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  • Day 6

    4. Etappe: Pamplona - Puente la Reina

    September 3, 2021 in Spain ⋅ ⛅ 18 °C

    Es ist 1:50 Uhr. Statt in meinem gemütlichen Bett zu liegen, habe ich mich mit meiner Isomatte auf die Terrasse der Herberge verzogen, weil einer der Menschen im 8-Bett-Zimmer so laut und anhaltend schnarcht, dass ich Gefahr laufe, ihm ernsthaft weh zu tun. Erste Entscheidung des Tages: die Schlafsituation nachhaltig verbessern.

    Danke an dich, Gertraud Zeilinger, für die Unterstützung meiner wehen Knie. Das rechte tut nach der Ankunft fast nicht mehr weh, das linke schmerzt dagegen so sehr, dass ich nicht weiß, ob ich die nächste Etappe bestreiten kann.

    Und damit bin ich mit einer Möglichkeit konfrontiert, die ich bisher überhaupt nicht erwogen hab - dass mein Körper mir auf dem Camino so ein fettes Stopp entgegenschleudert 😔 Ich fühle mich körperlich so fit wie noch nie in meinem Leben und dann das?! Bin schockiert und genervt. Der Camino ist in dieser Hinsicht schonungslos. Er zeigt mir ungeahnte Grenzen auf. Habe ich anfangs zu wenig auf meinen Körper gehört? Hätte ich mehr Pausen machen sollen? Hätte, hätte, Fahrradkette. Eh deppert. Das frag ich auch nicht ernsthaft.
    Wahrscheinlich sind das typische PilgerInnenanfängerfehler, va wenn man sich so fit fühlt 😝

    Dafür geht's meinem Rücken und Kreuzbein und meinen Füßen blendend ☺️
    Es wäre ja nun gar kein Problem, einfach einen, oder wenn nötig mehrere Pausentage einzulegen. Ich fühle mich aber gerade so verbunden mit einer Gruppe von netten Menschen aus Spanien und Italien, dass ich gerne noch eine Weile mit ihnen weitergehen würde. Wir haben die nächste Unterkunft miteinander gebucht (soviel zum Thema bessere Nachtruhe 😃) . Das ist eher ungewöhnlich für mich. Wer mich gut kennt, weiß, dass ich mir auch in Gruppensettings gerne den "Platz an der Hecke" suche, um rasch auch wieder ganz für mich sein zu können. Hier zeigt mir der Camino eine sehr schöne Seite auf, mit diesem Wunsch, verbunden zu bleiben. Oder kann ich nur die Gruppe nicht loslassen, die mir gerade so gut tut?

    Was wird aus "meinem" Camino - damit meine ich den, den mein Hirn sich ausgesponnen hat?

    Was sollen meine Prioritäten sein? Was ist "richtig"? 🤔🤨 Jaja, ich weiß schon, was für ein Brainfuck!

    🥾 Den Camino nach meinen Vorstellungen weitergehen? Das würde bedeuten, so viele Pausentage einzulegen, bis ich weitergehen kann. Und /oder kürzere Etappen gehen.

    💜 Oder ganz liebevoll und weich zu mir selbst zu sein und voller Freude und Leichtigkeit meinem inneren Wunsch nachgeben, derweil mit der Gruppe zusammenzubleiben? Bei dem Gedanken ist nicht nur Hirn dabei, sondern auch Herz. Das könnte implizieren, dass ich mir erlaube, den Bus zum nächsten Ziel zu nehmen. Vor noch nicht all zu langer Zeit wäre die Antwort eindeutig gewesen: selbstverständlich niemals nie nicht den Bus nehmen und bei meiner fixen Idee bleiben, "wie ich den Camino zu gehen habe". Weil er ja sonst nicht zählt 🤔 So ein Blödsinn, sprichts in dem Moment in mir, ist doch alles nicht in Stein gemeißelt. Und schon wird es weit und weich in mir 🙏🏼 Genau, da war doch was... Wenn es sich eng anfühlt und die Freude weggeht, ist es nicht die richtige Richtung. Also schön im Fühlen bleiben 😊

    Lieber Camino, was darf ich hier lernen???

    Ich werde jetzt versuchen, weiterzuschlafen. Drückt mir die Daumen, dass ich dem Schnarcher nicht noch was antue oder zumindest einen Eimer Wasser ins Bett kippe. Ich höre ihn nämlich bis hier draußen. Ähm, ich durfte übrigens von Gertraud lernen, dass Knieschmerzen mit angestauter Wut und Aggression und Dickköpfigkeit assoziiert sein können. Hm. Diesbezüglich war ich gestern auch in einem sehr intensiven Prozess. Dazu vielleicht später mal mehr 🙏🏼 Der Schnarcher macht mit trotzdem massiv grantig 😡

    So. Ich freu mich über eure Gedanken. Es tut gut, mit euch teilen zu können, was in mir vor geht und ich bin gespannt, was bei euch dazu so daher kommt.
    Buenas noches, buena botte, good night und gute Nacht
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