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  • Day 213

    Singapur 1

    September 7, 2022 in Singapore ⋅ 🌧 28 °C

    Nach zwei 8h-Flügen kommen wir von Johannesburg über Doha mit reichlich Zeitverschiebung in Singapur an. Alles Gepäck ist diesmal mitgekommen und so fahren wir erstmal zu unserer Unterkunft in die berühmte Arab Street im muslimischen Viertel Kampong Glam.
    Da Singapur als eines der reichsten Länder (und Städte) weltweit gilt und zu einer der Städten mit den weltweit höchsten Lebenshaltungskosten zählt, kommen wir hier in einem sog. Space Pod unter. Im Grunde ist es ein Schlafsaal, die Betten befinden sich hier nur in Kapseln, die man verschließen kann und mit einer Klimaanlage ausgestattet sind. In einem Schlafsaal ist Platz für 15 Leute, es gibt Einzel- und Doppel-Pods. Wir haben Glück und können schon vor dem eigentlichen Check-in unser Doppel-Pod beziehen und uns nach dem langen Flug in dem sauberen Gemeinschaftsbad frisch machen.
    Trotz des deutlich spürbaren Jetlags, spazieren wir am frühen Mittag durch unser Viertel und lassen die ersten Eindrücke Singapurs auf uns wirken.

    Singapur ist ein Insel- und Stadtstaat und der flächenkleinste Staat Südostasiens.
    Nach frühen Jahren politischer Krisen und trotz fehlender natürlicher Ressourcen entwickelte sich die Nation innerhalb von 50 Jahren zur boomenden Wirtschaftsmetropole und einem wichtigen Finanz- und Handelsplatz. Singapur hat einen hohen Stellenwert bei wichtigen sozialen Indikatoren: Bildung, Gesundheitsversorgung, Lebensqualität, persönliche Sicherheit und öffentlicher Wohnungsbau mit einer Wohneigentumsquote von 91 Prozent 😳. Singapurer genießen eine der längsten Lebenserwartungen, die schnellsten Internetverbindungsgeschwindigkeiten und eine der niedrigsten Kindersterblichkeitsraten der Welt. Auch als Urlaubsziel westlicher Touristen ist sie beliebt. International umstritten ist jedoch das sehr strenge Recht des Landes, das neben der Einschränkung der Pressefreiheit auch Körperstrafen für eine Reihe von – nach europäischem Maßstab – als Ordnungswidrigkeiten zu betrachtenden Taten bis hin zur Todesstrafe bei schweren Verbrechen besonders zur Abschreckung vorsieht. Es greift sehr weit in das öffentliche und alltägliche Leben ein und pönalisiert auch Dinge mit hohen Strafen, die anderswo als völlig harmlos gelten. Zur Bestrafung werden nach wie vor die Todesstrafe durch Erhängen und das öffentliche Auspeitschen verhängt. Ein paar Beispiele für für uns eher überzogene Strafen:

    1. Seit 1992 gilt in Singapur ein absolutes Kaugummiverbot. Kaugummis dürfen nicht eingeführt oder verkauft werden. Ausnahmen gibt es nur für medizinisch oder zahnhygienisch erforderliche Produkte. Wer aus dem Nachbarland Malaysia durchreist, muss Kaugummis in einem verschlossenen Behälter verstauen. Grund für den "Kaugummi-Bann" war die Verschmutzung von Straßen und öffentlichen Verkehrsmitteln. Die Höchststrafe für den Verkauf beträgt rekordverdächtige 100.000 Dollar.

    2. Trotz so viel Fortschritt, hapert es (wie in noch so einigen Staaten auf der Welt) an der Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Liebe, Sex zwischen Männern wird mit zwei Jahren Gefängnis bedroht. In Singapur wird das Gesetz heute zum Glück kaum mehr durchgesetzt. Dennoch scheiterten Bemühungen, das Verbot aufzuheben, zuletzt im Jahr 2014.

    3. Unter den in Singapur extrem weit gefassten Begriff des "Vandalismus" kann vieles fallen, das aus Sicht des sauberen Landes den öffentlichen Raum unansehnlich macht. Echte Sachbeschädigungen oder sogar Graffiti wird sehr streng – mit mehrjährigen Haftstrafen – bestraft. Als Vandalismus kann es aber auch schon gelten, Plakate, Banner oder Flaggen an einer nicht dafür vorgesehenen Stelle aufzuhängen.

    4. Wer sein Gerät über ein fremdes Wi-Fi mit dem Internet verbindet, begeht in Singapur nach dem Computermissbrauchs- und Cybersecuritygesetz auch dann "Hacking", wenn dieses gar nicht passwortgeschützt ist. Bestraft wird das Delikt mit bis zu 10.000 Dollar Geldstrafe oder gar bis zu drei Jahren Gefängnis.

    Man kann die Liste noch beliebig erweitern und es ist klar, dass vieles kaum und nur sehr selten verfolgt werden kann. Dennoch hat eine solche Gesetzgebung und vor allem die dazugehörigen hohen Strafen ein besonderes Geschmäckle 😐.
    Zigaretten darf man übrigens auch nicht einführen. Das heißt, auch nicht eine offene Packung oder auch nur eine Einzelne. Die wenigen, die wir noch aus Südafrika dabei hatten, haben wir aber dann doch einfach im Rucksack belassen, als wir gesehen haben, dass beim Ausgang beim Flughafen kein Mensch irgendetwas kontrolliert 🤷🏻‍♀️ und sie hier deutlich teurer sind. Nur beim Rauchen selber muss man natürlich auch aufpassen, wo man dies tut, es gibt dafür meist extra ausgewiesene Ecken 😂.

    Als wir durch unser muslimisches Viertel spazieren, laufen wir also durch eine wahnsinnig saubere und ordentliche Gegend, man könnte fast vom Boden essen und der Verkehr ist mehr als geregelt und entspannt. Wir essen hier erstmal sehr leckeres orientalisches Essen und müssen uns im Anschluss dann doch für ein bis zwei Stunden hinlegen 🙈. Am Abend raffen wir uns aber noch einmal auf um der Zeitverschiebung entgegenzuwirken und spazieren nun noch zum Marina Bay, wo wir dann vor dem berühmten Marina Bay Sands Singapore Hotel stehen und die Skyline der Stadt bei Nacht bewundern können. Man sieht und spürt das Geld hier an jeder Ecke, Luxusgeschäfte, Luxusautos, Luxushotel…
    Allerdings sieht es hier auch wirklich toll aus und die ganze Ecke rund um die Marina Bay ist sehr gelungen, wie wir finden und es macht richtig Spaß, beiall der Ordnung durch die Stadt zu spazieren. Und so kommen wir von unserem kleinen Spaziergang, der dann doch 2,5h dauerte, zurück zu unserer Kabine und fallen tot müde ins Bett! Jetlag erfolgreich verhindert 👌.

    Am nächsten Tag machen wir uns erstmal auf den Weg nach Little India und dort zum sog. Tekka Centre. Dieser Markt bietet unendlich viele (hauptsächlich) indische Köstlichkeiten zu erschwinglichen Preisen, welches wir erst mal testen und für sehr gut befinden. Nach dem Essen schlendern wir noch durch die vielen Stände, es gibt einfach alles hier und das natürlich auch im totalen Überfluss. Weiter der Serangoon Rd folgend, kommen wir an indischem Tempeln vorbei und das ganze Stadtbild ist hier wirklich rein indisch geprägt. Vor allem die zahlreichen Goldschmuck- und Stoffläden fallen besonders auf 😃.

    Anschließend geht es nach China Town und durch die hier sehr bunt geschmückten Straßen. Wir besuchen den Buddha Tooth Relic Temple der erbaut wurde, um die Zahnreliquie des historischen Buddha zu beherbergen. Es wird behauptet, dass die Reliquie von Buddha, von der sie ihren Namen hat, in einem eingestürzten Stupa (buddhistisches Bauwerk) gefunden wurde. Heute kann man diesen Zahn im Tempel, umgeben von unendlich viel Gold, besichtigen und neben ihm meditieren (Fotos nicht erlaubt). Auf dem Dach des Tempels befindet sich noch eine Art Garten mit einer lebensgroßen Gebetsmühle und tausenden kleinen Buddhas, die an den Wänden aufgestellt sind. Wir finden es hier ganz schön, die Stimmung ist angenehm und entspannt und alles riecht nach Räucherstäbchen 🤩😍.

    Auf dem Weg zurück, kommen wir noch an toller Streetart, der sog. Wall Mural Art by Yip Yew Chong vorbei, die uns mit ihren Details wirklich umhaut.
    Und dann stehen wir plötzlich vor einem kleinen Laden, von dem wir denken, es handelt sich um eine Schokoladenmanufaktur. Erst beim näheren Hinschauen stellen wir fest, dass es sich um gebratene und karamellisierte Fleischplättchen handelt 😂. Eines müssen wir auch probieren, aber so richtig toll finden wir es beide nicht. Schokolade hätte uns vermutlich glücklicher gemacht 🥲.

    Auf dem Weg durch die Hochhäuser Singapurs, sehen wir immer wieder vollständig bewachsene Wolkenkratzer, die wie ein grosser Garten aussehen. Und das hat seinen Grund. Singapur ist einer der am höchsten verdichteten Staaten der Welt. Da die Tagestemperaturen im Jahresdurchschnitt bei 32 Grad Celsius liegen und es starke Monsunregen gibt, ist die Architektur besonderen Belastungen ausgesetzt. Das klassische Hochhaus jedoch – einst für gemäßigte Klimazonen entworfen – entspricht weder den kulturellen, noch den klimatischen und regionalen Gegebenheiten tropischer Gebiete, denn seine Seitenwände sind der Sonne meist schutzlos ausgeliefert und die Fassade gegenüber der Umgebung abgedichtet, was Klimaanlagen unverzichtbar macht. Um ihre Gebäude zu verschatten, schöpfen einige Architekten in Singapur aus dem Potenzial von Pflanzen, setzen Bäume auf Balkone, lassen struppige Kletterpflanzen an der Fassade ranken und holen ganze Parkanlagen in das Innere. Mittels poröser Fassaden kann der Wind durch die Gebäude strömen und damit für natürliche Abkühlung gesorgt werden. Einige Gebäude besitzen auch ein spezielles Monsunfenster, das auch bei starken Regenfällen geöffnet werden kann, ohne dass Wasser ins Innere gelangt.
    Diese sogenannten Green Houses Sorgen nebenbei noch für frischen Sauerstoff. Und auch die Regierung will Hochhaus-Beton in sauerstoffproduzierendes Grün verwandeln. Das lohnt sich für Bauherren und Gärtner, denn die Hälfte der Kosten übernimmt der Staat. Es geht um Nachhaltigkeit, die Nutzung von Sonnenlicht und Regenwasser, den Verzicht auf Klimaanlagen, darum den Energieverbrauch zu senken. Das klingt doch mal fortschrittlich!

    Am frühen Abend geht es wieder zur Marina Bay, weil wir hier am Vorabend gesehen haben, dass es ein Food Festival gibt, welches wir unbedingt besuchen wollten. Wir kriegen hier tatsächlich wahnsinnig leckere Kleinigkeiten, ein kühles Bier und eine tolle Sicht auf die beleuchtete Stadt. Mit müden Beinen laufen wir die letzten Kilometer anschließend nach Hause und freuen uns auf das wirklich bequeme und gut gekühlte Bett. Auch die zweite Nacht schlafen wir hier gut und trotz der vielen Menschen in einem Raum, ist es erstaunlich ruhig 👍🏽.

    Für den nächsten und letzten Tag haben wir uns den Gardens by the Bay, einen riesigen Naturpark am Marina Bay, der unter anderem die berühmten Supertree Groves, den Flower Dome und den Cloud Forest beheimatet, vorgenommen.
    Die beiden Wintergärten Flower Dome und Cloud Forest sollen ein energieeffizientes Schaufenster nachhaltiger Bautechnologien sein und einen Allwetter- Edutainment - Raum innerhalb der Gärten bieten.
    Der Bau der Gewächshäuser ist in zweierlei Hinsicht besonders. Erstens, indem man ein so großes Glasdach ohne zusätzliche innere Unterstützung (wie Säulen) haben kann. Zweitens, weil die Konstruktionen stark darauf abzielen, den ökologischen Fußabdruck zu minimieren. Regenwasser wird von der Oberfläche gesammelt und im Kühlsystem zirkuliert, das mit den Supertrees verbunden ist. Die Supertrees werden sowohl zum Ablassen heißer Luft als auch zum Kühlen von zirkulierendem Wasser verwendet.

    Der Flower Dome ist das größte Gewächshaus der Welt, das im Guinness-Buch der Rekorde 2015 mit 1,2 Hektar aufgeführt ist und ein kühl-trockenes mediterranes Klima nachbildet. Es verfügt über eine wechselnde Ausstellung, das Blumenfeld und acht weitere Gärten. Diese acht Gärten zeigen exotische Blumen und Pflanzen aus dem Mittelmeerraum und halbtrockenen Regionen aus fünf verschiedenen Kontinenten.
    Während wir uns aber dieses Gewächshaus ein wenig farbenfroher vorgestellt haben, sind wir um so mehr vom Cloud Forest begeistert.
    Dieses Gewächshaus bildet die kühlen, feuchten Bedingungen in tropischen Bergregionen zwischen 1.000 Metern und 3.000 Metern über dem Meeresspiegel nach, die in Südostasien, Mittel- und Südamerika zu finden sind. Es verfügt über einen 42 Meter hohen „Wolkenberg“, der mit einem Aufzug erreichbar ist, und Besucher können den Berg über einen Rundweg hinabsteigen, wo ein 35 Meter hoher Wasserfall sie mit erfrischender kühler Luft versorgt.
    Der "Wolkenberg" selbst ist eine komplizierte Struktur, die vollständig mit Epiphyten wie Orchideen, Farnen, Bromelien und Anthurien bekleidet ist und wirklich toll aussieht. Auch der Rundweg um den Berg herum ist durch die Höhe und damit einhergehende Aussicht richtig toll gemacht und gefällt uns super gut.

    Zum Abschluss geht es noch zu den Supertrees.
    Das sind die 18 baumartigen Strukturen, die die Landschaft der Gärten mit Höhen zwischen 25 und 50 Metern dominieren. Sie sind vertikale Gärten, die eine Vielzahl von Funktionen erfüllen, darunter das Pflanzen, Beschatten und Arbeiten als Umweltmotoren für die Gärten.
    Die Supertrees beherbergen Enklaven von einzigartigen und exotischen Farnen, Weinreben, Orchideen und auch eine riesige Sammlung von Bromelien wie Tillandsien und anderen Pflanzen. Sie sind mit Umwelttechnologien ausgestattet, die die ökologische Funktion von Bäumen nachahmen: Photovoltaikzellen, die Sonnenenergie nutzen, die für einige der Funktionen der Supertrees (z. B. Beleuchtung) verwendet werden kann, ähnlich wie Bäume Photosynthese betreiben, und das Sammeln von Regenwasser zur Verwendung in Bewässerungs- und Springbrunnendisplays, ähnlich wie Bäume Regenwasser für das Wachstum aufnehmen. Die Supertrees erfüllen auch Lufteinlass- und -auslassfunktionen als Teil der Kühlsysteme der Wintergärten. Das ist schon wirklich verrückt und faszinierend. Die beleuchteten Bäume wollen wir uns aber dann noch am Abend vom Dach des Marina Bay Sands anschauen 🤩.

    Daher heißt es dann auch schon bald zurück zum Hotel fahren und ein wenig schick machen. Wir haben nämlich einen Tisch im Restaurant Cé La Vie reserviert und freuen uns schon sehr, über den Dächern Singapurs zu essen und sich einmal unter die Reichen und Protzigen zu mischen 😜.
    Und es war einfach toll.
    Das Ambiente war total angenehm und entspannt, die Kellner super nett und das Essen der Wahnsinn!!
    Unsere absoluten Highlights waren das Steak, das so unglaublich zart war, dass wir nicht sicher waren, ob das wirklich Fleisch ist, die Wasabi „Sauce“ zu den Zucchini Blüten und der Weißwein, der so viele Geschmäcker nach einander im Mund abspielte und einfach Spaß machte.
    Zum Abschluss gab es noch eine tolle Sicht auf die beleuchteten Supertrees und wir fuhren um einiges ärmer, aber glücklich, auch so etwas mal erlebt zu haben, wieder zurück in unsere Kapsel, von wo aus es am nächsten Tag weiter nach Kuala Lumpur gehen soll.
    Singapur ist auf jeden Fall ein Erlebnis, in vielerlei Hinsicht wahnsinnig fortschrittlich, aber manchmal irgendwie auch ein wenig unwirklich.
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