• Weißhaus

    October 20, 2017 in Germany ⋅ 🌧 14 °C

    "Unser" Weißhaus. Ich muss es mal in Gänsefüßchen setzen. Es ist in Privatbesitz und daher nicht mein oder Dein. Es gehört den Erben des letzten Besitzers, Heinrich Wolf. Heinrich Wolf war ein Unternehmer, dem unter anderem auch die Steinzeugfabrik Rhenania Wolf gehörte. Er verstarb 2010. Und auch wenn ich das Eigentum nicht infrage stellen darf, ich finde, es gehört uns allen.
    Seit dem Jahr 957 sitzen in der Abtei St. Pantaleon fleißige Benediktiner-Mönche, die einen Flecken Erde vor den Toren des mittelalterlichen Kölns besitzen. Dieses Fleckchen, genannt "alba domus" gleich "weißes Haus", überlassen sie im Jahr 1378 den Eheleuten Vondel, damit diese es in Erbpacht bewirtschaften. Dies ist die erste urkundliche Erwähnung des Hofes im heutigen Stadtteil Sülz.
    Diese Gegend ist scheinbar nicht nur für die Landwirtschaft geeignet. Wir wissen, dass im Jahr 1468 ein Landhaus, dass den Namen "Zu dem Wyssenhuys" trägt, dort ebenfalls steht. Es wird zur Sommerresidenz der Äbte von St. Pantaleon. Zu mehr ist es wahrlich nicht zu gebrauchen, liegt es doch vor den Stadtmauern und wird - wie die umliegenden Höfe - bei unterschiedlichen Streitigkeiten vom jeweilig anrückenden Kriegsvolk gern mal zerstört. Aber irgendwas muss diese Lage haben. Es wird stets wieder ausgebaut.
    1613 nähert es sich nach einem Brand von 1584 seinem heutigen Aussehen. Der heute noch erhaltene Turm stammt aus dieser Zeit. Tja, und 1658 tritt der für Köln so wichtige, gewaltige Duffesbach, der heute recht unromantisch kanalisiert unter der Luxemburger Straße liegt, dermaßen über die Ufer, dass unser Weißhaus gar überschwemmt wird! Was ist die logische Folge? Richtig. Der Duffesbach speist fortan einen kleinen See. Das Weißhaus wird zum Wasserschlösschen umgebaut.
    Und es kommt noch besser! Im Jahr 1849 gehört das Schlösschen dem Kaufmann Adam Jansen und der, verliebt in das Anwesen, verschönert es mit einer neugotischen Kapelle. Kein geringerer als der spätere Dombaumeister Vincenz Statz errichtet es an der rückwärtigen Seite. Erzbischof Kardinal Geissel weiht die Kapelle 1857. Papst Pius IX höchstpersönlich erlässt ein Brevet, dass es Herrn Jansen fortan gestattet, in der Kapelle täglich eine Messe zu lesen - außer an Weihnachten, Ostern und Mariä Himmelfahrt. Das muss man mal festhalten.
    Zuletzt wird diese Messe in den 80'er Jahren noch einmal jährlich gehalten. Die Spur der Messe verliert sich für mich. Weiß jemand mehr?
    Verschlossen ist es seit Jahren. Als Bürger dieses Anwesen betreten und zu beschauen, dass uns durch die Jahrhunderte begleitet hat, nicht möglich. Hohe Mauern, Zäune, Stacheldraht und die Drohung mit einem bissigen Hund, wehren jeden ab. Dabei sieht es doch so spannend aus, was ich von außen erspähe.
    Die Erben des Herrn Wolf wollen verkaufen. Sie fordern 8,5 Millionen Euro für die 20.000 Quadratmeter Wasserschloss und Garten. Gut, der Unterhalt wird auch ein Kostenfaktor sein...
    Der Verkehrswert wird eher auf 5 Millionen Euro geschätzt und ich hoffe sehr, dass die Stadt Köln die paar Milliönchen irgendwo noch findet. Wie toll wäre es, wenn ich mein Handy nicht mit dem Selfie-Stick über drei Meter hohe Mauern bugsieren müsste, um einfach mal zu gucken, wie die Kapelle wohl aktuell so aussieht. Oder einfach mal durch den schönen Garten gehen dürfen, um Euch ein paar vernünftige Bilder zu zeigen. Dieses Grundstück ist keine Villa, die sich ein Privatmann in der Gründerzeit gebaut hat. Es ist ein gutes Stück Kölner Geschichte und sollte uns allen gehören. Es muss doch möglich sein, herrje!

    Michael
    Read more