Von Porto (Portugal) zu Fuß nach Santiago de Compostela (Spanien) Read more
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  • Day 1

    Hamburg Airport - Los geht’s

    May 2, 2023 in Germany ⋅ ☁️ 10 °C

    Und nun sitze ich schon an meinem Gate am Hamburger Flughafen und warte aufs Boarding. Dann ging es auf einmal schnell.

    Mein Plan: Den portugiesischen Jakobsweg von Porto nach Santiago de Compostela zu Fuß zurück zu legen. “Pilgern” heißt es ja eigentlich, wobei es bei mir nichts religiöses ist. Aber gucken wir mal, wie bekehrt ich zurück komme.

    Die Idee entstand schon 2015, als ich das Buch “Ich bin dann mal weg” von Hape Kerkeling gelesen habe. Dann wollte ich das auch unbedingt mal machen. “Irgendwann mal einen Jakobsweg gehen.” Was daraus geworden ist? In erster Instanz die Weltreise 2017 von David und mir, mit vielen Wanderwegen aber ohne Jakobsweg. Dann war die Idee erstmal länger verworfen. Doch letztes Jahr, 2022, hatte ich sie wieder im Kopf und dachte: “Wenn nicht jetzt, wann dann?” Also geschaut zu welcher Jahreszeit es Sinn macht und mir den Mai rausgesucht. Das ist vor dem großen Ansturm, wo die meisten Pilger unterwegs sein werden (Juni/Juli) und ich habe gute Chancen, dass das Wetter ganz gut wird. Ich habe Anfang 2023 die Flüge gebucht und zwei Übernachtungen in Porto, da man sich die Stadt angucken sollte, wenn man schon mal da ist. Gute Idee.

    Tja und nun ist Mai. Mein Papa hat mich zum Flughafen gebracht und nochmal ordentlich gedrückt. David hat mir süße Sachen gesagt, sodass ich auf jeden Fall auch wieder komme. Dann kann ja nichts mehr schief gehen. Die richtige Ausrüstung für jegliches Wetter habe ich auch dabei. Steht vor mir auf dem Boden in einem Handgepäcks-Rucksack. Bepackt mit 4,6 Kilo. Also nur das Nötigste. Naja und dann habe ich doch noch ein zweites Microfaserhandtuch eingepackt für die Haare. Den Luxus wollte ich mir gönnen. Sowie erste Snacks und meinen E-Reader. Also sagen wir mal ich bin bei knapp 5 Kilo Gepäck plus dann täglich variabel Essen und Wasser. Damit kann ich arbeiten.

    Anbei für die Neugierigen meine Packliste:

    Kleidung:
    3 leichte Shirts
    2 Wanderhosen (kurz und lang)
    2 Sport BHs
    3 Slips
    3 Paar Wandersocken
    Patagonia Zipper
    Patagonia Fleecepullover
    Regenjacke
    Schlafkleid
    Wanderschuhe
    Flip Flops
    Hut
    Halstuch
    Sonnenbrille

    Kosmetik:
    Gesichtscreme
    Sonnencreme
    Lippenpflege
    Shampoo
    Duschgel
    Deo
    Hirschtalg
    Kulturtasche
    Haarbürste
    Zopfband
    Rasierer
    Knipser
    Pinzette
    Zahnbürste
    Zahnpastakonzentrat
    Waschmittel
    Desinfektionsmittel
    Tampons
    Q-Tips

    Apotheke:
    Schmerztabletten
    Halsspray
    Nasal-Inhaler
    Kohletabletten
    Magnesium
    Bärentraubenblätter

    Sonstiges:
    Cocoon Schlafsack
    Microfaserhandtuch
    Kleines Portemonnaie
    AirTag
    Bauchtasche
    Ohropax
    Handy + Ladegerät
    Kopfhörer
    FFP2 Maske

    Reisepass (da ich über London zurück fliege)
    Pilgerausweis
    Krankenkassenkarte
    Visa Karte

    Trinkflasche 1L
    Tupperdose + Göffel
    Kleiderbeutel regenfest
    Stoffbeutel
    Taschentücher

    Nice to have:
    E-Reader + Ladegerät
    Zweites Mikrofaserhandtuch
    Erste Snacks (Nüsse, Trockenobst, Riegel)
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  • Day 1

    Airport Porto | Bem-vindo

    May 2, 2023 in Portugal ⋅ ☁️ 21 °C

    Ziemlich pünktlich um 20:45 Uhr (nach deutscher Zeit eine Stunde später) sind wir in Porto gelandet. Dadurch, dass ich ja nur meinen Handgepäcksrucksack dabei habe, konnte ich fix aus dem Flughafen zur Metro. Bei der Metro angekommen, direkt an den Ticketschalter. Ich wusste welche Linie ich nehmen muss und wie die Haltestelle heißt. Tja und dann ein Automat, der nur auf portugiesisch mit mir kommunizieren will. Herrje. Zum Glück sah ein junger Mann, dass ich anscheinend etwas mit dem Automaten kämpfte. Er half mir, wir sprachen halb spanisch halb portugiesisch und irgendwie klappte es dann. Die Menschen sind hier auf jeden Fall nett und helfen, auch wenn sie kein Englisch können.

    An der Metro musste ich 25 Minuten warten und dann ging es in die Innenstadt bis zur Station Trindade, von dort aus nochmal 20 Minuten zu Fuß zum Hostel. Es waren milde 21 Grad und viele Menschen waren noch draußen und saßen vor oder in den Restaurants und aßen. Immer wieder erstaunlich, wie spät die Südländer essen. Es war mittlerweile 22:15 Uhr. Ich sah viele Obdachlose, was mich überraschte, viel mehr als in Hamburg. Sehr präsent in den Straßen und auch spazierend zwischen den Touristen. Irgendwie ein anderes Gefüge als bei uns.

    Auf jeden Fall ein schöner Weg zu meinem Hostel. Catarina vom Empfang hatte mir zuvor schon per WhatsApp geschrieben und gefragt, ob alles nach Plan gelaufen ist mit dem Flieger und wann ich eintreffe. Sehr nett. Sie erwartete mich schon. Sie gab mir eine Karte mit der ich rein und raus komme und erklärte mir alles und dann ging es in den 3. Stock ins Bett. Man beachte die Aussicht.
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  • Day 2

    Being Porto Hostel

    May 3, 2023 in Portugal ⋅ ☁️ 20 °C

    Tja eine kurze Nacht, aber daran muss ich mich wohl gewöhnen. Bis 1:20 Uhr kamen in meinen gemischten Schlafsaal mit 6 Betten noch 3 der Mitschläfer. Um 6:30 Uhr machte der Erste sich dann auch schon wieder bereit, um loszugehen.

    Wenn man erst so spät in ein Hostel kommt, wie ich gestern (22:30 Uhr auf dem Zimmer), dann schläft meistens schon jemand. Entsprecht musste ich leise und im Dunkeln mit etwas Handylicht auspacken und mich bettfertig machen. Auch daran muss man sich gewöhnen, aber klappt natürlich mit etwas Übung.

    So nun warte ich, bis hier das Bad frei wird und dann gehts los.
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  • Day 2

    Porto & Gaia | Sightseeing

    May 3, 2023 in Portugal ⋅ ☁️ 20 °C

    Bevor das Wandern los geht, habe ich mir einen vollen Tag Zeit eingeräumt, um mir Porto anzuschauen. Wie ich neu gelernt habe ist auf der anderen Seite des Flusses schon Gaia und nicht mehr Porto. Daher gucke ich mir natürlich beides an. Beide Seiten sind wirklich schön, aber Porto kann doch etwas mehr bieten, wie ich finde. Man kann aber sehr gut drüben in Gaia sein, um Porto in seiner ganzen Pracht zu sehen. Und ich habe in Gaia sehr gut gegessen, aber von vorne…

    Nachdem ich heute morgen im Frühstücksraum meines Hostels gesessen und mir ein Weißbrot (yeay) mit undefinierbarerer Marmelade reingeschoben habe und es noch relativ ansehnliches Porridge mit verschiedenen Kernen gab, saß ein Inder - sein Name war Taschi (zumindest so ausgesprochen) - neben mir, der sich direkt ein Bier und zwar ein IPA zum Frühstück gesondert gekauft hat. Nachdem er einige Schlucke intus hatte, stelle er meiner gegenübersitzenden Genossin und mir direkt fragen. Wo wir herkommen, was wir hier machen, wo wir hinwollen. Als ich sein Bier musterte meinte er, er bereite sich auf das Oktoberfest in München vor. Ok. Ich fragte ihn, ob er weiß, dass es noch etwas hin ist, bis es los geht und er bejahte es. Ich hatte eher das Gefühl, dass er etwas Sprit brauchte, um mit der Damenwelt ins Gespräch zu kommen, aber das nur am Rande. Er erzählte einiges, holte seine Stadtkarte raus und berichtete was er so vor hat. Beide seine weiblichen Gesprächspartnerinnen hatten es anscheinend drauf, ihn irgendwann freundlich abzuwimmeln und ihn alleine dort sitzen zu lassen.

    Somit begann meine Stadterkundung. Das Wetter war prächtig, die Sonne schien, es waren ca. 23 Grad und ich machte mich im Kleid (ultraleicht und schnelltrocknend von Globetrotter, ja man!) auf ins Getummel. Ich hatte einige Spots, die ich nacheinander abklappern wollte. Darunter Parcques das Virtudes (ein vertikaler Park mitten in der Stadt), Miradoura da Vitoria (versteckter Aussichtspunkt), Jardim da Cordoaria (Park mit Baumalleen und Bänken zum Verweilen), sowie die schmalen Gassen vom Ribeira Viertel (das Viertel in dem ich wohne, direkt fussläufig zum Wasser) und natürlich das Wahrzeichen von Porto, die Ponte Dom Luis I, die lange Bogenbrücke (385 Meter lang über den Douro), die Porto mit Gaia verbindet. Eigentlich stand die Livraria Lello (die Kathedrale der Bücher), ein unglaublich schöner alter Bücherladen auch auf der Liste, aber dort war die Schlange so lang, dass ich ca. 2,5 Stunden hätte warten müssen. Dort hab ich mir ein selbstgemachtes Erdbeereis mit Zartbitterschokolade überzogen gekauft und habe die Leute beim Anstehen beobachtet.

    Die Brücke ist wirklich erstaunlich. Man kann sie sowohl ganz oben, auf oberster Ebene überqueren, wo auch die Bahn fährt, als auch auf der untersten Ebene. Dann wollte ich natürlich beides. Also einmal den Berg hochgekraxelt und oben entlang nach Gaia. Dort habe ich einen tollen Blick auf Porto bekommen, einem sehr guten Musiker gelauscht, bin an der Wasserpromenade spaziert und als es anfing zu tröpfeln, habe ich mir über Google ein gutes Restaurant rausgesucht, das ich auch nur empfehlen kann: Taberninha do Manel. Da kann man prima draußen unter großen Schirmen sitzen, auf Porto und die Brücke gucken und sehr gut essen. Ich hatte den fangfrischen Fisch (heute Cod, also Kabeljau) auf Kartoffeln und Spinat. Unglaublich lecker, hab alles weggeputzt. Dazu einen trockenen Weißwein und ein Sprudelwasser. Herrlich. Neben mir saß ein Pärchen (69 Jahre) aus New York, mit denen ich ins Gespräch kam. Einfach schön, wenn man die Zeit hat, um Geschichten auszutauschen. Beide total nett.

    Nach dem Restaurantbesuch war es immer noch zugezogen und sah aus als sollte es regnen. Und da ich eh schon alle wichtigen Spots abgelaufen bin, ging ich einfach nur 5 Meter weiter, um eine Portwein Verkostung zu machen. Cálem Porto ist eine der bekanntesten Weinkellereien für Portwein. Und eine super Wahl, da es mir wirklich gut gemundet hat. Dadurch, dass der Wein eher süß ist, war das mein Dessert. Der große Unterschied zwischen normalem Wein und Portwein ist die Gärung. Durch Zugabe eines hochprozentigen Weindestillats (77%) wird die Gärung unterbrochen. Der Restzucker des Portweins vergärt nicht zu Alkohol und gibt dadurch den süßen Geschmack.

    Zu meiner Überraschung rief während meines Weintrinkens meine ehemalige Mitbewohnerin von Lingen, Cindy, per Videocall an. Schöne Zufälle gibts. Gute Unterhaltungen hatte ich heute schon einige. So kann’s weiter gehen.
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  • Day 2

    Porto bei Nacht

    May 3, 2023 in Portugal ⋅ ☁️ 16 °C

    Heute Nachmittag habe ich Floris aus Belgien und Heike aus Deutschland kennen gelernt. Wir haben uns so gut verstanden, dass wir den Abend zusammen verbracht haben. Gemeinsam Abendessen, reden über Gott und die Welt und einen kleinen Nachtspaziergang.

    Wir waren bei „The Ribs“, einem kleinen Restaurant mit leckeren Rippchen, ausgefallenen Soßen und guten Sides. Danach ging es nochmal runter ans Wasser für einen Verdauungsspaziergang. Und da gute Menschen und Essen wichtig sind und die Zeit besser machen, bekommen sie auch einen eigenen Post.

    Gute Nacht Porto. Morgen früh gehts ab auf den Camino!
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  • Day 3

    Albergue S. Tiago | Labruge | 24 km

    May 4, 2023 in Portugal ⋅ ⛅ 20 °C

    Die erste Etappe ist geschafft. 24 km von Porto nach Labruge. Der letzte Kilometer hat sich wie Kaugummi gezogen. Irgendwann tat der Rücken vom Rucksack weh und die Füße vom Laufen. Aber der erste und zweite Tag werden sicher beide anstrengend und dann läuft der Lachs.

    Ich dachte, dass ich mir eh keinen Wecker für morgens stellen musste, da immer irgendjemand früh los will. Doch heute morgen wache ich auf und gucke auf die Uhr: 7:45 Uhr. Was? Wie kann das sein? Alle haben geschlafen, keiner wollte früh raus. Das gibt es doch nicht. Und ich dachte mir: Mist, eigentlich wollte ich schon bereit sein fürs Frühstück. Aber dann habe ich kurz überlegt und dachte: Was soll’s. Einfach jetzt fertig machen und dann gehts los. Es wartet ja niemand auf mich und warum der Stress. Also duschen, Frühstück, Sachen packen und mich von Heike und Floris verabschieden.

    Punkt 9 Uhr stand ich mit meinem Rucksack geschultert vor dem Hostel und stapfte los. Ich freute mich richtig, dass es nun wirklich los ging und hatte einen zügigen Schritt drauf. Das Wetter war toll, nicht zu heiss, aber im T-Shirt laufen reichte vollkommen aus. Angeblich waren es 15 Grad, aber das kann ich mir nicht vorstellen. Fühlte sich nicht so kalt an.

    Es ging am Ufer vom Douro entlang raus aus der Stadt. Vorbei an Brücken und Anglern. Eine wirklich schöne Einfahrt auf dem Wasserweg nach Porto, die hinter mir lag, zu der ich mich noch ein paar mal umdrehte.

    Und da sah ich sie: Die ersten Pilger. Erkennbar an Outdoorkleidung, Rucksack und der typischen Muschel oder einem Aufnäher. Es war eine Gruppe von 3 älteren und einem jüngeren Herren. Ich kam ihnen näher, weil sie sehr gemütlich unterwegs waren und hörte, dass sie Deutsch sprachen. Auf ihrer Höhe angekommen sagte ich „Moin Moin“, und dann lächelten mich 4 Gesichter an. So einfach kommt man ins Gespräch. Da die Herrschaften jedoch etwas zu langsam für mich waren, verabschiedete ich mich nach kurzem Wortwechsel. Der jüngere Herr sollte heute jedoch noch eine Rolle spielen, da auch er sich irgendwann absetzte.

    Ich ging ca. 1-1,5 Stunden alleine. Dann lief ich mit dem jungen Herren (eben erwähnt) zusammen. Theo aus Leipzig, 26 Jahre. Wir kamen direkt ins Gespräch und erzählten über alles Mögliche. Dadurch war der Weg echt kurzweilig. Wir wanderten auf dem Holzsteg am Meer entlang, das ordentlich Wellen schlug. Wir liefen durch Regen und mussten uns wetterfest anziehen, machten einen kurzen Stop für einen Toilettengang und zuckerhaltige Erfrischungsgetränke. Wir gingen den letzten Kilometer eher schweigend nebeneinander her, da wir keinen Bock mehr hatten. Angekommen bei der Unterkunft „Albergue São Tiago de Labruge“ nahmen wir erstmal die Rucksäcke ab und setzten uns. Wie außer Gefecht gesetzt saßen wir einfach erstmal nur da. Puh, das war anstrengend.

    Wir hatten Hunger und leider nicht bedacht, dass zwischen 15-19 Uhr Siesta ist und die meisten Restaurants zu haben. Mist. Also gab es eher einen Kompromiss: Fleisch im Brot, wie ich es gerne nenne. Und das war es tatsächlich. Ein cooles Brötchen aber mit einem Steak in der Mitte eingebettet in Schinken von oben und unten. Herrje. Sehr unbefriedigend, aber irgendwas musste rein.

    Dabei den Blick aufs Meer gerichtet, sodass wir entschieden, mal auszutesten wie kalt es ist. Mit den Füßen rein reichte vollkommen aus um zu sagen: Arschkalt!
    Darauf erstmal ein Eis.

    Das Wetter war prächtig, kein Regen mehr in Sicht, blauer Himmel mit wenigen Wolken.

    Wir lernten in der Herberge weitere nette Leute kennen. Holten uns zum Abendbrot frische Tomaten und Gurke vom Supermarkt um die Ecke. Bisschen was Gescheites heute mit Vitaminchen. Der Körper dankt.

    Alter, der eine hier im Schlafsaal schnarcht so hart laut, dass ich mich kaum aufs Schreiben konzentrieren kann. Bei dem Konzert werd ich kein Auge zu machen können. Es ist gerade 22:03 Uhr. Schlafsäle sind anscheinend schon mal nicht so meins. Zumindest nicht mit alten Knackern die eine Symphonie rausballern. Werd gleich mal die Ohropax reinmachen und gucken was passiert. Wir lachen hier schon, weil da Geräusche rauskommen, die nicht normal sind.

    Auf den Fotos zu sehen:
    Die Kathedrale von Porto (offizieller Start in Porto), der erste Wegweiser neben der Kathedrale für den Jakobsweg, ich am Wandern im Schnellschritt, Aufnahmen auf dem Küstenweg, der Schlafsaal mit Wegbegleiter Theo (ganz hinten sitzend) und der Strand hier mit arschkaltem Atlantischen Ozean.
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  • Day 4

    Albergue de Aguçadoura | 24 km

    May 5, 2023 in Portugal ⋅ ⛅ 18 °C

    Und wieder eine ordentliche Etappe geschafft. Das Kilometerkonto kann auch heute wieder 24 km plus auf dem Jakobsweg verzeichnen - und das trotz Muskelkater in den Beinen, müden Füßen und schmerzender Hüfte (da dort der Rucksack „draufsitzt“, mal schauen, ob ich an den Stellen blaue Flecken bekomme).

    Nach einer kurzen Nacht aufgrund des Schnarch-Konzerts und den wilden Pilgerern, bei denen die Wecker um 5:30 oder 6 Uhr klingeln, machte ich ein Auge auf, um zu sehen wie viele Leute im Zimmer schon rumwuseln. Warum auch immer die so zeitig los wollen… Ich mach mir keinen Stress. Aber schlafen kann man bei dem Geraschel, Rucksackgepacke und Gerede nicht mehr. Ohropax hin oder her. Ich habe mich gegen 7 dann auch mal in die Vertikale begeben, da dann etwas Ruhe einkehrte und ich wusste, dass die Toiletten frei sind. Sanitäranlagen waren in der Herberge übrigens echt nicht schön. Aber ist ja immer nur für eine Nacht.

    Dadurch, dass wir durch die Wilden geweckt wurden, sind wir heute ebenfalls relativ früh schon gestartet. 7:50 Uhr ging es los. „Wir“ waren heute Theo (man kennt ihn schon von gestern) und Annika, 23 aus Deutschland. Ja es sind tatsächlich einige Deutsche unterwegs, aber es hat sich einfach so ergeben. Also dieses Mal als Trio am Meer entlang, auf Holzwegen spaziert und über Gott und die Welt gesprochen. Wir kamen gut voran, auch wenn es stückweise durch Sand ging, was doch etwas entschleunigt. Wetter war den ganzen Tag famos. Blauer Himmel, hier und da mal Wolken, aber einfach nur schön und dazu immer die Meeresbrise. Kann man machen.

    Heute haben wir es besser gemacht mit Snackpausen und Mittag. Dadurch, dass ja zwischen 15 und 19 Uhr Siesta in den guten Restaurants ist, haben wir gelernt und waren in einem Restaurant von und für Locals. Wir waren echt die Einzigen, die Touristen waren. Aber das ist ja immer ein gutes Zeichen. Siehe Foto mit dem gegrillten Fisch. Für das Essen plus Wasser und Wein haben wir 9 Euro bezahlt. Ein sehr fairer Deal. Die Einheimischen haben alle noch eine Suppe vorweg bekommen, die uns verwehrt wurde - auf Nachfrage: weil wir ja nicht danach gefragt hätten. Ah ok, spannend. Naja sollte dem kulinarischen Erlebnis keinen Abbruch bringen. Danach wieder die Rucksäcke geschultert und weiter ging es.

    Nach ca. 15 km mussten wir uns von Annika verabschieden. Sie hatte zu starke Knieschmerzen und hat sich eine Herberge gesucht. Theo und ich wollten jedoch nach Aguçadoura. Also mussten wir noch um die 9 Kilometer weiter. Es zog sich hier und da, aber wir zogen auch, nämlich durch. Nach erneut 24 Kilometern kamen wir bei unserer Herberge an und waren sehr erfreut, wie neu sie ist, wie sauber die Sanitäranlagen sind und dass sie direkt am Meer gelegen ist. Wunderbar. Genau das, was wir heute brauchten. Erstmal Rucksack runter und Schuhe aus. Dann duschen, Wäsche waschen und zum Supermarkt um die Ecke. Der Supermarkt war richtig toll, Auswahl an Obst und Gemüse war prima und ein paar süße und salzige Snacks für die fleißigen Maschinen. Meine heutige Ausbeute ist ebenfalls in den Fotos. Aus dem Gemüse, dem Fisch und den Oliven wird ein geiles Abendessen. Die Chips wurden direkt eingeatmet. Obst ist fürs Frühstück morgen früh und der Snickers für Zwischendurch.

    Nun erstmal etwas ruhen und aufs Meer gucken.
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  • Day 5

    Hostal Reguenga | 27 km

    May 6, 2023 in Portugal ⋅ ☀️ 20 °C

    Ein requested Check-Out um 8:30 Uhr bei einer Unterkunft würde mich normalerweise nervös machen, aber bei einer Herberge auf dem Jakobsweg ist es ganz normal. Wir - das aktuelle Standard-Duo Theo und ich (Hauptsache schnell vor der Koreanerin fliehen, die bei uns im Sechser-Zimmer und irgendwie strange war) - waren heute noch früher dran als die letzten Tage: um 7:40 Uhr ging es los. Rucksack geschultert und ab geht die Post. Der Himmel war wolkenbehangen mit weißen und grauen dicken Wolken. Es hatte nachts und am frühen Morgen geregnet. Aber entgegen der Wettervorhersage (Regel Nummer 1: Traue niemals den Wettervorhersagen in Portugal und Spanien) war es bereits zu unserer Startzeit schon wieder trocken. Die Wege waren jedoch fast auf den gesamten Strecken nass und die Luftfeuchtigkeit hoch.

    Der Camino hielt heute richtig abwechslungsreiche Wege bereit. Durch dschungelähnliche Wälder, am Meer entlang, auf Holzplanken, durch Wohnorte, über den Fluss Cávado, an bewirtschafteten Feldern und Gewächshäusern vorbei - und das von stark bewölkt zu strahlend blauem Himmel. Übrigens: Alle Bauern und auch alle privaten Gärten hatten Zwiebeln gesät, David wäre begeistert gewesen. In der letzten Unterkunft gab es auch einen Kasten mit Zwiebeln zur Selbstbedienung, da hab ich natürlich auch zugeschlagen. Am Wegesrand hatte jemand seine Zitronen for free hingelegt, zum Mitnehmen. Da haben wir uns ebenfalls jeder eine geschnappt.

    Um ca. 11 Uhr heute war etwas die Luft raus und wir stecken uns Kopfhörer mit Musik in die Ohren und marschierten einfach mal stramm über eine Stunde durch. Mir haben Peter Fox und Rihanna als erstes in den Allerwertesten getreten und dann kamen noch Jay-Z, G-Unit und Snoop Dogg um die Ecke, die kräftig nachgetreten haben. Das gab Schubrakete. Je mehr Motivation ich brauchte, desto dunkler wurden die Interpreten. Auch eine spannende Erkenntnis.

    Dann war’s 12:20 Uhr und wir haben ein Restaurant angesteuert. Erstmal Kalorien wieder reinkriegen. Bei mir gabs gegrilltes Hähnchen mit Reis UND Pommes. Spannende Beilagen. Fleißig am Futtern kommt Gemma, 32, aus West-Australien rein. Wir kannten sie von der vorherigen Unterkunft. Eine super nette und lustige Frau. Sie ist jedoch am Morgen bereits um 6 Uhr los, um mehrere Pausen machen zu können. Sie setze sich zu uns und aß meinen Rest Pommes und Reis auf und bestellte sich auch noch was. Danach ging es zu dritt weiter. Theo ging voraus und Gemma und ich gackernd hinterher. Wir stellten schnell fest, dass wir uns sehr ähnlich sind. Entsprechend wollten wir gemeinsam in einer Herberge heute Abend unterkommen. Gemma hatte bereits morgens eine reserviert, dort fragten wir auch an - alles voll. Mist.

    Dann checkten wir andere ab. Puh, auf der Ecke, wo wir hin wollten gar nicht so einfach. Online fand ich bei Booking eine Unterkunft, die noch Plätze frei hatten, wir gingen hin, da sie telefonisch nicht erreichbar waren, Fehlanzeige. Alles voll. Wie ließen Gemma ziehen, damit sie keine Zeit verliert. Die Dame von der Unterkunft empfahl uns ein Hostal, dass günstige Zweier-Zimmer anbot. Sie rief für uns dort an und reservierte für uns. Prima. Also noch 2 km zur neuen Unterkunft. Angekommen war dort ein älterer Herr. Er konnte nur portugiesisch und etwas spanisch. Also etwas hin und her und dann war alles geklärt. Morgen früh sollen wir einfach über den Notausgang raus und den Schlüssel in den Briefkasten werfen. Das ist ihm zu früh, da wird er noch nicht da sein. Ok. Prioritäten und Lösungen. Kein Problem. Endlich hatten wir eine Unterkunft. Erstmal Rucksack runter und Schuhe aus. Das war ein Tag. Schön, aber anstrengend. Plus 27 Kilometer auf dem Tacho. Jetzt erstmal Ruhe.
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  • Day 6

    Casa do Adro | 26 km

    May 7, 2023 in Portugal ⋅ ☁️ 21 °C

    Der Tag startete etwas später, da wir (aktuelles Standard-Duo Theo und ich) den Wecker auf 8 Uhr stellten, um auszukosten, dass uns in dem Hostal kein anderer Pilger weckt und nervt. Entsprechend ging es heute „erst“ um 8:30 Uhr los. Eine Banane auf die Hand und los geht die Reise. Und was für eine Reise! Der erste Teil war sowas von nach meinem Geschmack, es ging durch grünen Wald über Stock und Stein, nebenher zeitweise ein Fluss, der mal ruhig und mal reißend verlief. Es erinnerte mich teilweise an Neuseeland. Viel Farn und dschungelartiger Wald. Die Luft roch lecker und ich konnte mich gar nicht satt sehen an dieser schönen Natur. Ich dachte, das wird der bisher beste Tag der Reise.

    Um eine Ecke im Wald gebogen saßen zwei Mädels auf dem Boden, die eine war umgeknickt und rieb sich den Knöchel. Ich bot ihr meine Ibu-Schmerzcreme an, die mir Floris in Porto geschenkt hatte (er meinte er brauche sie eh nicht mehr, da er durch ist und ich kann sie sicher mal gebrauchen - wie er recht behalten hatte), die sie dankend annahm, die andere junge Frau wollte sie ebenfalls prophylaktisch auf die Knöchel und Füße schmieren. Da Theo Physiotherapeut ist und sich auskennt, hat er dem umgeknickten Mädel direkt Kinesio Tape zugeschnitten und am Knöchel fachgerecht angebracht. So konnten wir mit etwas Verzögerung, dafür aber zu viert, ein Stück weiter marschieren. Hier auf dem Jakobsweg wird wirklich viel und gerne geholfen, das ist sehr auffällig. Keiner hat viel, aber jeder teilt. Wie das Leben halt eigentlich sein sollte.

    Ein Restaurant mit der Aufschrift „Pilger Menu“ brachte uns dazu, einzukehren. Es war aber leider nicht das typische Pilgermenü (Suppe, Hauptgericht, Nachspeise, dazu Wein oder Wasser), sondern einfach nur ein paar Gerichte für einen relativ angemessenen Preis. Es war ok. Da wir aber wussten, dass wir hinter unserem Zeitplan lagen, ging es zügig weiter. Wir hatten heute einen relativ fixen Zeitplan, da wir bis spätestens 16 Uhr bei unser Unterkunft sein mussten, damit die 2 reservierten Betten nicht weggegeben werden. Spoiler: Wir waren 15:53 Uhr da.

    Die nächste Etappe ging durch schöne alte Wohnorte mit hübsch angelegten Gärten. Viele Einheimische sieht man nicht, aber wenn sie einem entgegen kommen, grüßen sie immer freundlich. Der abwechslungsreiche Weg führte dann über die Brücke „Ponte Eiffel“, die sich 645 Meter über den Fluss Lima streckt. Anschließend ging es in die Stadt Viana do Castelo, etwas industriell und viel Beton, aber eine wunderschöne Kathedrale auf dem Berg der Stadt. Es stand ein Fußball Event an, entsprechend waren dort viele Menschen sowie etwas Polizei unterwegs. Der Weg führte nun wieder direkt an die Küste, man konnte das Meer schon sehen.

    Und dann war es doch noch länger als gedacht. Ich hatte mich gut verschätzt und war demotiviert. Der Wind wehte so stark, dass ich meinen Hut nicht weiter tragen konnte und ich hatte keine Lust ihn die ganze Zeit festzuhalten. Also nahm ich ihn ab und mir wehten die Haare ins Gesicht und ich musste den Scheitel versuchen regelmäßig zu ändern, damit ich keinen Sonnenbrand auf dem Kopf bekommen würde. Nervig. Ich packte mir Musik auf die Ohren, da ich hoffte, dass es hilft. Ich wusste nicht so recht was ich hören wollte. Die Wahl fiel auf ältere Musik und anscheinend war es die falsche. Die Lieder machten mich zunehmend wütend und sauer. Erstaunlich wie schnell ein Lied Erinnerungen in so extremer Weise auslösen können. Ich spürte die Anspannung in mir und alles tat auf einmal mehr weh als zuvor. Meine Schultern und Beine waren unerträglich. Ich schaute auf das Meer und war genervt von den Wellen, also schaute ich auf meine Füße und den Holzweg vor mir. Und dann sang Kummer „Der letzte Song“ und ich spürte nur wie mir die Tränen liefen. Wie Scheisse kann Vergangenheit sein und wieso holen mich die Zeiten gerade jetzt ein? Ich drehe mich um und schaue, ob Theo noch da ist. Ca. 20 Meter hinter mir ist auch er vertieft in Gedanken. Ich will gerade eh nicht reden, sondern nur noch an der Unterkunft ankommen.

    Und nun sitze ich in der heutigen Unterkunft, esse meinen angeschmolzenen Twix und schaue müde aus dem Fenster und versuche meine Gedanken zu sortieren.
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