Balkan

May - June 2022
10 Tage, 4 Länder... eine Reise durch den Balkan Read more
  • 42footprints
  • 6countries
  • 10days
  • 368photos
  • 0videos
  • 4.3kkilometers
  • 2.6kkilometers
  • Day 3

    Cetinje

    May 27, 2022 in Montenegro ⋅ ☀️ 25 °C

    Die überschaubare Stadt auf einer Hoch­ebene zu Füßen des Lovćen war bis zur­ Gründung der Republik Montenegro als Teil des sozialistischen Nach­kriegs­ju­gos­lawien das administrative und in­tel­lektuelle Zentrum des Lan­des.­ Die Haupt­stadtwürde ist einige Kilometer ins Landesinnere nach Pod­go­rica wei­ter­gereist, aber von seinen großen Zei­ten zehrt Cetinje noch im­mer.

    Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jh. kam Cetinje richtig zu sich: Jahr­hun­der­te­lang hat­ten verschiedene Ag­gres­so­ren die Stadt ein ums andere Mal hef­tig gebeutelt, und erst unter den re­la­tiv stabilen Bedingungen nach dem Ber­liner Kongress er­leb­te die Stadt in den Bergen ihre Hochblüte. Alle Groß­mächte Europas und die auf­stre­benden Ver­einigten Staaten unterhielten im da­mals nur ca. 2500 Einwohner zäh­len­den Ort eine Gesandtschaft. Zusam­men mit den Repräsentationsbauten des auf­strebenden Hauses Petrović, dessen Mitglieder dem Land erst als Fürst­bi­schö­fe und­ später auch als Könige vor­standen, entwickelte sich um den Kern des alten Klos­ters ein kompaktes En­semb­le des Spätklassizismus. In den zahl­reichen zum Teil­ ziemlich aufwen­di­gen Botschaften, den Palästen und Re­gierungsgebäuden be­fin­den sich heu­te Museen und die künstlerischen Fa­kultäten der Universität Mon­te­neg­ros, sodass Cetinje in Kulturdingen im­mer noch die Führungsrolle vor dem eher nüchternen Podgorica behaupten kann. Im Verständnis der Stadtväter spielt Ce­tinje gar mit im Reigen der gro­ßen Museumsstädte der Welt - ein über­di­men­sio­naler Wegweiser zu den be­deutendsten Sammlungen des Pla­ne­ten lässt da we­nig Zweifel. Auch wenn das etwas hoch gegriffen ist, lohnt ein Tag Unterbre­chung des Strand­urlaubs nicht nur für Hardcore-Kultur­beflis­se­ne.

    Die Perle des balkanischen Klas­si­zis­mus, die Cetinje mit seiner wunder­ba­ren Sub­stanz zweifelsohne ist, könnte aber wieder einmal eine neue Politur vertra­gen. Die Stadt macht nicht nur in den Wohnvierteln außerhalb des Stadt­kerns einen etwas vernachlässigten Ein­druck. Aber Podgorica hält die Stadt­finanzen Cetinjes an der ganz kur­zen Leine, Grund dafür sind nicht et­wa historische Ressen­timents, son­dern schlichtes Parteiengezänk: Cetinje wird als einzige Stadt Monte­negros von der oppositionellen SNP (Sozialistische Volkspartei) regiert, und das sieht der Mus­ter­de­mokrat Đukanović nun gar nicht gerne. Außerdem ist es um die in­dus­trielle Struk­tur Cetinjes alles andere als gut bestellt. Die größten Arb­eit­ge­ber, das Elek­tro­ge­rätewerk Obod und das Fisch­konserven­werk im nahe ge­le­ge­nen Rijeka Crno­je­vića, haben ihren Be­trieb eingestellt.

    Der König und seine Töchter....

    Nikola I. und seine Frau Milena setzten nicht weniger als zwölf Kin­der in die Welt,­ neun davon waren Mädchen. Mit diesem Nach­wuchssegen begann Ni­ko­la, ein geschickter und wendiger Staats­mann im Inneren wie im Äußeren, ei­ne sehr aktive Hei­rats­politik, die ihm später den inoffiziellen Ehrentitel „Schwiegervater Eu­ropas“ eintrug. Der designierte Thronfolger Danilo si­cher­te den An­liegen Montenegros am deutschen Kaiserhof durch seine Hoch­zeit mit Prinzessin Jutta von Mecklenburg-Strelitz ein offenes Ohr. Vier­ der Mädchen wurden in weitere europäische Königshäuser ver­ehelicht: Mi­lica hei­ratete den russischen Großfürsten Petar Ni­ko­lajević Romanov; ein An­ge­hö­riger einer Sei­tenlinie dieser Dy­nas­tie, Georg Maximilianović von Leuch­ten­berg nahm Anastasia zur Frau. Die beiden trennten sich aber wie­der, und Anas­tasia griff er­neut in den Romanow-Topf und zog sich den Prin­zen Ni­ko­lai Ni­kolajević. Prinzessin Jelena gab Kronprinz Vittorio Ema­nue­le von Ita­lien das Jawort, und ihre Schwester Ana stärkte die Bande mit Eng­land­ durch ihre Ehe mit Franz Joseph von Battenburg (im Ersten Welt­krieg ang­lisiert zu Mount­bat­ten). Überflüssig zu sa­gen, dass eine der Töch­ter schö­ner als die andere gewesen sein soll - haben das Königstöchter nicht so an sich?
    Read more

  • Day 3

    Njeguši

    May 27, 2022 in Montenegro ⋅ ⛅ 26 °C

    Schon kurz hinter dem Krstac-Pass steht das Ortsschild, bis zum Dorf auf ei­ner ge­schütz­ten Hochebene sind es aber noch einige Kilometer.

    Njeguši ist heute eine we­nig stimmungsvolle An­häu­fung bäuerlicher Zweckbauten, aber ein kuli­na­ri­sches Er­zeugnis und ein historisches Ereignis haben den Wei­ler tief im kol­lek­tiven Be­wusst­sein der Montenegriner verankert. Bei Ers­te­rem han­delt es sich um einen wohl­schme­ckenden Schinken, bei Letzterem um den Um­stand, dass hier 1811 (oder 1813, die Quel­len sind nicht eindeutig) der le­gen­däre Dichter­fürst Petar II. aus der Dy­nastie der Petrović geboren wurde; spä­ter erhielt der als Fürstbischof von Ce­tinje mit quasi­königli­cher Macht re­gie­ren­de Mo­der­ni­sie­rer des Landes den Bei­namen Njegoš. Sein Geburtshaus im hin­te­ren Teil des Dor­fes kann heute be­sich­tigt werden, wovon während der Schul­zeit vor allem Schü­ler­gruppen Ge­brauch machen. Das zweistöckige An­wesen ist eher schmuck­los, sticht aber im Um­feld der sehr einfachen Neu­bauten deutlich her­vor. Auf zwei Stock­werken sind Gegen­stände aus Petars Jugend ausgestellt, es do­mi­nie­ren aber Er­in­ner­ungs­stü­cke, die sich the­matisch um sein bekanntestes Werk Gorski Vijenac („Der Bergkranz“) grup­pie­ren.

    Lange hat sich Njegoš in Njeguši nicht aufgehalten, seine Ausbildung er­hielt er in den­ Klöstern von Cetinje und Herceg Novi, seinen staats- und welt­män­ni­schen Schliff in Wien und St. Pe­ters­burg. Die Regierungsgeschäfte über­nahm Pe­tar II. be­reits im Alter von 17 (bzw. 19) Jahren (1830), seine Mo­der­ni­sie­rungs­leis­tung be­stand vor al­lem in der Institutionalisierung des Lan­des: Unter anderem wurde un­ter sei­ner Ägide erstmals ein Senat ein­be­ru­fen, ein Schul­system begrün­det und die Er­hebung von Steuern zur Fi­nan­zie­rung einer modernen Verwaltung an­geordnet. Auf­ dem Gebiet von Kunst und Wissen­schaft tat er sich neben sei­ner Bel­letristik mit einer Grammatik und einem Wörterbuch des Serbischen hervor. Be­reits 1851 starb Njegoš an den Folgen einer Lungenentzündung in Cetinje, be­gra­ben wurde er auf dem 1655 m hohen Jezerski Vrh hoch über seiner Geburts­stadt. Seine bis heute ungebrochene Popu­la­ri­tät verdankt der Fürst­bischof we­ni­ger seinem literarischen Werk als vielmehr seinen Bemühungen um eine panserbi­sche nationale Entität und Identität - be­sonders heute, im Kiel­was­ser des vor­geb­lich­ an der Ethnienfrage ent­zün­de­ten Bürgerkriegs, hat das ziemlich Kon­junktur.

    Weltanschaulich und politisch völlig unbelastet ist der Schinken, der vor Ort ge­räuchert und getrocknet wird - kaum ein Restaurant im Land, das unter der Rubrik „Vorspeisen“ auf njeguški pršut verzichten würde. In Njeguši kann­ man die fantastischen Schwei­ne­bei­ne direkt beim Erzeuger kaufen und in klei­nen Ver­kös­ti­gungs­stel­len auch probieren. Qualitativ und ge­schmack­lich muss sich der Schinken aus Njeguši hinter den Top-Erzeugnis­sen aus west­eu­ro­päischen Betrieben sicher nicht verstecken, die meist recht kräf­tige Räu­che­rung und lange Trocknungsphase lassen ihn stark an Spitzen­pro­duk­te aus dem Schwarzwald und Südtirol erinnern. Le­diglich den Fett­man­tel wür­den wir uns gelegentlich etwas dün­ner wünschen, aber Mager­keit war auf dem Bal­kan noch nie ein Qualitätskriterium. Der Weg zum EU-Qua­li­täts­siegel G. U. (ge­schützte Ursprungsbezeichnung) ist aller­dings noch weit, denn Schwei­neställe sucht man in Njeguši bislang vergeb­lich, die Tiere stam­men aus den großen Mastbetrieben Hollands, der serbi­schen Vojvodina und Zen­tral­ser­bien. Die strengen - politisch mo­ti­vier­ten - Im­port­richt­li­nien­ haben die­se feine Wurstware bislang aus un­seren hei­mi­schen Kühl­the­ken­ fern­gehalten.

    Nicht ganz so berühmt wie der Schinken, aber ebenfalls eine weit­ver­breitete De­l­ikatesse ist der njeguški sir, der mittelfest gereifte Kä­se aus dem Bergdorf. Die­ säuerliche Note und dichte Konsistenz äh­neln dem norditalienischen Fon­tina, der njeguški sir ist al­ler­dings deutlich kräftiger. Häufig wird dieser Kä­se auch in kleine Wür­fel geschnitten und für mehrere Monate in Olivenöl ein­ge­legt.
    Read more

  • Day 3

    Die Serpentinen vor Kotor

    May 27, 2022 in Montenegro ⋅ ⛅ 23 °C

    Bei einem oberflächlichen Blick auf die Landkarte mag man es gar nicht ver­mu­ten, aber Kotor liegt ver­kehrs­tech­nisch ziemlich günstig. Die auf­re­gende Pass­stra­ße, die nach 32 engen Ser­pen­ti­nen­kurven über den gut 1000 m hohen Krstac ins Schin­ken- und Hel­den­dorf Njeguši führt, ver­bin­det die Bucht mit dem bergigen Hinter­land, und durch den erst 1992 gebauten Tun­nel ist die Fahrt nach Tivat und die süd­li­cheren Küs­tenorte drastisch zu­sam­men­ge­schrumpft. Die gute An­bin­dung hat aber auch ihre Schatten­sei­ten: Land­seitig von steilen Felsen ein­ge­kes­selt, ziehen in Ko­tor die Ver­kehrs­emi­s­sionen nur schlecht ab. An son­ni­gen Tagen - und das sind ab April die meis­ten - kann es schon einmal etwas sti­ckig wer­den. Der Stei­gungs­regen, der hier am Fuß des Lovćen-Massivs öfter ein­mal he­runtergeht, ist da eine echte Erholung.Read more

  • Day 3

    Kotor

    May 27, 2022 in Montenegro ⋅ ☀️ 29 °C

    „Weltkulturerbe!“, schallt es von allen Sei­ten, wenn von Kotor die Rede ist. Tat­sächlich wurde die von gewaltigen Fes­tungsmauern umfriedete Stadt am­ Ende der Bucht 1979 nach dem ver­hee­renden Erd­beben von der Unesco als­ einziges Kulturdenkmal (Durmitor und die Boka werden als Naturdenk­mä­ler ge­führt) in die einschlägige Liste au­f­ge­nommen.

    Auf diesen Status sind die Ein­woh­ner Kotors natürlich mächtig stolz - und nicht nur­ die: In ganz Montenegro gilt Kotor ziemlich unangefochten als die schönste Stadt des kleinen Landes. Wer nun eine eilig wieder hoch­ge­päp­pel­te Kulissenstadt ver­mutet, kann sich be­ru­higt in einem der zahlreichen Ca­fés auf den vielen kleinen Plät­zen der unglaublich winkligen Altstadt zurück­leh­nen, schließlich sind für die Re­kon­struk­tion beinahe aus­schließlich ori­gi­na­le Steine aus der ursprünglichen Bau­sub­stanz verwendet wor­den. Auch die ansonsten in Ex-Jugoslawien un­heil­voll aus­gelebte Lust an der Mo­der­ni­sierung mittels Wasch- und Sichtbe­ton konnte sehr ge­bremst werden.

    In den manchmal nur schul­ter­brei­ten Gassen herrscht dichter Verkehr - al­lerdings nur zu Fuß, für motorisierte Fahr­zeuge ist die Altstadt gesperrt, nur das Elektro­fahrzeug der Müll­abfuhr rum­pelt gelegentlich in hals­brecheri­schem Tempo über das von Millionen Tou­ris­ten­schuhen glatt­ ge­lau­fene Pflas­ter. Ge­radezu an früh­ere römische Ver­hält­nisse erin­nern die Bataillone her­ren­loser, leicht bos­haft aussehen­der Stra­ßenkatzen, die jeden Müll­eimer wahr­schein­lich mit Nachdruck zu verteidi­gen bereit sind. Ihre bel­len­den Schick­salsge­nos­sen ver­lassen sich eher auf die Almo­sen, die sie von Tou­ris­ten mit her­zi­gem Au­gen­aufschlag erbetteln kön­nen.

    Unsere Reiseleiterin Rosanda, zeigte uns viel von ihrer Heimatstadt und so durfte natürlich auch ein Blick in die Geschichte Kotors nicht fehlen...

    Am Anfang steht - natürlich - eine Le­gen­de. Die Nymphe Alkimi, außer­halb Ko­tors nur als Mutter Jasons be­kannt, führte die ersten Siedler aus den Ber­gen hinab in die Bucht. Nur hier fände sich Wasser zum Tränken des Viehs (bei der Gelegen­heit entsprang die Gru­dić dem Fels) und Zugang zum Meer, Grund­lage des Wohl­stands kom­men­der Zeiten. Das überzeugte, und die Sied­ler gründeten die Stadt.

    Die Quellenlage deutet indes, weit pro­saischer, auf ganz andere Motive für die Sess­haft­werdung an dieser Stelle hin: Die vor Stürmen und Gezeiten he­raus­ra­gend gut ge­schützte Lage am En­de einer auch von großen Schiffen gut be­fahrba­ren Bucht war schon für die Grie­chen ein schlagendes Ar­gu­ment, den Ort als Anlaufpunkt für ih­re Kriegs- und Handelsmarine zu nutzen. Wenn­gleich ein präzises Datum für die Stadt­gründung nicht auszumachen ist, weiß man mit Sicherheit von einer hel­len­is­ti­schen Kolonie namens Akurion im 3. Jh. v. Chr. am Ende des langen Fjords. Un­ter den­ Römern, die als nächs­te me­di­ter­rane Hegemonialmacht die Vor­züge des Stand­orts­ ebenfalls zu schät­zen wussten, bildete sich dann der Orts­name Catharum her­aus,­ der schon auf das heutige Kotor vorausweist. Ers­te Wahl unter den Städten der Bo­ka Ko­tor­s­ka war Kotor damals allerdings noch nicht - dieser Rang gebührte dem heu­te eher verschlafenen Risan, das des­halb auch mit den besse­ren kunst­his­to­ri­schen Zeugnissen aus römischer Zeit aufwarten kann.
    Read more

  • Day 4

    Virpazar am Skutarisee

    May 28, 2022 in Montenegro ⋅ ☁️ 24 °C

    Eine Wasserfläche so groß wie der Bodensee, be­ständi­ger­ Wind bei strahlendem Sonnenschein - und kein ein­zi­ges Boot, Surfbrett oder sonstiges Wasserfahrzeug! Der Skadar-See (Skadarsko Jezero), den sich­ Montenegro und Albanien im Ver­hält­nis 2:1 teilen, ist tatsächlich noch ein­ unentdecktes Paradies.

    Der je nach Jahreszeit und Nie­der­schlag 370 bis 550 km² große See ist trotz der bei­den­ in der Nähe liegenden Groß­städ­te Podgorica und Skoder (Al­ba­nien) ein völlig in­tak­tes Ökosystem mit enormer Artenvielfalt: Wahr­schein­lich nirgendwo in Eu­ro­pa tum­meln sich mehr Vogel- und Fischarten auf und unter der Was­ser­ober­flä­che als­ hier. Or­nithologen zählen bislang 264 (zän­ki­sche Vertreter der Wissenschaft be­stehen auf 227 - vielleicht sollte ich selbst mal nachzählen) verschiedene geflügelte Spe­zies, da­run­ter auch Euro­pas nördlichste Kolonie Pelikane. 40 Fischarten kom­men im See vor, ein deutliches In­diz für seine makellose Trink­wasserqualität. Ge­währleistet wird dieser hohe Standard durch zahl­reiche unter­irdische Zuflüsse aus den um­lie­gen­den Ge­birgen, ohne die der durch­schnittlich nur 4 bis 6 m tiefe See im Som­mer stark auf­h­eizen und unweiger­lich umkippen würde. Beim sehr emp­feh­lens­werten, aber ei­gentlich nur in Murići und Skje wirklich mach­baren Bad im an­ge­nehm war­men Was­ser kann man an vielen Stellen die kal­ten Quellen (sog. oči, wörtl. „Augen“ - Ka­näle im löchrigen Karstgestein) deut­lich spüren.

    Die tiefste Stelle, ebenfalls in diesem Ber­eich, misst 92 m und ist der ergie­big­ste Spot für die Fischer am See. Die biologische und landschaftliche Einzig­ar­tig­keit des Skadar-Sees ist seit 1983 mit dem Prädikat „Nationalpark“ unter be­sonderen Schutz gestellt.

    Trotzdem spricht wenig dafür, dass sich das ruhige Leben in den kom­men­den Jah­ren beschleunigen wird. In den Ver­marktungsstrategien der Touris­mus­planer spielt der See nur in Sonn­tags­reden eine Rolle, echte Ambitionen sind am einsamen Süd­ufer - das sum­p­fi­ge Nordufer liegt auf albanischem Ho­heits­ge­biet - nur im Ansatz aus­zu­machen. Die wenigen hier ansässigen Menschen leben entweder von der Land­wirtschaft oder, beinahe ebenso tra­ditio­nell, vom Schmuggel mit dem al­bani­schen Nachbarn - über den See führt eine der bedeut­samsten Routen des illegalen Im­ports von, nun ja, Prob­lemgütern. Der Schnell­bootverkehr in Neumondnächten soll bemerkenswert sein ...

    Entstanden ist der See, der in deutsch­sprachigen Publikationen oft auch als „Sku­tari-See“ geführt wird (wo­mit die Ein­heimischen gar nichts an­fangen kön­nen), nach der derzeit gän­gigsten Theorie etwa um das Jahr 1000, als sich ein Sumpf­gebiet um die Bojana zu einer zusammenhängenden Was­ser­flä­che auswuchs. Eine al­ter­na­tive The­orie geht davon aus, dass tek­to­nische Ver­schie­bungen hier eine Mee­resbucht iso­liert haben. Angeblich stehen auf dem Grund des Sees sogar noch Ge­bäu­de aus der Zeit vor der Flu­tung, und wie es sich für versunkene Städte ge­hört, soll ge­le­gent­lich das Läuten des Kirch­turms zu hören sein ... Wie dem auch sei - fest steht, dass der Skadar-See ein sehr junges Gewässer ist (unter den na­tür­li­chen­ gro­ßen Süß­was­ser­re­ser­voirs Euro­pas ist es wahrscheinlich so­gar das jüngste), und fest steht auch, dass spätes­tens 1233 genügend Wasser da war, um von einem See zu spre­chen. In diesem Jahr nämlich errichteten die Herrscher des Tieflandes, die re­gie­ren­de Ne­manja-Dynastie des früh­ser­bi­schen Zeta-Staates, am süd­west­li­chen­ Ufer bei Vran­jina das Kloster Sv. Nikola und machten es zum Bischofssitz der neu ge­grün­de­ten Diözese. Das war der Auf­takt für eine ganze Serie von Klos­ter­bau­ten um den Skadar-See, ins­ge­samt neun Anlagen wurden im Ver­lauf des Mit­tel­alters auf die kleinen Inseln am Süd­ufer oder an die Steilhänge da­rü­ber gesetzt. In An­leh­nung an das Klos­ter­en­semble auf dem heiligen Berg in Grie­chenland wird der See des­wegen auch das „Athos der Zeta“ genannt. Nur wenige der meist sehr klei­nen Klös­ter sind erhalten geblieben, denn der See lag oft auf der Haupt­kampflinie im Dau­erkonflikt mit den Türken. In der Zeit der türkischen Besetzung er­losch dann das monastische Leben vollends, erst nach der Gründung des Staats Montenegro 1878 kehrten die Mön­che und Nonnen an manche Orte zurück.
    Read more

  • Day 4

    Moraca Schlucht

    May 28, 2022 in Montenegro ⋅ ☁️ 24 °C

    Kanjon Mrtvica: Beim Dorf Međuriječje einige Kilometer weiter unten mün­det der Gebirgsfluss Mrtvica in die Morača. Von seiner Quelle gut 14 km nordwest­lich schlän­gelt sich das im Frühjahr und Som­mer reißende Gewässer durch eine fast pa­ra­diesisch anmutende Schlucht. In den Dimensionen ist die Mrt­vica mit dem mäch­tigen Tara-Can­yon natürlich nicht zu ver­glei­chen, aber auch hier ra­gen die Ber­ge ringsum bis zu 1100 m über das Fluss­bett in die Höhe. Eine ar­chitek­tonische Se­hens­wür­digkeit gibt es erstaun­licherweise auch: Aus verkehr­s­technisch un­er­find­li­chen Gründen ließ Prinz Danilo im An­denken an seine Mutter Kristijna 1858 eine sehr wohlge­formte Stein­brü­cke über die Mrtvica er­richten.

    Eine Wanderung durch die Schlucht ist ein fantastisches Naturerlebnis, al­ler­dings be­nötigt man dazu logis­tische Un­terstützung. Von der Münd­ung bis zum nächsten be­wohnten Ort Velje Du­bo­ko (schon ziemlich nah an der Quel­le) sind es 12,5 km - hin und zurück wird es also ein echter Gewalt­marsch (Höhen­unterschied ca. 600 m). Eine ge­führte Wanderung (durchaus sinn­voll, auch we­gen der vielen Schlan­gen) mit Abhol­service organisiert die Vila Jelka in Kolašin.
    Read more

  • Day 4

    Kloster Moraca

    May 28, 2022 in Montenegro ⋅ ☁️ 26 °C

    Das Kloster über dem tiefen Einschnitt der Morača ist eines der wenigen vollständig erhaltenen Bau­denkmäler Montenegros aus dem Mit­tel­alter. Ge­gründet wurde es 1252 von Herzog Vukan, einem Enkel des gro­ßen Stefan Nemanja, und aus dieser Zeit stammt auch die Klosterkirche. Das bleigedeckte Dach nahmen die tür­ki­schen Eroberer nach der Ein­nahme des Landstrichs einfach mit, um mi­li­tä­ri­sches Gerät daraus zu gie­ßen. Die ur­sprüng­lichen Fresken über­stan­den die Zeit leider nicht, da das Kirchen­schiff ungeschützt Wind und Wetter aus­ge­setzt war, und so wurde ein Jahr­hun­dert später die Aus­schmü­ckung der Kir­che neu in An­griff genom­men. Die größ­ten Kir­chen­maler der Zeit waren daran betei­ligt: Der schon mehrfach er­wähn­te Strahinja (Piva, Pljevlja) malte die oberen Be­reiche und Thron-Iko­nen des Altars, Georgije Mitro­fanović war ver­antwortlich für die Westseite, und bei Meister Kozma, ei­nem berühmten Sohn der Gegend, sind in den Dar­stel­lun­gen von Sv. Sava und Simeon die ers­ten Renais­sance­einflüs­se zu spü­ren. Von Kozma stam­men auch die noch weit­gehend un­restaurierten Fresken der klei­nen Kapelle Sv. Niko­la neben der Haup­t­kirche. Ebenfalls beson­dere Be­ach­tung verdienen die In­tar­sien­ar­bei­ten des Fußbodens, beson­ders zwi­schen Narthex (Vorhalle) und Hauptschiff - Auch kunsthistorisch Desin­te­res­sier­te werden sich dem Zauber des Ortes nicht ent­ziehen können, zu malerisch fügt sich das umfriedete Ensemble in die Land­schaft. Kleine Bäche umspielen die Klostermauern, und unterhalb rauscht ein mäch­ti­ger Wasserfall 33 m in die Tiefe.Read more

  • Day 4

    Podgorica

    May 28, 2022 in Montenegro ⋅ ⛅ 28 °C

    Die Stadt am Zusammenfluss von Morača und Ribnica ist der ad­mi­nis­trative und wirtschaftliche Mittelpunkt des Landes und spielt in den touristischen Planungen allerhöchstens eine verkehrstechnisch be­deutende Rolle. Hier wird gelebt und gearbeitet, Urlaub ist wo­an­ders.

    Nirgendwo prä­sen­tiert sich­ der Meltingpot Monte­negro un­geschminkter als hier - und in welcher euro­pä­i­schen Großstadt kann man schon Eselsfuhrwerke im Stadt­zentrum sehen?

    Trotz ihres gesegneten Alters ist die Metropole eine sehr junge Stadt, nach der fast voll­ständigen Zerstörung im Zwei­ten Weltkrieg wurde sie als klas­sisch so­zia­lis­ti­sche Urbanisation auf dem Reißbrett völlig neu angelegt. Ge­wis­sermaßen in einem Auf­wasch ver­passte man ihr auch gleich einen neuen Name: Titograd (ganz hinten in­ der ser­bischen und montenegrinischen Pro­vinz findet man auch heute noch Rich­tungshinweise mit der alten Bezeich­nung). 1992 verschwand dann mit dem Bür­gerkrieg auch die letzte Reverenz an Tito, und die Wiedereinführung des alten, geo­grafisch motivierten Names (pod gorica = „unter dem Berglein“) er­for­derte neue Briefbögen im Rathaus.

    Beim Wiederaufbau nach dem Krieg wurde, wie auch andernorts im Ost­block, auf ästhetische Überlegungen kei­ne Zeit verschwendet; in den Vor­städ­ten reiht sich Wohn­block an Wohn­block, und im Stadtzentrum wird ein neues Hochhaus nach dem­ anderen aus dem Boden gestampft - auf dem Im­mobilienmarkt herrscht Gold­grä­ber­stim­mung. Woher das ganze Geld kommt und warum es hierherkommt, ist­ nicht schlüssig zu erklären, aber es hat die Stadt in sehr kurzer Zeit maß­geb­lich ver­ändert. Die post­so­zia­lis­ti­sche Tristesse ist zumindest im Stadt­zen­trum inner­halb­ einer Dekade fast völ­lig überbaut worden. Vom his­to­ri­schen Kern am Zusam­men­fluss von Ribnica - im Sommer nur mehr ein dün­nes Rinnsal - und der tief in den­ Fels eingespülten Morača ist nicht mehr viel zu sehen, und so muss Pod­go­rica oh­ne eine wirklich gegliederte Struk­tur auskommen, nur grob las­sen sich drei Schwer­punkte ausmachen: Die meisten Geschäfte und Ministerien lie­gen in Nova Va­roš (Neustadt), am gegenü­berliegenden Ufer befindet sich ein gro­ßes Plat­ten­bau­viertel mit vielen Woh­nungen und den Instituten der Uni­versität. Ver­bunden sind­ diese bei­den Teile seit 2005 mit einer kühnen ein­hüftigen Schrägseil­brü­cke, der­ Millenium Most (Prahlbauten sind ganz offensichtlich kein Vor­recht des So­zia­lis­mus). Das Viertel am Südufer der Ribnica, Stara Varoš (Alt­stadt), wird über­wie­gend­ von Moslems bewohnt. Dahinter liegen die riesigen Fel­der des staat­li­chen Plantaže-Wein­guts, die sich bis zum Skadar-See erstrecken. Wei­tere wichtige land­wirt­schaft­liche Produkte in dieser äußerst fruchtbaren Ebene sind Obst, Tabak und Mais. Die drin­gend notwendige Bewässerung ge­währ­leisten meh­rere Flussläufe, ne­ben den schon genannten sind das Zeta, Sitnica und - der schönste von allen - die Cijevna. Podgorica nennt sich des­halb auch gerne die „Stadt an den fünf Flüs­sen“. Nimmt man die schmale Ma­re­za noch dazu, sind es so­gar sechs.

    Nach offizieller Statistik zählt die Stadt knapp 200.000 Einwohner, tat­säch­lich dürf­ten es deutlich mehr sein. Ein Blick auf die Wellblechsiedlungen in den östlichen Randbezirken, wo im­mer noch viele Flüchtlinge aus den jüngs­ten Balkankrisen le­ben, macht schnell klar, dass an eine präzise Zäh­lung kaum zu denken ist. Hinzu kom­men die recht stark vertretenen Roma, deren Lebens­weise sich einem korrek­ten Zensus ohnehin entzieht.
    Read more

  • Day 5

    Kloster Visoki Decani

    May 29, 2022 in Kosovo ⋅ ☁️ 13 °C

    Das Kloster erstreckt sich westlich der Stadt, dort wo die Straße Skenderbeu oder Rruga Sali Ceku und der Fluss Bistrica e Decanit aufeinendertreffen. Visoki Decani ist das bedeutenste serbisch-orthodoxe kloster im Kosovo. Die Klosterkirche gehört zum UNSECO Weltkulturerbe.Read more