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- Monday, October 9, 2017
- ⛅ 12 °C
- Altitude: 60 m
GermanyRudolfplatz50°56’12” N 6°56’21” E
"Ruhender Verkehr"

Ich stehe am Hohenzollern-Ring, einem Teilstück des inneren Ringes. Der Verkehr rollt unablässig hier auf Höhe der Flandrischen Straße, unweit des Rudolfplatzes. Und beim überqueren der Straße sehe ich diesen Betonklotz auf dem Mittelstreifen. Schön finde ich ihn nicht, aber immer wieder fällt mein Blick auf dieses Teil. Und ich frage mich jedesmal, warum das Ding da steht. Mir ist bekannt, dass es sich um die Plastik „Ruhender Verkehr“ handelt, aber das ist es dann auch schon.
Ruhender Verkehr, damit meine ich nicht "Stau", obwohl es ja wunderbar passen würde und fast schon poetisch klingt. Gemeint ist dieser Betonklotz, grob als Auto zu erkennen. Kunst.
Die Geschichte dahinter ist allerdings deutlich spannender, als dieses seltsame Vehikel erahnen lässt und viele werden die Geschichte dieses Kunstwerks nicht kennen und sich schon mal gefragt haben: „Was ist das, und vor allem, warum?“
Ich habe mal versucht, mich schlau zu machen und möchte euch jetzt die Story zu diesem Kunstwerk erzählen, jedenfalls so weit ich es in Erfahrung bringen konnte.
Satte 15 Tonnen wiegt die Plastik, die seit 1989 auf dem Mittelstreifen des Hohenzollernrings steht. Wo sie – entgegen der ursprünglichen Intention – keinen Parkplatz mehr belegt. Soweit mir bekannt ist, soll Wolf Vostell einen Alptraum gehabt haben. In diesem stand er wohl mit seinem Auto im Stau und wurde binnen Sekunden plötzlich einfach einbetoniert. Um diesem Alptraum zuvorzukommen, hat er dies dann lieber selbst erledigt. Das habe ich während meiner Recherche gelesen, ob es stimmt, kann ich hier leider nicht bestätigen, wenn ich mir aber die ganze Aktion betrachte, erscheint es mir plausibel (grins).
Der Künstler Wolf Vostell ließ seinen Opel Kapitän L, Baujahr 64 mit dem Kennzeichen K-HM 175 in Beton gießen. Angeblich lief sogar das Autoradio währenddessen. Warum auch immer. Sogar einige Zeitungen des Tages wurden als Dokumente mit eingemauert. Irgendwie eine „Jecke Aktion“.
Aber der Reihe nach. Zuerst wurde die Erstellung dieser Plastik von Vostell in Interviews angekündigt, trommeln gehört zum Handwerk. Dann ging es los. In der Zeit zwischen dem 2. und 13. Oktober 1969 wurde zuerst eine Bodenplatte gegossen. Auf diese Bodenplatte wurde dann das besagte Fahrzeug gestellt, mit Holz beschalt und mit Stahl bewehrt. Danach erfolgte der zweite Betonguss unter Berücksichtigung des oben genannten „Rituals“. Zuletzt wurde die Schalung wieder entfernt und als Sahnehäubchen eine Parkuhr neben dem „Betonwagen“ aufgestellt.
Dä. Aber das Ding stand damals nicht auf dem Ring, sondern „wanderte“ wohl ein wenig umher. So stand die Karre angeblich unter anderem vor dem Musée d’art moderne de la Ville de Paris (1974–1975) und vor der Berliner Neuen Nationalgalerie. Bis zu ihrem Umzug auf den Hohenzollernring parkte sie dann vor der ehemaligen Kölner Kunsthalle am Josef-Haubrich-Hof.
Am 17. März 1993 brachte der „Bananensprayer“ Thomas Baumgärtel auf der Plastik auf dunkelblauen Untergrund hunderte seiner Sprühbananen auf, wodurch seiner Auffassung nach ein „Doppelkunstwerk“ entstand. Nach Protesten Vostells wurden die Bananen nach einiger Zeit wieder entfernt, dies aber nur am Rande.
Einen Hinweis auf den Künstler, oder den Versuch einer Erklärung sucht man in der direkten Umgebung allerdings vergeblich. Auch parkt das Auto da meiner Meinung nach im absoluten Halteverbot. Aber wie sollen die Ordnungshüter einen Strafzettel verteilen, so ganz ohne Informationen. Nicht mal ein Nummernschild ist dran an der Karre. Und auch kein Scheibenwischer, also wo anbringen das Knöllchen. Schwere Zeiten für Ordnungshüter.
Es soll früher heftige Diskussionen um das Kunstwerk gegeben haben. Aha, denke ich mir, also ein echter „Streitwagen“ in unserer alten Römerstadt. Die habe ich mir irgendwie ganz anders vorgestellt. Dieser und noch ein paar andere flache Witze gehen mir durch den Kopf.
So stehe ich hier, betrachte das ganze und am Ende frage ich mich: „Ist das jetzt Kunst oder kann das weg?“
Was meint ihr?
Bleibt entspannt und betrachtet die Welt ruhig mal etwas "schräg". Ich spaziere derweil weiter durch unsere Stadt, immer Ideen für neue Kölschgänger-Beiträge suchend. Fast schon eine Sucht. Die Sucht der Träumer.Read more