Norway
Lysfallet

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Travelers at this place
    • Day 36

      Vinstra - Einstieg Rondane

      July 5, 2023 in Norway ⋅ ☁️ 12 °C

      Die Nacht im Hostel war ok. Für meine Verhältnisse bin ich sogar früh eingeschlafen. Obwohl die Straße draußen ziemlich laut ist und das Hostel extrem hellhörig. Im Zimmer neben mir kann ich jemanden schnarchen hören. Die Wände scheinen aus Pappe zu sein. Zu allem Überfluss gibt es auch noch eine Tür um Nebenzimmer. Zwar abgeschlossen aber in Sachen Hellhörigkeit sicher kein Gewinn.

      Um halb acht stehe ich auf und mache mich fertig. Frühstücken werde ich hier nicht. Ich muss eh einkaufen und werde mir irgendwas gönnen, was kein Müsli mit heißem Wasser ist. Um kurz nach acht verlasse ich das Hostel und muss von hier aus erstmal wieder über einen Kilometer zurück. Die Wolken hängen tief, regnen tut es aber nicht. Der rechte Fuß schmerzt jetzt schon ordentlich. Die ersten Besorgungen für die nächsten 6 Tage mache ich im Kiwi. Hier gibt’s auch etwas süßes Gebäck auf die Hand. Danach geht’s noch in den riesigen Extra, die restlichen Sachen besorgen. Der Sportladen ist auf der anderen Straßenseite und macht erst um 10 Uhr auf. Davor setze ich mich auf eine Bank und warte.

      Um Punkt zehn betrete ich den Sportladen. Ein riesiges Dingen. Ich erkläre einem Mann meine Probleme und was ich ungefähr brauche. Und das in 48,5. Der Mann hat die gleiche Größe und kennt mein Problem, dass die Größe oft nicht vorrätig ist. Es gibt mehrere Modelle, die ich von zu Hause kenne. Aber nicht in meiner Größe. Zwei Laufschuh-Modelle teste ich. Beide passen gut und geben meinen Druckstellen genügend Raum. Leider sind beide ohne Goretex. Und wasserdicht sollten die Schuhe schon sein. Hier werde ich leider nicht fündig. Ich kaufe noch etwas Trekkingnahrung und ein Anti-Mücken-Spray. Für die kleine Ausbeute komme ich heute also erst um kurz vor elf los. Naja. Ich hab es wenigstens versucht.

      Zum Glück schmerzt der rechte Fuß jetzt nicht mehr so stark. Ich mache mich auf den Weg. Wieder vorbei am Hostel, entlang der Hauptstraße bis ich irgendwann links in eine andere Straße abbiege. Parallel dazu führt anfangs noch ein Rad- und Fußgängerweg. Später laufe ich wieder direkt auf der Straße. Laut Karte gibt es einen Steig, der einige der Serpentinen hier abkürzen soll. Als ich den nassen und etwas zugewachsenen Steig sehe, entschließe ich mich, auf der Straße weiterzulaufen. So bleiben die Schuhe länger trocken und ich komme sicher deutlich schneller voran.

      Gegen Mittag fängt es leicht an zu regnen und endlich geht ein Wanderweg links ab. Hier oben gibt es zahlreiche dieser kleinen Hütten, die als Wochenendhaus oder Ähnliches genutzt werden. Ich folge dem Weg und mache irgendwann eine Pause. Immerhin regnet es nicht und die Mückenlast hier ist akzeptabel. Ich gehe weiter und komme einige Zeit später an einer Schotterstraße raus. Mittlerweile habe ich 15km und 750 Höhenmeter gemacht. Die Schotterstraße ist nicht stark befahren und führt weiter hinauf bis die Vegetationsgrenze erreicht ist. Eigentlich ist das eine richtig schöne Umgebung. Aber ein leichter Sprühregen taucht alles in graue Schleier. Ich muss meine Regenhose anziehen. Als ich weitergehe schmerzt der rechte Fuß wieder deutlich und der Schmerz nimmt Schritt für Schritt zu. Schnell so sehr, dass ich kaum weitergehen kann. So ein Mist. Ich hätte einfach ein paar Schuhe kaufen sollen, wasserdicht hin oder her.

      Direkt am Straßenrand ist eines dieser Minihäußchen, die aussehen wie eine Bushaltestelle. In diesen kleinen Unterständen hängt oft ein Briefkasten und es ist sogar nicht selten eine kleine Bank dabei. Auch stehen oft alte Milchkannen dabei, die heutzutage aber nur noch Deko zu sein scheinen. Hier setze ich mich hin und bin froh, Schutz vor dem Regen zu haben. Ich ziehe den rechten Schuh aus, um sämtlichen Druck von der schmerzenden Stelle zu nehmen. Ich bin etwas verzweifelt. Auf der einen Seite mental deutlich stärker als am Tag meines Tiefpunkts, auf der anderen Seite frage ich mich, wie ich die kommenden Tage bewältigen soll. Ich esse meinen Rest Schokolade von gestern. Diese Blasenpflaster, mit denen ich mich gestern morgen getapet habe, kleben noch am Fuss. Ich mache sie ab und klebe neue neben die Druckstelle und ein dickes direkt darüber. Nach einiger Zeit ziehe ich den Schuh wieder an. Der Regen hat mittlerweile aufgehört und für einen kurzen Moment wird es richtig hell. Die ersten Schritte sind deutlich angenehmer. Ich bin erleichtert. In dem Zustand halte ich ein paar Tage irgendwie durch.

      Ich folge der Straße und es wird immer heller. Diesmal folge ich dem Pfad, der die Serpentinen der Straße abkürzt. An einen Bach mache ich eine Trinkpause. Dann kommt die Sonne raus. Das tut unendlich gut! Es wird gleich wärmer und die Regenhose trocknet schnell, dass ich sie ausziehen und trocken verstauen kann. Eine Schafmutter kommt mit ihren beiden kleinen neugierig zu mir. Gemeinsam machen wir ein paar Selfies, dann geht es weiter. Ich überlege sogar, heute ein paar Kilometer mehr zu machen, da es noch nicht spät ist und ich mich muskulär noch gut fühle. Oben angekommen eröffnet sich mir die spektakuläre Weite des Rondane Nationalparks. Und das bei Sonnenschein. Wenn ich nicht so sehr an meinem Fuß zweifeln würde, wäre ich voller Vorfreude auf die nächsten Tage. Ich folge meinem Wanderweg, der nun komplett von der Straße weggeht. Leider dauert es nicht lange und die Schmerzen nehmen wieder zu. Ich gehe zwei Kilometer über mein Tagesziel hinaus, dann geht es nicht mehr. Ich finde eine Stelle am Wegrand für mein Zelt. Weitergehen wäre auch ohne Schmerzen nur dann ein Option, wenn ich noch 10 km hätte gehen wollen. Es geht nämlich noch einmal durch ein Tal, wo ich mit sumpfigen und teils besiedeltem Gebiet rechne.

      Ich ziehe die Schuhe aus und baue das Zelt auf. Die Sonne scheint immernoch. Ich verstaue alles im Zelt und gehe 100m weiter an einen Bach zum waschen. Danach lege ich mich ins Zelt und beginne mit meinem Tagebuch. Dabei werde ich so müde, dass ich das Handy zur Seite lege und einschlafe. Ich werde immer wieder mal kurz wach und döse direkt wieder ein. So müsste Einschlafen immer sein! Irgendwann raffe ich mich noch einmal auf und koche mein Rotes Thai Curry, das mir heute überhaupt nicht schmeckt und rein Mittel zum Zweck ist.

      Nach dem Essen gehe ich nochmal raus. Draußen scheint immer noch die Sonne. 200m vom Zelt entfernt setze ich mich auf den Fels und genieße die Aussicht über den Rondane Nationalpark. Die Abendsonne sorgt für eine besondere Stimmung. Aus Osten schiebt eine große dunkle Regenwolke rein. Noch bin ich nicht sicher, ob sie an mir vorüberzieht. Es ist ein gigantisches Schauspiel, wie die dunkle Regenfront in die sonnendurchflutete Rondane drückt. Erste Teile eines Regenbogens werden sichtbar und die Farben werden zunehmend kräftiger. Während dieses Schauspiels bekomme ich eine Sprachnachricht von Niklas, der mir Mut zuspricht und mir vor Augen führt, was ich nicht nur hier sondern auch in den letzten Jahren alles erreicht habe, auch teils mit unpopulären Entscheidungen immer meinen Weg gefunden habe und gegangen bin. Die Worte bedeuten mir viel und die Situation hier ist einfach nur emotional und super schön. Mir stehen die Tränen in den Augen. Als ich Niklas antworte, hab ich mich dann doch nicht so unter Kontrolle wie ich gedacht hätte. Dieser Abend ist ein weiteres Highlight auf meiner Reise. Dann spüre ich irgendwann die ersten Tropfen und ich gehe zurück ins Zelt.

      Ich habe zwar echte Sorge vor den kommenden Tagen. Jetzt aufzuhören ist aber kein Thema. Im schlimmsten Fall muss ich an der nächsten Straße trampen und den nächsten Sportladen ausfindig machen und später wieder hierhin zurückkommen. Der Schmerz im Fuß ist wirklich ein echtes Problem. Aber ein Problem, das sich mit anderen Schuhen lösen lässt.
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