• Kaiser Trajan

    March 4, 2021 in Germany ⋅ 🌧 6 °C

    Ihr Lieben, heute gehts weit zurück in der Geschichte unserer Stadt. Wir wünschen euch viel Freude beim Lesen des Beitrages unseres Gastschreibers Willem Fromm.

    Trajan besucht Köln oder wie ein Kaiser bis dato die größte Party Kölns veranstaltete

    Wie gerne hätte ich doch diese kleine Geschichte „Kaiser Trajan besucht Köln“ genannt. Nur da gibt es ein Problem. Trajan (53-117) war zu dem Zeitpunkt als er in Köln eintraf noch kein Kaiser. So wusste er selbst nicht einmal, dass er bald zum Kaiser proklamiert würde.
    Aber von vorne. Im Jahr 98 befand sich das römische Reich kurz vor dem Zenit seiner Macht. Von England bis zum heutigen Sudan und von der Straße von Gibraltar bis an die Ausläufer des antiken Persiens standen die Legionen Roms.
    Unser Köln in römischen Zeiten mochte zwar weit weg von Rom und der annehmlichen Küste Kampaniens entfernt sein. Wichtig war die Stadt aber allemal. Hier am Rhein befand sich die kontinentale Nordgrenze des Reiches. Vor allem für Menschen mit dem Willen zur Macht stand es am Ende des 1. Jahrhunderts außer Frage, dass man Köln einen Besuch abstatten muss. Im Rheinland waren allein 35.000 römische Legionäre stationiert. Das machte nahezu ein Fünftel der gesamten römischen Streitmacht aus. Und seit meiner Geschichte über Vitellius dürftet ihr alle nur zu gut wissen, dass man die römische Rheinarmee nie vernachlässigen sollte.
    So kam es, dass Trajan in Kölns südliche Nachbarprovinz, die römische Provinz Obergermanien, Anfang des Jahres 97 kam. Hier sollte er in kleinerem Format die Regierungsgeschäfte erlernen. Dort erfuhr er im Herbst des gleichen Jahres, dass sein Förderer, Kaiser Nerva, im fernen Rom ihn adoptiert hatte, womit er ihn damit auch direkt zu seinem Nachfolger erklärte. Nicht lange danach beschloss der Thronanwärter, nicht mehr in der obergermanischen Hauptstadt Mogontiacum, die wir heute als Stadt Mainz kennen, weiter zu verweilen. Trajan zog stattdessen nach Norden und erreichte Anfang Januar 98 unser Köln.
    Trajan hatte sicherlich sein Kommen im Voraus angekündigt. Unsere junge Stadt am Rhein wird daraufhin aus allen Nähten geplatzt sein. Denn mit ihm kam sein ganzes Gefolge: Schreiberlinge, Bedienstete, Köche, Leibgarde, Bürokraten etc. Die Kölner Gaststätten und Pensionen sowie natürlich auch das älteste Gewerbe der Welt machten das Geschäft ihres Lebens.
    Während Trajan es sich im Kölner Prätorium, dem Statthalterpalast, gerade gemütlich machte, starb überraschend sein Adoptivvater Nerva in Rom an einem Schlaganfall. Natürlich dauerte es eine Weile, bis die Nachricht Köln erreichte. Damals wie heute war Rom 1.400 Kilometer von Köln entfernt.
    Als die Nachricht dann in Köln eintraf, muss Köln endgültig und wahrhaftig von Menschen übergelaufen sein. Denn in diesen Zeiten galt: wo der Kaiser ist, da ist auch das Zentrum der Macht Roms.
    Erneut dürften daher alle Kölnerinnen und Kölner versucht haben, ihre Aufwartung beim neuen Kaiser zu machen. Dieser residierte doch in der eigenen Stadt! Die Chance musste man doch einfach nutzen. Ich finde das völlig verständlich.
    Umso ausgelassener wurde die Erhebung von Trajan zum Kaiser gefeiert. In allen Tempeln Kölns, ob römisch, gallisch oder germanisch, wurde für das Heil des neuen Kaisers geopfert. Trajan selbst wird sicherlich für alle Bankette und Straßenfeste, Spiele, wie Wagenrennen und Gladiatorenkämpfe, in der Stadt bezahlt haben. Kaiser hin oder her, das Volk zu unterhalten wurde von jedem römischen Herrscher erwartet. Köln war Anfang des Jahres 98 eine riesige übervölkerte Partystadt.
    Dann begann aber auch ziemlich schnell der Regierungsalltag im Kölner Prätorium. Die Anzahl von einigen tausend kaiserlichen Bediensteten, meist hochrangige Römer aus dem Senatoren- und Ritterstand, bedeutete eine nicht unerhebliche Zahl von zusätzlichen Menschen in der Stadt.
    Wir können davon ausgehen, dass in Köln zu der Zeit 10.000-15.000 Menschen gelebt haben. Mit all den Gesandten aus allen Teilen des Reiches, Abordnungen von Legionen und den kaiserlichen Bediensteten, schnellte die Einwohnerzahl für eine kurze Zeit vermutlich ziemlich hoch.
    Nun hätte Trajan sicherlich neue Häuser bauen lassen können. Aber so kurzfristig war dies natürlich nicht möglich. Und der neue Kaiser plante ja auch nicht, ewig hier zu bleiben. So kamen viele der kaiserlichen Bediensteten in den Häusern der Kölner Bürger unter, besonders in denen der Kölner Oberschicht. Dort fanden die kaiserlichen Bediensteten den Platz und vor allem den Lebensstandard vor, den die hochgestellten Beamten aus Rom nicht missen wollten.
    Vielleicht hat sich der ein oder andere Hausbesitzer über die Einquartierung fremder Menschen etwas geärgert. Manch einer wird aber auch Chancen und Möglichkeiten darin gesehen haben. Wer sich als guter Kölner Gastgeber hervortat, konnte auf diese Weise einen wertvollen Verbündeten in Rom gewinnen. Das Gastrecht war bei den Römern besonders stark und auf vielfältige Weise ausgeprägt. So erhielt man als Dank für eine gute Bewirtung von seinem Gast oft das Versprechen, nicht nur in dessen eigenem Haus, sondern bei allen Verwandten des Gastes einkehren zu dürfen. Zum Teil konnte das Gastrecht auch vererbt werden. Eine Hand wäscht eben die andere. Sollten wir in Köln ja nur allzu gut kennen.
    Was die Regierungsgeschäfte von Trajan in Köln angeht, können wir viele von seinen tagespolitischen Entscheidungen nicht mehr rekonstruieren. Wahrscheinlich wird er aber viel in die örtliche Infrastruktur investiert haben. Kastelle wurden instand gesetzt, Straßen repariert, und mit germanischen Stämmen auf der anderen Seite des Rheins, die in den letzten Jahren wiederholt versucht hatten, in römisches Territorium einzudringen, wurden Friedensverhandlungen geführt.
    Für die Kölnerinnen und Kölner muss das ein Segen gewesen sein. Krieg war immer schlecht für das Geschäft, mit Ausnahme für die Kriegsgewinner natürlich. Und der Handel mit germanischen Stämmen jenseits des Rheins war wichtig. Die romanisierten Germanen in Köln und Umgebung wollten als Bürger Roms in friedlicher Existenz mit ihren Stammesgenossen auf der rechten Rheinseite handeln.
    Natürlich blieb Kaiser Trajan nicht für immer in Köln. Er brach noch im gleichen Jahr auf. Germanien war zu dieser Zeit befriedet und sollte es auch für einige Zeit bleiben. Eine Blütephase in der Region begann, die über 150 Jahre andauern sollte. Die Gegner Roms befanden sich im Donauraum und im Nahen Osten. Weit weg von Rom, weit weg von Köln.
    Wir wissen zwar nicht das genaue Datum, wann Trajan aus Köln abreiste. Aber spätestens im Sommer des Jahres 98 wird er unsere Stadt wohl verlassen haben.
    Schnell kehrte daraufhin wieder der Alltag in Köln ein. Für die Menschen der damaligen Zeit muss der Besuch des Kaisers eine prägende und intensive Erfahrung gewesen sein. Denn für einige Monate war die noch junge römische Kolonie als Regierungssitz das Zentrum des Imperiums gewesen.
    Köln war bereits vor dem Besuch von Trajan eine wichtige Kolonie und Stadt am nördlichen Rand des römischen Reiches gewesen. Doch es ist sein Aufenthalt hier im Jahr 98, der sicherlich dafür sorgte, dass wirklich jeder mit Rang und Namen in der römischen Welt von nun an Köln kannte.
    Darauf konnte man aufbauen. Am Ende des 1. Jahrhunderts begann die goldene Zeit des römischen Kölns.

    Euer Willem
    Read more