richtung St. John's.

    Ich befinde mich mittlerweile auf einem Kap mit Blick auf 'Signal Hill' und den Leuchtturm von St. John's. Auch hier peitschen die Wellen gegen die steilen Klippen und ich mache eine kleine Pause. Gefühlt mach ich mehr Pausen als ich Laufe. Kurze Zeit später, zurück auf dem Trail stoße ich zum dritten Mal auf den Mann mit seinem Husky. Wie macht er das?? Ich glaube, er kennt irgendwelche Geheimpfade. Wir unterhalten uns kurz und er bietet mir eine Rückfahrt nach St. John's an, von Blackhead aus, wo er sich von seiner Frau abholen lassen möchte. Wenn meine Füße weiterhin so kalt bleiben, breche ich ab und warte dort auf ihn sage ich und laufe weiter. Eigentlich habe ich aber zwischenzeitlich beschlossen, den Weg nach Cape Spear durchzuziehen. Sind ja nur noch 10 km (haha). Kurze Zeit später, als ich den Wald, durch den ich gerade laufe verlasse, ist es mit einem Mal gefühlt 5 Grad wärmer. Das ist ziemlich angenehm. Meine Finger und Füße sind schon ziemlich eisig mittlerweile.

    Ich treffe auf 4 Wanderer und 2 Hunde. Wenn ich alleine trailrunne bin ich immer froh, wenn ich Leute sehe, falls mir was passiert. Kurz vor Blackhead begegnen mir dann noch 2 Wanderer und ein Trailrunner (mit Camelback und allem drum & dran. Das wäre wirklich nix für mich!).

    Ich trete die letzten 5 km Richtung Cape Spear an. Die Sonne hält sich wacker, aber je weiter ich zum Ziel meines Laufs komme, umso stürmischer wird das Meer. Und dann erblicke ich den Leuchtturm und ne halbe Stunde und spektakuläre Naturschauspiele später, darunter ein Weißkopfseeadler auf der Jagd, erreiche ich den östlichsten Punkt Nordamerikas. Ich blicke hinaus aufs Meer, Richtung Europa. Gegenüber Neufundland liegt Frankreich. Schon faszinierend, wie südlich die östlichen Provinzen Kanadas liegen.

    Es ist mittlerweile 12:30, die Sonne ist komplett verschwunden. Der Wind zwingt mich, meine Jacke anzuziehen (ich laufe wie immer in meiner Merinowolljacke). Ich laufe die Ausblickspunkte ab und endecke tatsächlich einen Eisberg in der Ferne. Die Reisezeit der Eisberge hat also bereits begonnen.

    Jetzt muss ich nur noch eine Fahrgelegenheit finden. Ich laufe zum Parkplatz, der im Moment verlassen scheint, obwohl relativ viele Leute hier sind. Ein älteres Paar steigt auf der Andersen Seite grad in ihr Auto. Ich flitze hinterher und winke ganz wild. Und tatsächlich, sie halten an und kurbeln das Fenster runter (also sie fahren es runter, aber das klingt nicht so gut). Ich frage, ob sie nach St. John's fahren und mich mitnehmen würden. Ja und ja. Juchu! Und sie wohnen auch noch ganz bei mir in der Nähe, d.h. ich werde bis vor die Tür gefahren. Toll. Mein erstes Mal hitchhiken war gar nicht so übel. Die beiden erzählen mir, dass sich bereits Wale eingefunden haben. Meist kommen sie erst im Mai / Juni, aber immer wieder auch schon im April.

    Nach einem kurzen Stopp im Hostel bin ich auch schon wieder auf den Beinen. Jeder sagt mir, an 'Good Friday' muss man Fish n' Chips in einem Pub essen. Da ich noch kein Frühstück hatte und über 20 km gelaufen bin, gönne ich mir das dann auch. 'The Duke' wurde mir schon mehrmals empfohlen. Der Pub ist brechend voll. Da ich alleine bin, quetsche ich mich an die Bar. Das Essen dauert eine Ewigkeit! Ich treffe ein paar Leute vom Salsa und in einer netten Runde vergeht die Wartezeit doch gleich viel schneller. Das Essen ist in der Tat sehr gut!

    Zurück daheim schmeiß ich mich dann endlich aufs Sofa. Am Abend bin ich zum Salsa verabredet. Ein bißchen Ruhe tut den Beinen zwischenrein sicher gut ;-)
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