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  • Day 13

    Albergue Cruces De Iria | 20 km

    May 14, 2023 in Spain ⋅ ⛅ 21 °C

    Und auf ein Neues. Die Nacht war sehr gut, habe gut geschlafen in meiner Koje mit Vorhang. Ich kam heute morgen nicht so recht ausm Quark und lasse dann gerne die aufgeregten Pilger, die schnell los wollen und etwas hektisch sind, an mir vorbei ziehen und gehe dann lieber einen Moment später los. Heute war’s 7:50 Uhr.

    Der Weg war heute eine Mischung aus Beton (für meinen Geschmack etwas zu viel), schönen Weinreben und Waldwanderwegen. Wald geht bei mir ja immer, da freue ich mich wenn’s grün wird und der Geruch so natürlich ist, dazu ein kleiner plätschernder Bach - mehr braucht es nicht.

    Aber irgendwie war ich heute nicht so gut drauf. Ich bin auf falsche Leute getroffen, die genervt waren, weil sie kein Café gefunden haben (und dann werde ich angepampt wo denn hier offene Cafés sind - keine Ahnung, ich lebe hier nicht und brauche keins), Menschen die wild gestikuliert haben, weil sie irgendwas wollten sich aber nicht ausdrücken konnten (ich habe mir den Tanz einen Moment angeschaut und wie beim Pantomime spielen Wörter geraten, was es sein konnte, davon war anscheinend nichts richtig und die Person ging einfach weiter - na da kann ich dann auch wirklich nicht helfen) und Deutsche die sich bei einem Pilger-Stop aufgeregt haben, dass „Ausländer“ ja ihre Sachen nicht vom Tisch räumen, aber die Deutschen schon. Dass sie gerade selbst Ausländer hier sind, sei mal dahingestellt. Dann war es anscheinend auch ein Problem, dass Claudia (eine Pilgerin aus Tschechien, die ich über Theo kennen gelernt hatte) und ich da saßen wo wir saßen. Wohl bemerkt, dass wir vor den deutschen Meckerpötten da waren, aber sie nun mal auch dort sitzen wollten und ihre Rucksäcke um uns rum legten und anfingen zu diskutieren, dass es ja so nicht passt und warum wir da sitzen würden. Da musste ich schon tief durchatmen. Claudia und ich unterhielten uns einfach weiter auf Englisch und so fühlten sich die Deutschen mit ihren miesepetrigen Aussagen über Ausländer anscheinend sicher. Dabei kam immer wieder raus, dass Deutsche alles besser machen und sowieso die Besten sind. Dann sagten sie sogar, dass die 3 Kaffeetassen die da standen, sicher von mir sind. Genau, ich prügel mir nämlich gleich 3 Tassen rein, weil ich ja ein Ausländer bin. Irgendwann war mir das einfach zu blöd und ich bin aufgestanden, habe meinen Müll mitgenommen und meinte „Was für ein Glück, dass die Deutschen alles besser können.“ Dann war kurz Ruhe und dann meinte die eine: „Ach sie ist auch Deutsche. Na dann sind die Kaffeetassen aber nicht von ihr.“ Was für eine Schlussfolgerung. Schnell auf den Camino und weg da, das hält man ja nicht aus.

    Es ging auf schotterigem Weg weiter. Trotz Sonnenbrille hatte ich ständig was im Auge. Ich war genervt. Vom Untergrund auf dem ich lief und von den Menschen. Seitdem die Wege zusammen geführt wurden und ich auf dem Zentralweg bin, sind es mir teilweise zu viele Menschen. Und man merkt dass man kurz vor einer großen Stadt ist, es ist nicht mehr ganz so natürlich und klein. Die Straßen wurden größer, der Verkehr mehr und die Menschen teilweise auch etwas komisch. Ich merkte wie mich die Gedanken runterzogen. Dazu hatte ich Kopfschmerzen und meine linke Schulter tat schon wieder weh. Ich machte eine kurze Pause, trank einen großen Schluck Wasser und steckte mir Kopfhörer in die Ohren. Ich war noch in meiner 80s Playlist vom Vortag und direkt sagte mir Kate Bush ich solle doch mal den Berg rauflaufen. Ja ist ja gut, bin dabei. Musste schon teilweise schmunzeln, was da so für Lieder kamen, einige passten sehr gut zum Thema „einen Weg gehen“. Es hat geholfen die Nervthemen etwas zu verdrängen.

    Zur Mittagszeit kam ich bereits in Padrón an und checkte online die Restaurants. Eines lag direkt am Fluss „Rio Ulla“ und da gönnte ich mir ein prima Pilgermenü. Galizische Suppe mit Bohnen, Kartoffeln und Kohl vorneweg, dann gebratenen Fisch des Tages mit Kartoffeln und als Dessert einen Joghurt mit der Geschmacksrichtung Käsekuchen und auf dem Becher war ein Bild von Elsa der Eiskönigin drauf. Dazu ein Radler. Na wenn das nicht glücklich macht.

    Nun war es auch nicht mehr weit zur Herberge. Ich checkte kurz, ob bei meiner Unterkunft ein Supermarkt um die Ecke ist. Fehlanzeige. Dabei merkte ich aber, dass die Supermärkte am Sonntag bis 14:30 Uhr offen haben. Also musste ich am besten direkt auf dem Weg etwas kaufen für einen Abendsnack. Auf dem Weg zum Supermarkt geriet ich in einen riesigen Flohmarkt. Der aber nicht nur Kleidung und Krimskrams anbot, sondern auch richtig knubbeliges Gemüse aus Omas Garten. Somit war das Abendessen mit schönen Tomaten und einer tiefgrünen Gurke gesichert. 63 Cent zum Glück.

    Angekommen in der Herberge habe ich mal wieder Glück und bekomme ein tolles Bett ganz oben in einem kleinen Raum. Kein quietschiges Hochbett, sondern ein eigenständiges Bett mit Holzwand als Trenner zum nächsten Bett und dadurch etwas mehr Privatsphäre. Hector der Besitzer ist ein echt netter Kerl, schmeißt den Laden komplett alleine. Ich frage ihn, ob das nicht zu viel Arbeit ist, aber er lächelt und sagt, dass er nur im Sommer arbeitet und sich im Winter ausruht, da macht er nämlich die Herberge zu. Schlau.

    Nun erstmal Füße hoch und etwas entspannen. Da auf dem Camino nur noch 25 km übrig sind, werde ich morgen meinen letzten Wandertag haben und in Santiago ankommen. Verrückt, nun ging es auf einmal sehr schnell. Da werde ich direkt etwas wehmütig, da es schon eine sehr besondere Reise ist, die morgen ihr Ende finden wird.
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