Norway
Vinstra

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Travelers at this place
    • Day 35

      Ruten Fjellstue - Vinstra

      July 4, 2023 in Norway ⋅ 🌧 12 °C

      Nachtrag Tag 34: Bevor ich vom heutigen Tag berichte, muss ich erst noch einen Nachtrag zum gestrigen Tag ergänzen. Gegen Mittag kam richtig die Sonne raus. Ich gehe ums Haus, um die Stimmung und die Aussicht zu genießen. In nicht weiter Ferne sieht man es kräftig regnen. Hier bei mir strahlt die Sonne. Als ich zur Rückseite des Hauses gehe, um meine Schuhe vom Fensterbrett runter zu holen, um sie in die Sonne zu stellen, sitzt dort eine Frau. Wenig später fängt es auch hier kräftig an zu regnen und wir rennen beide ins Haus. Sie ist Deutsche und wir kommen ins Gespräch. Sie macht mit ihrem Mann hier Urlaub. Der ist gerade irgendwo unterwegs, Steine suchen. Das ist sein Hobby und er hat wohl eine beträchtliche Sammlung an Kristallen und besonderen Steinen. Wir quatschen sicher rund eine Stunde. Dann gehe ich ins Zimmer für einen hervorragenden Mittagsschlaf.

      Am Abend bin ich der erste im Speiseraum und bin gespannt auf das 3-Gänge-Menü. Nach und nach kommen auch die anderen Gäste. Ute, so heißt die Deutsche (diesmal hatte ich nachgefragt), und ihr Mann sitzen in der anderen Ecke des Raumes. Als ich meine Suppe esse kommt Ute rüber. Ich dürfe mich auch gerne zu ihnen setzen. Das nehme ich gerne an und komme nach der Vorspeise rüber. Ihr Mann stellt sich mir als Bummi vor. Ich könne auch Holger sagen, aber eigentlich nennen ihn alle Bummi. Die beiden kommen aus Thüringen, sind total nett und offen und wir kommen super leicht ins Gespräch. Bummi ist echt ein lustiger Typ!

      Zum Abendessen gibt es „Reindeer Stew“. Als ich das höre, bin ich im ersten Moment alles andere als begeistert. Das gleiche hatte ich schon zwei Mal als Trekkinggericht. Mir wird aber schnell klar, dass die hier nicht heißes Wasser in irgendeinen Beutel schütten, sondern vermutlich richtig kochen. Dann kommt das Essen und es sieht einfach richtig gut aus. Das ist es auch. Dazu gibt es Kartoffelbrei und irgendeine Art Gele, ähnlich wie bei uns die Preiselbeeren zum Wild. Ute isst zwei kleine Teller, Bummi etwas mehr und weil eh gefragt wurde, ob wir noch mehr brauchen, habe ich keine Scheu, noch mehr zu essen. Mein vierter Teller ist dermaßen voll! Bummi meint es gut mit mir und schaufelt mir noch den Rest Kartoffelbrei auf den Teller. Dieser Teller allein hätte mich sonst überfordert. Heute hau ich richtig rein. Nach dem Hauptgang gibt es noch Nachtisch. Rhabarber-Crumble mit Vanillesauce. Hammer! Ich verstehe zwar bis heute nicht, warum Crumble immer mit irgendeinem Obst unterlegt wird. Genau so, wie man sich bei Streuselkuchen auch den Kuchen sparen könnte. Aber ich will mich nicht beschweren. Bummi sagt, er mag kein Rhabarber. Ute ist satt. Ich hau mir auch noch Bummis Nachtisch rein. Heute habe ich keine Fressbremse. Gut, dass es kein Buffet ist.

      Die beiden wollen draußen eine rauchen und laden mich auf ein Bier ein. Sie haben von irgendeiner Party Bier übergehabt und es mit nach Norwegen genommen. Das Bier trinken wir draußen. Ein paar Mücken nerven. Was aber viel schlimmer ist, ich weiß nicht, ob ich stehen oder sitzen soll. Mit jedem weiteren Schluck Bier geht es mir ein bisschen schlechter. Als die Flasche fast leer ist, habe ich echt Angst, dass ich mich übergeben muss, versuche aber mir nichts anmerken zu lassen. Ich habe mich einfach maßlos überfressen! Als ich das Bier ausgetrunken habe, bedanke ich mich und verabschiede mich. Ich gehe ganz vorsichtig Richtung Zimmer und lege mich ebenso vorsichtig auf’s Bett. Das waren einfach anderthalb Rentiere zu viel für mich. Bis ich mich ganz flach auf‘s Bett legen kann dauert es lange. Irgendwann gegen Mitternacht schlafe ich ein.

      Tag 35: Um 7:20 Uhr klingelt mein Wecker. Den habe ich vorsichtshalber gestellt, um heute nicht zu spät loszukommen. Allerdings reißt er mich richtig aufs dem Schlaf. Das war vermutlich der beste Schlaf seit Wochen. Zu meiner Irritation habe ich Hunger. Das freut mich! Ich hatte schon Angst, dass mir das Frühstück heute zu viel wird. Aber das Reindeer Stew ist scheinbar schon verbrannt. Nach einer Dusche geht es runter in den Speiseraum. Das Angebot ist ähnlich wie gestern, allerdings nehme ich mir vor, etwas weniger zu essen. Denn diesmal lege ich mich nicht gleich wieder hin, sondern starte gleich mit 500 Höhenmetern. Etwas später kommen Bummi und Ute. Bummi hat das Ende einer original selbstgemachten Thüringer Wurst dabei. Das sei ihre letzte und die würden sie mir gerne schenken. Eigentlich hätte er mir lieber einen Stein geschenkt, aber gewichtstechnisch sei das wohl eher ungünstig. Total lieb!

      Wir unterhalten uns noch eine Weile und gehen dann auf unser Zimmer. Draußen regnet es schon die ganze Zeit. Eigentlich war für heute trockenes Wetter vorhergesagt. Aber zuletzt haben die Vorhersagen eh nie genau gestimmt. Im Zimmer packe ich alles zusammen. Als ich mit meinem Fuß in den Schuh schlüpfe, schmerzt es direkt. Ich will mir mit den Blasenpflastern eine Art Polster um die Druckstelle herum basteln. Da klopft es an der Tür. Ute und Bummi wollen sich verabschieden. Noch einmal sage ich den beiden, wie sehr ich mich freue, sie kennengelernt zu haben und dass es mir gut getan hat, in meiner Lage jemanden zum quatschen zu haben. Wir tauschen noch Nummern aus. Ich solle mich melden, wenn ich auch mal einen Elch sichte. Ute hatte vorgestern ihren ersten Elch in freier Wildbahn gesehen. Sie drückt mich noch einmal und dann gehen sie los. Die beiden haben mir wirklich gut getan mit ihrer unbeschwerten Art.

      Dann verklebe ich meinen Fuß. Für den Anfang fühlt es sich gleich mal besser an. Dann bezahle ich und unterhalte mich noch etwas mit dem Mann an der Rezeption, vermutlich der Inhaber hier. Eilig habe ich es gerade nicht. Draußen regnet es immer noch. Der Regen wird aber nicht weniger und ich mache mich in voller Regenmontur auf den Weg. Am Anfang geht es noch etwas die Straße entlang, dann über eine Schotterstraße und schließlich biegt mein Pfad ab, der allmählich auf den Berg führt. Es gibt viele sumpfige Stellen und ich versuche so gut es geht, meine Schuhe nicht zu tief im Sumpf zu versenken. Das gelingt jedoch nicht immer. Nach einer Stunde spüre ich die Feuchtigkeit im Schuh. Nach anderthalb Stunden ist zumindest der linke Socken vollgesogen.

      Mir ist bewusst, dass ich heute ein dickeres Nervenkostüm habe. Die gleiche Situation drei Tage später und ich hätte jetzt schon richtige Scheißlaune. Heute nehme ich es hin, auch wenn es mich doch die ersten Nerven kostet. Ich mache mir gedanklich eine Liste meiner größten Feinde hier:
      1. Schmerzen / Gesundheitliche Probleme
      2. Nasse Schuhe/Füsse
      3. Mücken
      Vorgestern hatte ich das alles auf einmal.

      Der Weg geht weiter bergauf und bald ist die Baumgrenze erreicht. Ab hier sind die wässrigen Abschnitte deutlich weniger. Mit meinen nackten Armen in der Hardshelljacke fühlt es sich an als sei diese undicht. Tatsächlich ist es recht feucht in den Ärmeln. Ich bin mir aber bald sicher, dass das wirklich vom Schwitzen kommt. Als ich oben ankomme hat der Regen aufgehört. Hier mache ich auch eine Trinkpause. Die Gegend ist wieder recht karg aber wunderbar zum wandern. Von hier geht es auf der anderen Seite des Berges wieder herunter. Nun merke ich den rechten Fuss schon deutlicher. Aber es ist noch gut auszuhalten und nicht so schlimm wie vorgestern. Aber mir ist auch bewusst, dass ich frisch aus einem Ruhetag komme und das morgen oder übermorgen schon wieder ganz anders aussehen kann. In der Schuhfrage muss ich was unternehmen. Morgen bin ich in Vinstra. Da ist ein Sport 1. Ich überlege, welche Schuhart als Zweitschuhe am besten sind. Am besten flache und ebenfalls gut gedämpfte für Strassenabschnitte und immer dann, wenn die anderen gerade Schmerzen verursachen.

      Ich gehe weiter bergab und komme wieder häufiger durch sumpfige Abschnitte. Die nassen Füße nerven. Dass ich nicht wenigstens einen halben Tag trockene Füße haben kann. Dann entschließe ich mich spontan, doch in Gol im Intersport anzurufen. Eigentlich wollte ich die Sache auf sich beruhen lassen. Wann hatte ich die Schuhe gekauft? Vor drei Wochen? Ich sehe nach und stelle fest, dass das erst 11 Tage her ist. Für die vergangenen Tage habe ich gar kein Zeitgefühl. Es passiert einfach so viel! Am Telefon erkläre ich dem Mann am anderen Ende mein Problem. Er ist sofort hilfsbereit und ich sollte im nächsten Intersport Bescheid geben, dass man ihn anrufen solle. Eigentlich ist jeder Intersport ein eigener Laden mit eigenem Inhaber. Aber hier würde man zusammenarbeiten, sichert er mir zu. Der nächste Intersport ist erst in Røros, wo ich erst in ca. 10 Tagen bin. Aber ich freue mich, dass eine Lösung in Sicht ist.

      Auf der norwegischen Intersportseite schaue ich, ob es meine Schuhe in meiner Größe überhaupt noch gibt. Die ersten beiden Farben gibt es in 48,5 gar nicht mehr. Die dritte noch einmal. Es gibt unendlich viele Intersports in Norwegen. Ich filtere, in welcher Filiale der Schuh verfügbar ist. In Røros! Geil!! Ich rufe direkt dort an und reserviere mir das Paar. Er meinte, er hätte sogar noch drei Paar in der Größe. Besonders gut drauf schien der Mann in Røros nicht. Aber er sagt mir die Reservierung zu und dann verabschieden wir uns. Im Nachgang habe ich doch Angst, dass er die Größe falsch verstanden haben könnte. Aber ich rufe nicht nochmal an. Irgendeine Lösung wird es dort für mich geben.

      Ich folge der Straße weiter. Es regnet immer wieder, dass ich keine Lust habe, eine Pause zu machen. Dafür komme ich zügig voran. Irgendwann bekomme ich aber Hunger. Jetzt kommen zum Regen aber auch wieder die Mücken dazu. Nicht ganz so aggressiv wie zuletzt aber genauso nervig. Ich setze sogar meine Kapuze auf, um so wenig Angriffsfläche wie möglich zu geben. Aus der Schotterstrasse wird irgendwann eine Asphaltstrasse, die zu einer größeren Straße führt. Ich bin nun nicht mehr weit von meinem heutigen Tagesziel entfernt. Aber es sieht nicht nach guten Möglichkeiten aus, irgendwo ein Zelt aufzustellen. Die beiden Wiesen, die ich mir auf der Karte angeschaut hatte, sind eingezäunt und abgesperrt. Außerdem direkt an dieser Hauptstraße. Auf landwirtschaftlicher Fläche zu Zelten ist verboten. Wenn das etwas versteckter wäre, hätte ich mein Zelt irgendwo im letzten Winkel aufgebaut. Aber hier direkt an der Hauptstrasse? Nein Danke. Außerdem ist es erst kurz vor vier.

      Kurz entschlossen schaue ich noch einmal nach Übernachtungsmöglichkeiten in Vinstra. Bis dahin wird es immer besiedelter und hinter Vinstra ist erstens zu weit und zweitens will ich morgen hier ins Sportgeschäft. Das Hostel kann man nur über Booking buchen. Da ist es oft teurer als direkt in der Unterkunft. Also rufe ich dort an. Der Mann fragt, ob ich wandere, dann würde er mir einen Pilgerrabatt geben. Allerdings muss ich dann cash zahlen. Ich solle das Geld einfach auf dem Bett liegen lassen. Ich buche das Zimmer. Die nächsten Tage bin ich wieder im Gelände. Aber hier sehe ich keine andere vernünftige Möglichkeit. Für den Zugang zum Hostel und zum Zimmer bekomme ich Codes per SMS zugeschickt.

      Die letzten Strassenkilometer ziehen sich wie immer. Kurz vor dem Hostel geht es noch in den Supermarkt. Nach etwas mehr als 31 Kilometern habe ich mein Ziel erreicht. Das Zimmer ist absolut ok. Draußen regnet es dauerhaft weiter. Morgen geht es erst zum Sportgeschäft und dann weiter. Ich bin wieder auf Kurs!
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    You might also know this place by the following names:

    Vinstra

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