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- Day 117–118
- October 23, 2025 - October 24, 2025
- 1 night
- ☁️ 31 °C
- Altitude: 263 m
BoliviaMunicipio San Buenaventura14°31’8” S 67°41’17” W
Affen, Fische & ein Dschungelhuhn
Oct 23–24 in Bolivia ⋅ ☁️ 31 °C
In der ersten Nacht regnete es nur leicht, und alles unter dem kleinen Dach des Camps blieb trocken – ein Glück, denn eigentlich ist hier im Dschungel alles immer nass. Entweder vom Regen oder weil man sich in einer Tour vollschwitzt. Alles stinkt und klebt, ständig, nichts trocknet wirklich von alleine. Gerade an den Füßen kann das wirklich problematisch werden, denn Fußpilz ist eine nicht zu unterschätzende Gefahr. Meine nassen Socken hängte ich am Abend zuvor über die Reste des Feuers, und am Morgen waren sie trocken. Die Gummistiefel stülpte ich über zwei Stöcke, und nachdem ich morgens ein paar Spinnen aus dem Inneren ausschüttelte, waren diese wieder einsatzbereit.
Zum Frühstück schnitzten wir uns Becher aus Bambus und tranken Kaffee (mit Flusswasser gekocht) daraus. Dann ging es los – in eine neue Richtung tiefer in den Dschungel, und pünktlich dazu fing der Regen auch wieder an, diesmal etwas stärker als in der Nacht. Eigentlich egal, denn bereits seit dem Aufstehen schwitzte ich schon wieder wie in der Sauna, unangenehm. Auch die zahlreichen Fliegen, Bienen und andere Insekten, die dauerhaft meine Beine belagerten, waren sofort wieder da und machten mich ein wenig wahnsinnig. Ich ertrug es jedoch besser als am Vortag und machte mich nicht ständig damit verrückt, sie zu verscheuchen, sondern blickte nur noch genervt hinunter, wenn mich mal wieder etwas zwickte, biss oder stach. Zum Glück hielten sich die Mücken in Grenzen... das Insektenabwehrspray half zwar, aber auch eben nur so lange, bis man es alles weggeschwitzt hatte. Lange Kleidung war der beste Schutz, der es aber natürlich nicht kühler machte. Sobald diese dann durchnässt war, lockte das wieder alles an was fliegen konnte ... ein zermürbender Teufelskreislauf.
Auf dem Weg durch den Dschungel gingen wir Pfade entlang, die immer schwerer zu erkennen waren, manchmal liefen wir entlang eines Flusses oder Flussbettes, in dem nur ein Rinnsal floss. Dann kämpften wir uns Macheten schwingend durch dichtes Unterholz oder Schilfgras. Ab und zu ließ der durchgehend Coca-Blatt kauende Jesús entweder Sebastian oder mich vorgehen, half uns dann aber auf dem richtigen Kurs zu bleiben.
Er zeigte uns mehr spannende Pflanzen und erzählte, wie man diese zu medizinischen oder anderen Zwecken verwenden kann, beziehungsweise er erklärte alles Sebastian, der mir dann Ausschnitte davon übersetzte. Ich fand es leider ziemlich frustrierend, nicht alles zu verstehen... eigentlich hatte ich mit einem englischsprachigen Guide gerechnet, und das nagte an mir. Na ja, das war nun nicht zu ändern, immerhin konnte Sebastian für mich übersetzen oder auch mal eine Rückfrage stellen.
Es gab viele interessante Vögel zu sehen und zu hören, jede Menge riesige Schmetterlinge und Straßen aus Ameisen, die ständig in Farbe und Größe variierten. Hier und da gab Jesús uns Zeichen, langsamer zu gehen, stehen zu bleiben oder ganz still zu sein. Dann lauschte er in das dichte Grün und imitierte erstaunliche Geräusche von Vögeln oder Affen, um diese anzulocken. Wir sahen kleine Chichilo-Affen, große schwarze Spinnenaffen und auch ein paar Brüllaffen. Man konnte sie meist schon von weitem hören, wie sie sich Blätter zur Seite klatschend, Äste knackend und mit einem Affentheater durch die Baumdächer des Dschungels ihren Weg bahnten – ein wildes, lebendiges Spektakel. Meist alle hintereinander und die Gruppen bestanden immer aus vielen Tieren. Leider sehr schwer zu filmen, erst recht im Regen.
An einem geeigneten Fluss angekommen fischten wir wieder. Wie am Vortag schon suchten wir zuerst diese parasitären Wurm-Larven aus den Schilfgräsern am Ufer. Damit fingen wir ein paar kleine Köder-Fische und damit dann große. Ich bin ja ohnehin kein guter Angler, aber nur mit einer Schnur und Haken finde ich es nochmal anspruchsvoller. Dementsprechend stolz war ich auch auf mich selber, als ich es zu Stande brachte, einen Fisch von guter Größe aus dem Wasser zu ziehen – Triumphgefühl pur! Sebastian hatte außer Köderfischen, die zwar auch wichtig waren, leider kein Glück bei den großen. Jesús hingegen hatte nach der ersten Stunde Flaute einen richtigen Lauf und zog sechs Fische verschiedener Arten in den zwei darauf folgenden Stunden aus dem Wasser.
Vorher waren wir einen großen Bogen von über zwei Stunden durch den Dschungel zum Fluss gelaufen, an dem wir fischten. Der Rückweg dauerte nur eine Stunde. Wir wuschen uns und die verschwitzen Sachen im Fluss. Ich nahm die Fische am Ufer aus. In Blätter eingewickelt wurden sie auf Stöcken über der Glut des Feuers gegart. Eine tolle Mahlzeit, die mich mit tiefer Zufriedenheit erfüllte!
Am späteren Nachmittag schliefen wir alle ein paar Stunden, denn um 22 Uhr machten wir uns zu einer Nachtwanderung auf. Die knapp vier Stunden in der Dunkelheit liefen wir größtenteils an einem halb trockenen Flussbett entlang in der Hoffnung, Schlangen oder vielleicht sogar einen Jaguar zu sehen – eine Mischung aus Aufregung, stiller Angespanntheit und ein wenig Angst. Leider ohne Erfolg. Dafür sahen wir verschiedene Frösche, Flusskrebse, Insekten in allen erdenklichen Formen und Größen – die die fliegen konnten, vor allem die ganz großen Motten, flatterten einem dank der Stirnlampe praktischerweise immer direkt ins Gesicht, was mich mittlerweile mehr amüsierte als nervte. Und jede Menge Spinnen. Darunter auch die gruselig aussehenden Skorpion-Spinnen. Das Allermeiste in der Dunkelheit war schwer zu filmen, obwohl unsere Stirnlampen eigentlich einen ganz guten Lichtkegel warfen. Dennoch war die Dunkelheit gerade unter dem dichten Dach des Dschungels erdrückend und als wir mal kurz die Lichter ausmachten, absolut alles verschlingend.
Jesús meinte noch, dass wir wenig Glück hatten, weil wir aus Kleingetier nichts Spannendes sahen. Dann etwa 100 Meter vom Camp entfernt entdeckte er ein wildes Dschungel-Huhn auf einem Ast sitzend. Er schlug vor, das Tier zu erlegen, denn es sei gut zu essen. Sebastian und ich willigten ein, mit einem Hauch von Jagtlust. Mit einer Steinschleuder versuchten wir, das Huhn am Kopf zu treffen, um es vom Baum zu holen. Ich versuchte auch ein paar Schüsse, traf aber nicht. Verwunderlich war, dass das Tier komplett still auf seinem Ast saß, selbst nachdem einige Steinchen knapp an ihm vorbei und laut krachend in die Blätter dahinter eingeschlagen waren. Selbst nach einem Treffer in die Brust, bei dem ein paar Federn zu Boden flatterten, bewegte sich das Huhn nicht. Dann erwischte Jesús es am Kopf. Es stürzte vom Baum, er fing es schnell ein und nach einem kurzen Gezappel drehte er dem Tier den Hals um. Hier im Dschungel gilt das Recht des Stärkeren – eine harte, aber natürliche Realität. Am Abend noch kochten wir das gerupfte und ausgenommene Huhn kurz ab.
Zum Abendessen gab es nochmal Fisch mit Gemüse und diesmal Nudeln. Nach der zweiten Nacht, die gemütlich und wieder etwas regnerisch war, liefen wir mit unserem Gepäck wieder zurück zum Basislager. Dort badeten wir lange im Fluss, wuschen unsere Sachen und kochten aus dem Dschungel-Huhn Majadito Beniano (eine Art Frikassee) - ein typisches Eintopf-Reisgericht aus dem bolivianischen Tiefland mit zwiebeln, Möhren, Tomaten, Gewürzen und Reis. Das Fleisch war extrem mager und wie die Haut des Vogels sehr fest, geschmacklich wie Hühnchen mit einem Hauch von Wild. Zum Abschluss durften wir uns als kleines Souvenir noch Armbänder mit Samen aus dem Dschungel flechten. Dann ging es mit dem Boot, diesmal mit mehr Leuten beladen und gefährlich tief im Wasser liegen, wie ich fand, zurück.
Ach du heftige Wildnis... was für ein intensives Erlebnis diese doch recht kurze Zeit war. Ich hab viel über den Dschungel gelernt, aber auch einiges über mich selber.
Es war sehr sehr anstrengend. Ich habe wirklich gelitten und das nicht zu knapp. Körperlich durch Hitze, Nässe, Insekten und die zu engen Gummistiefel. Geistig durch Angst vor giftigen Tieren und Pflanzen, möglichen Verletzungen beim Wandern durch unwegsames Gelände oder Stürzen, Fußpilz und den ganzen mir unbekannten Gefahren. Auch, dass ich den Guide nicht verstehen konnte und von Sebastian abhängig war für mich zu übersetzen, was ja nicht seine Aufgabe war, hat mir zugesetzt und mich frustriert. Doch es war nicht nur Schlechtes dabei, sondern auch Wundervolles. Ich habe Pflanzen und Natur gesehen, wie ich es mir nicht vorstellen konnte. Nein, nicht nur gesehen, ich habs erlebt und war mitten drin, umgeben von purer Wildnes und Leben. Die ganzen Geräusche und Gerüche, die ich gar nicht beschreiben kann, haben mich überwältigt. Der Geschmack des selbst gefangenen Fischs und des Hühnchens – unvergesslich. Die perfekt natürliche Schönheit des unberührten Dschungels und wilder Tiere, auch der gruseligen Insekten, hat mich tief berührt. Das werde ich nie vergessen.
Zuerst war ich ein bisschen froh, da raus zu sein, doch heute ein paar Tage später, nachdem ich alles verarbeiten konnte, muss ich sagen, das löst bei mir nur eines aus: wahnsinnige Lust auf mehr! Beim nächsten Mal auch gerne noch extremer, härter, tiefer rein und ein paar Tage länger. Mit etwas besserer Ausrüstung, neuen Zielen und definitiv einem Guide, den ich verstehe.Read more



























TravelerDeine Beschreibungen sind wie immer awesome und lassen uns teilhaben an Deiner Reise. Sie ist mittlerweile auch eine Reise mit Dir geworden. Nimm alle Erfahrungen und Erlebnisse mit, die du bekommen kannst. Vieles davon wird once in a lifetime sein.
LKuppers🥰
Traveler
Was für ein kuscheliges Exemplar